Prof. Roger Levermore an der Deutschen Sporthochschule

ESG im Sport: Das bessere CSR?

Nach insgesamt 180 Minuten Vorlesung waren immer noch nicht alle Fragen der Studenten der Deutschen Sporthochschule Köln beantwortet. Die Schlange, die sich vor Gastredner Professor Roger Levermore von der Honkong Business School aufreihte, verdeutlichte das große Interesse des Publikums an dessen Forschung über Corporate Social Responsibility (CSR) und Entwicklung durch Sport. Präziser: Die Stärken undSchwächen von CSR und Alternativen.

Levermore verdeutlichte von Beginn an, dass der Begriff CSR omnipräsent sei und eher belächelt wird. Der Autor beschrieb dabei zunächst die Ursprünge des Konzepts und erklärte die Gründe für die steigende Zahl an CSR-Kampagnen im Sportsektor. Gleichzeitig unterstrich Levermore, dass er „immer kritisch“ mit CSR im Sport umgegangen ist. Das wird auch in seinen zahlreichen Publikationen der letzten Jahren deutlich. Dabei kritisierte Levermore die kurzfristige Ausrichtung, die fehlende Evaluation und Kontrolle und die Manifestierung des Nord-Süd-Gefälles durch strenge Hierarchien bei den CSR-Initiativen.

An Stelle entsprechender Kampagnen, die nur als „Feigenblatt“ dienten, warb Levermore für den sog. „ESG-Ansatz“. ESG steht für die englischen Begriffe environmental, social and governance. Die bisherigen CSR-Projekte sind meistens „nur“ philanthropisch, kurzfristig und ähneln daher eher Greenwashing oder sollen Profit einbringen. Bei ESG gehe es weniger um Philanthropie  sondern mehr um die anderen Elemente aus der CSR-Pyramide von Autor Carroll, beispielsweise die ökonomische, gesetzliche und ethische Verantwortung. Laut Levermore benutzen zwar einige Firmen im Sportsektor statt CSR den Begriff ESG, passten ihre sozialen Aktivitäten aber nicht entsprechend an.

Um eine bessere Reputation zu bekommen und auch finanziell vom sozialen Engagement zu profitieren, brauche es aber mehr als eine Namensänderung. Levermore schlägt vor, dass ESG-Projekte von Firmen folgende Eigenschaften aufweisen sollten:

-          Nähe: Die Firma sollte einen Bezug zum Sport haben.

-          Eine langfristige Strategie

-          Aktive Einbindung von Akteuren wie der Geschäftsführung

-          Ausreichende Analyse und Evaluation

-          Die Bezahlung des Managements sollte sich nach der ESG-Performance richten

Unter Hinzunahme dieser Kriterien warf Levermore einen genaueren Blick auf die ESG-Kampagnen von Adidas, Nike, VF Corp und Under Armour. Nach  Untersuchung der Daten von Sustainalytics und CSR Hub sah er Adidas an erster Stelle, gefolgt von Nike und VF Corp auf gleicher Höhe.  Under Armour sah er als die Firma mit den vergleichsweise schlechtesten Werten in Sachen Umwelt, Soziales und Unternehmensführung. Den vermuteten Zusammenhang von einer guten ESG-Performance und steigendem finanziellen Profit konnte er dabei jedoch nicht nachweisen. Daher empfiehlt Levermore diesbezüglich mehr Forschung und verweist gleichzeitig auf den insgesamt schlechten Ruf von CSR-Projekten.

Über Roger Levermore:

Seine Forschung über CSR ergab sich aus seinem persönlichen Hintergrund. Levermore ist nicht nur schon seit vielen Jahren Anhänger der kamerunischen Fußball-Nationalmannschaft, sondern auch immer schon an Entwicklungspolitik interessiert. Dennoch hat er sich nun von der Business-Welt „entführen“ lassen und konzentriert sich als Direktor des Managementinstituts an der Hong-Kong-Universität mehr auf die Firmen-Sichtweise. Neben seiner Forschung assistiert und lehrt er weiterhin und hatte gleich ein paar Tipps für die Studierenden im Seminarraum an der Sporthochschule: Er empfahl neben experimentellem Lernen auch das Training der Beobachtungsgabe (z.B. durch Schach) und neugierig zu bleiben.