Tagungen

Digitaler Workshop zum Thema "Öffentlicher Vernunftgebrauch" 03/21

Digitaler Workshop zum Thema "Öffentlicher Vernunftgebrauch" 03/21

24.-25. März 2021

Aus Anlass der Verleihung des Helmuth-Plessner-Preises an Onora O’Neill organisiert die Plessner-Gesellschaft gemeinsam mit dem Institut für Pädagogik und Philosophie einen Workshop zum Thema Öffentlicher Vernunftgebrauch – Philosophische Anthropologie im 21. Jahrhundert. Es geht darum, das Quadrat Kant – O’Neill – Plessner – Aktuelle Bedingungen des Vernunftgebrauchs auszuloten.
Gastvorträge von Onora O’Neill, Volker Gerhardt, Sabine Maasen & Marcus Düwell.

Bewegung - Bauwerke - Freiräume (22.-23. Februar 2018)

Bewegung - Bauwerke - Freiräume (22.-23. Februar 2018)

Jahrestagung der dvs-Sektion Sportphilosophie in Kooperation mit der dvs-Kommission "Sport und Raum". Hier geht es zur gekürzten Fassung des Tagungsberichts. 

Gendoping im Spitzensport - das Doping der Zukunft? (24.06.2015)

Gendoping im Spitzensport - das Doping der Zukunft? (24.06.2015)

Viele medizinische Anwendungen, die zu therapeutischen Zwecken anerkannt sind und erfolgreich zur Behandlung von Krankheiten eingesetzt werden, können auch ohne therapeutische Notwendigkeit eine Steigerung gesunden Lebens erzielen, wie bspw. eine Verbesserung der Leistungsfähigkeit in Beruf und Sport. Im Spitzensport mit der ihm innewohnenden Steigerungslogik „höher-schneller-weiter“ ist Enhancement in diesem Sinne ein altbekanntes Phänomen.


Als neue und vielversprechendste Form der Leistungssteigerung im Spitzensport gilt Gendoping. Mehr noch als herkömmliches Doping wirft Gendoping Fragen von gesamtgesellschaftlicher Relevanz auf. Befürworter kritisieren das Verbot von Methoden, die im therapeutischen Bereich eingesetzt werden. Kritiker verweisen auf gesundheitliche Risiken und eine Verzerrung des Grundgedankens des Sports.

  • Bis zu welcher Grenze ist Spitzensport „natürlich“, wo beginnt eine „künstliche“ Verzerrung?
  • Zerstört (Gen-)Doping die Faszination am Sport?
  • Kann man Athleten verbieten, was in Therapie und Alltag selbstverständlich ist?
  • Dürfen und sollen wir alles tun, was wir technisch können?

Diese Fragen wurden mit renommierten Experten aus Natur- und Geisteswissenschaften, Soziologie und Ethik diskutiert:
Prof. Dr. Dieter Birnbacher, Universität Düsseldorf
Prof. Dr. Patrick Diel, DSHS Köln
Dr. Andrea Gotzmann, NADA Vorstand
Prof. Dr. Hans Ulrich Gumbrecht, Stanford University

Veranstaltungsort: Odysseum Köln, Corintostraße 1, 51103 Köln

Die Veranstaltung war eine Kooperation der Stiftung Wissen der Sparkasse KölnBonn, der Deutschen Sporthochschule Köln und der Fritz Thyssen Stiftung Köln.

Sport und Zivilgesellschaft (24.-26.11.2011)

Tagung der dvs-Sektion Sportphilosophie in Köln

„Zivilgesellschaft“ soll im weiten und engen Sinn thematisiert und in einen Bezug zum Sport gestellt werden. Im weiten Sinn ist „Zivilgesellschaft“ synonym mit „Öffentlichkeit“, akzentuiert dabei aber den umstrittenen/umkämpften Charakter von Öffentlichkeit – also etwa Öffentlichkeit und „Interessen“ (Habermas) oder „Hegemonie“ (Gramsci). Zivilgesellschaft i.e.S. ist ein Titel für die nicht staatlich organisierten Formen von Öffentlichkeit, also etwa NGOs, Medien, Bürgerschafts-Engagement, WikiLeaks.

ReferentInnen:

  • Prof. Dr. Hans-Peter Krüger: Öffentlichkeit und Zivilgesellschaft   
  • Prof. Dr. Thomas Bedorf: Brüderlichkeit, Solidarität und Kameradschaft – Sozialphilosophische Modelle der Verbundenheit.   
  • Dr. Rudolf Oswald: Der Fußballplatz als Ort der Vergemeinschaftung.   
  • Prof. Dr. Martin Gessmann: Fußball und Öffentlichkeit im 21. Jahrhundert. Von einer philosophischen Kritik an der Massenkultur zu einem neuen bürgerlichen Einverständnis.   
  • Prof. Dr. Robert Prohl: Leistungssport und Zivilgesellschaft in Deutschland – grundsätzliche Fragen und aktuelle Probleme.   
  • Prof. Dr. Thomas Alkemeyer: Selbst-Bildungen. Sport als Institution und Praxis zivilgesellschaftlicher Subjektivierung.   
  • Prof. Dr. Sandra Günter: Dopingsport und Zivilgesellschaft. Eine inkludierende Exklusion der Devianz?   
  • Prof. Dr. Gerhard Gamm: Selbstverbesserung als das letzte Anliegen der modernen Kultur.   
  • Prof. Dr. Volker Schürmann: Zivilreligion und Sport   
  • Prof. Dr. Dr. h.c. Armin Burkhardt: Spielt Deutschland um den Abstieg? Sportmetaphern in der politischen Sprache.   
  • Holger Ihle& Dr. Jörg-Uwe Nieland: Zivilgesellschaftlicher Widerstand gegen Olympia – inhaltsanalytische Befunde zu den Positionen und der Resonanz der ›NOlympia 2018‹-Bewegung.   
  • Univ.-Prof. Dr. Jürgen Mittag: Zwischen Protest und sozialer Bewegung: Sport als Gegenstand und Vehikel zivilgesellschaftlicher Entwicklungsprozesse.
Gelingendes oder optimiertes Leben? (8./9. Juli 2010)

Am 8./9. Juli fand eine Arbeitstagung der Abteilung Philosophie des Instituts für Pädagogik und Philosophie der Deutschen Sporthochschule Köln in Zusammenarbeit mit der Sektion Sportphilosophie der Deutschen Vereinigung für Sportwissenschaft (dvs) an der Deutschen Sporthochschule Köln im Hörsaal 5 des Hockey-Judo Zentrums statt.

Das Ziel dieser Tagung war eine konzeptionelle Klärung im breiten Spektrum rund um das Thema Enhancement. Orientiert an der Hegelschen Unterscheidung von schlechter und wahrer Unendlichkeit ging es um die Frage, ob Enhancement als immer weitergehende Optimierung gestaltet wird oder ob bzw. wie eine unendliche Verbesserbarkeit des Menschen ihr Maß in einem Konzept des Gelingenden Lebens findet.

Die Form der Tagung sollte dem Titel Arbeitstagung gerecht werden. Daher waren die Vorträge als kurze Impulsreferate angelegt, die zur Dikussion im Plenum anregen sollten.

Exposé

Für moderne Körper- und Bewegungskulturen ist das Konzept der Perfektibilität von grundlegender Relevanz. ›Perfektibilität‹ postuliert eine unbestimmbare Ver­bes­ser­barkeit des Menschen. Als typisches Produkt der Aufklärung ist es zunächst Dokument eines Schritts der Emanzipation, weil es den modernen Menschen gedanklich aus einer ständisch legitimierten Schicksalsgebundenheit befreit, die sich auch und gerade am Körper niedergeschlagen hatte. Pars pro toto gesprochen: Bestimmte körperliche Missbildungen galten jetzt als Krankheit; sie waren nunmehr als veränderlich, mithin heilbar denkbar. Techniken ihrer Veränderung mag es bereits vorher gegeben haben – erst in der Perspektive des Konzepts ›Perfektibilität‹ wurde es denkbar, sie auch einzusetzen und weiter zu entwickeln. Die Philanthropen stehen, in Vereindeutigung Rousseauscher Ambivalenzen, für die (gedankliche) Maßlosigkeit dieses Befreiungsschrittes. Mit Verweis auf die Perfektibilität kennen sie keinerlei Widerfahrnischarakter von Krankheiten mehr; für sie dokumentiert Krankheit ausschließlich einen Mangel der Vorsorge und im Umgang mit dem eigenen Körper. Konsequenterweise fordern sie explizit, dass mit entwicklungsunterstützenden Maßnahmen bereits im Mutterleib begonnen werden solle. – Was früher Perfektibilität hieß, heißt heute Enhancement. Der radikale Unterschied der historischen Situation liegt nicht primär in der Gedankenfigur, sondern darin, dass die Körper nunmehr nicht primär als perfektibel gedacht, sondern als solche traktiert werden.

Die unbestimmbare Verbesserbarkeit ist Ausdruck einer Logik, die Hegel als schlechte Unendlichkeit charakterisiert hat. Dass es immer auch noch besser gehen könne als aktuell realisiert, unterlegt die Figur einer unendlichen Annäherung. Perfektibilität verlangt daher ein von außen gesetztes Ideal und regulierende Maßnahmen, damit die konkreten ›Verbesserungen‹ tatsächlich als Annäherungen an dieses Ideal gelten und nicht ›aus dem Ruder laufen‹. Hegels „wahre Unendlichkeit“ ist demgegenüber die Logik einer Prozessualität, die ihr Maß an sich selber hat und findet. In diesem Sinne ist das Konzept des Gelingenden Lebens die Gegenfigur zum unbestimmt-optimierbaren Leben. Vor allem wohl die Rolle von Normativität und Kritik wird in diesen beiden Konzepten von Lebensführung eine andere sein.

Donnerstag, den 8. Juli 2010, Hörsaal 5, Hockey-Judo Zentrum
 

18.15-20.00h Ulrich Bröckling (Halle): Das Diktat des Komparativs. Selbstoptimierung im Wettbewerb

Freitag, den 9. Juli 2010, Hörsaal 5, Hockey-Judo Zentrum
9.30-11.00h Volker Gerhardt (Berlin) [Biopolitik, Partizipation, Öffentlichkeit]

11.15-12.45h Jutta Weber (Braunschweig) Mensch-Maschine Optimierungen

14.00-15.30h Theo Kobusch (Bonn) Die Idee der Selbsterschaffung des Menschen

 15.45-17.00h Podiumsdiskussion: Was spricht gegen Enhancement? Was spricht gegen Doping?

Eingangsstatements:

Arnd Pollmann (Magdeburg): Spritzensport: Täuschungen, Selbsttäuschungen und Enttäuschungen

Volker Schürmann (Köln): Würde als Maß

Mario Thevis (Köln): Doping - ein Problem des Leistungs- und Breitensports

Paula-Irene Villa (München): Habe Mut Dich Deines eigenen Körpers zu bedienen! Ambivalenzen der Reflexivierung von anthropologischen Konstanten.

Moderation: 

Herbert Fischer-Solms (Deutschlandfunk)

Referentinnen und Referenten der Tagung

Prof. Dr. Ulrich Bröckling

Seit April 2009 Inhaber des Lehrstuhls für allgemeine Soziologie mit Schwerpunkt soziologische Theorie an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg.

Institut für Soziologie
Adam-Kuckhoff-Str. 41
D-06108 Halle (Saale)
Tel.: +49 345 5524250

Link: www.soziologie.uni-halle.de/broeckling/

Forschungsbereiche:

Soziologie der Sozial- und Selbsttechnologien, Studies of Governmentality, Kultursoziologie, Philosophische Anthropologie, Soziologie des Kriegs und des Militärs

Publikationen (thematische Auswahl):

  • Disziplin. Soziologie und Geschichte militärischer Gehorsamsproduktion, München: Wilhelm Fink Verlag 1997.
  • Vorbeugen ist besser...Zur Soziologie der Prävention, In: Behemoth. A Journal on Civilisation, 1 (2008), 38–48.
  •  Optimiere dich! [Interview]. In: Schweizerische Monatshefte, H.  Feb./Mär 959 (2008), 34–36.

Prof. Dr. Markus Dederich

Professor an der Fakultät der Rehabilitationswissenschaften der Technischen Universität Dortmund.

Seit 2001 Mitglied des wissenschaftlichen Beirats des Institutes Mensch, Ethik und Wissenschaft (IMEW) in Berlin.

Emil-Figge-Str. 50
44221 Dortmund
Tel.: (+49)231 755 4546.

Link: www.fk-reha.uni-dortmund.de/Theorie/cms/de/Team/Dederich.html

Forschungsbereiche:

Disability Studies; philosophische Grundlagen der Behindertenpädagogik; Behinderung, Gesellschaft und Politik etc.

Publikationen (thematische Auswahl):

  • „Menschen mit Behinderungen zwischen Ausschluß und Anerkennung“. Bad Heilbrunn 2001 (235 S.)
  • „Körper, Kultur und Behinderung. Eine Einführung in die Disability Studies“. Bielefeld 2007 (206 S.)
  • Herausgeberschaft: „Heilpädagogik als Kulturwissenschaft – Menschen zwischen Medizin und Ökonomie“. Gießen 2009 (zusammen mit Heinrich Greving, Christian Mürner und Peter Rödler)

Prof. Dr. Theo Kobusch

Universitätsprofessor für Philosophie des Mittelalters an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn

Institut für Philosophie
Am Hof 1
D-53113 Bonn
Tel.: +49 [0]228-73-5915
Link: www.iphil.uni-bonn.de/mitarbeiter/professoren-1/prof.-dr.-theo-kobusch-2

Forschungsbereiche:

Geschichte der Philosophie, Metaphysik, Freiheit und Personalität, Religionsphilosophie, Ethik, Sprachphilosophie

Publikationen (thematische Auswahl):

  •  Die Entdeckung der Person. Metaphysik der Freiheit und modernes Menschenbild. Darmstadt: Wiss. Buchgesellschaft 1993.
  •  Selbst - Singularität - Subjektivität. Vom Neuplatonismus zum Deutschen Idealismus. Hg. zus. mit B. Mojsisch u. O.F. Summerell. Amsterdam/Philadelphia 2002.
  •  Apologie der Lebensform. In:Allgemeine Zeitschrift für Philosophie 34 (2009), 99-116.

Dr. phil. Arnd Pollmann

Assistent am Lehrstuhl für Praktische Philosophie / OvGU Magdeburg. 2006 Gründung der Arbeitsstelle Menschenrechte der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg (zusammen mit Prof. Dr. Georg Lohmann u. Prof. Dr. Hans-Peter Fritzsche)

Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg
Institut für Philosophie
Zschokkestraße 32, Gebäude 40, Raum 551
Postfach 4120
D-39016 Magdeburg
Tel. +49.391.6716631
Link: www.a-pollmann.de

Publikationen (thematische Auswahl):

  • Gut in Form. Die neuere Debatte um eine Philosophie des 'guten Lebens' im Überblick. In: Deutsche Zeitschrift für Philosophie 4 (1999).
  • Hart an der Grenze. Skizze einer Anamnese spätmodernen Körperkults. In: Johann S. Ach/Arnd Pollmann (Hg.): no body is perfect - Baumaßnahmen am menschlichen Körper, Bielefeld: transcript 2006.
  • Tyrannei der Schönheit - Tocqueville und die ästhetische Chirurgie. In: polarkreis e.v. (Hg.): Zukunft der Demokratie: Ohne Orte, Frankfurt am Main: Campus Verlag 2009.

Prof. Dr. Volker Schürmann

Seit März 2009 Inhaber des Lehrstuhls Philosophie, insbesondere Sportphilosophie am Institut für Pädagogik und Philosophie der Deutschen Sporthochschule Köln.

Institut für Pädagogik und Philosophie
Am Sportpark Müngersdorf 6
D-50933 Köln
Tel.: +49 221 4982-3800

Forschungsbereiche

Sport der Moderne, Hermeneutik des Sports, Philosophische Anthropologie, Philosophische Skepsis

Publikationen (thematische Auswahl)

  •  Schürmann, V., 2009, Thesen zum Doping
  •  Schürmann, V., 2008, Zur Normativität des Sports. In: Spectrum der Sportwissenschaften 20 (2008) 1, 45-63.
  •  Schürmann, V., 2006, ›Die schönste Nebensache der Welt‹. Sport als Inszenierung des Citoyen. In: Deutsche Ztschr. f. Philosophie 54 (2006) 3, 363-382.

 Herbert Fischer-Solms

ARD-Reporter für Sportpolitik. Mitglied der Doping-Task Force im ARD-Hörfunk.

Vita:

In Löbau/ Lausitz geboren. Volontariat "Gießener Allgemeine Zeitung", Evangelische Kirchenpresse in Kassel und "Wiesbadener Kurier". Eintritt in die Deutschlandfunk-Sportredaktion im November 1973.

Link:www.dradio.de/wir/visitenkarte/1067389/

Prof. Dr. Mario Thevis

Institut für Biochemie der DSHS Köln. Aufgabengebiet der Dopinganalytik.
Am Sportpark Müngersdorf 6
50933 Köln
Tel. +49 221 4982-7070

Publikationen (thematische Auswahl):

  • Thevis M, Geyer H, Schänzer W: Dopingkontrollaktivitäten in Deutschland 1989 2006. In: Med Klin 103 (2008), 282-298.
  • Thevis M, Kohler M, Schänzer W: New drugs and methods of doping and manipulation. In: Drug Discovery Today 13 (2008), 59-66.
  • Thevis M, Schänzer W: Dopingbekämpfung aus der Sicht der Kontrollinstanz - Prävention durch vorausschauende Analytik. In: Deutsche Zeitschrift für Sportmedizin 3 (2009), 66-69.

Prof. Dr. Paula-Irene Villa

Lehrstuhl Soziologie/Gender-Studies an der Ludwig-Maximilians Universität München
Institut für Soziologie
Konradstraße 6 / Zi 310
80801 München
Telefon: +49 89 2180-3802
Link: www.gender.soziologie.uni-muenchen.de

Publikationen (thematische Auswahl):

  • Sexy Bodies. Eine soziologische Reise durch den Geschlechtskörper. 3. aktualisierte Auflage. Opladen 2006
  • Einleitung - Wider die Rede vom Äußerlichen. In: Villa, Paula-Irene (Hg.): schön normal. Manipulationen am Körper als Technologien des Selbst. Bielefeld: transcript 2008.
  • Der Körper als kulturelle Inszenierung und Statussymbol. (Wiederabdruck von Villa 2007 APuZ) In: Gesis/soFid 2: Kultursoziologie + Kunstsoziologie. Bonn 2007.

Dr. Jutta Weber

Von Februar 2010 bis Januar 2012 Gastprofessorin am Braunschweiger Zentrum für Gender Studies, TU Braunschweig.
Braunschweiger Zentrum für Gender Studies
Technische Universität Braunschweig
Beethovenstr. 55
D-38106 Braunschweig
Tel.: +49 531 391-5998
Link: www.juttaweber.eu

Forschungsbereiche:

Wissenschafts- und Technikphilosophie bzw. -forschung, Cultural Studies of Technoscience, Media & Gender Studies.

Publikationen (thematische Auswahl):

  • Turbulente Körper und soziale Maschinen. Feministische Studien zur Technowissenschaftskultur. Hg. zus. mit C. Bath. Opladen: Leske & Budrich 2003
  • Sex, Service und digitale Geborgenheit. Technoimaginationen des Humanoiden zwischen Fiktion und Dienstleistungsökonomie In: Karola Maltry / Susanne Maurer (Hg.): genderzukunft. Zur Transformation feministischer Visionen in der Science Fiction. Ulrike Helmer Verlag 2008, 189-202.
  • Digitale Beauties. Mediale Identitäts- und Körperinszenierungen. Zus. mit Barbara Becker. In: Simone Ehm / Silke Schicktanz (Hg.): Körper als Maß? Biomedizinische Eingriffe und ihre Auswirkungen auf Körper- und Identitätsverständnisse. Hirzel Verlag 2006, 169-180.
Verstehende Motorik?! (18.-20.02.2010)

Die Sportwissenschaft gilt als interdisziplinäre Wissenschaft. Den gemeinsamen und originären Gegenstand – menschliche Bewegung – konzipiert sie je nach Disziplin auf jeweils eigene und andere Weise. Die Zweiheit der explizit oder implizit vorhandenen disziplinären Verschiedenheit in der Konzeption des gemeinsamen Gegenstands einerseits und des Rufs nach Interdisziplinarität auch in der Forschungspraxis – und nicht nur als Aspekt der historischen Entwicklung der Sportwissenschaft – andererseits steckte das thematische Spannungsfeld der Tagung Verstehende Motorik?! (18. bis 20.02 in Bad Neuenahr) ab. Entworfen und veranstaltet wurde sie in der Kooperation der Abteilung Philosophie des Instituts für Philosophie und Pädagogik der DSHS Köln (Prof. Volker Schürmann und Denise Temme) sowie der Abteilung Bewegung und Training (Prof. Ernst-Joachim Hossner) der Universität Bern. Um dem abgesteckten Themenfeld Rechnung zu tragen, war das Zusammenbringen von Vertretern der verschiedenen sportwissenschaftlichen Disziplinen Voraussetzung. Ziel war und ist die gemeinsame – damit transdisziplinäre – Verständigung zu einer verstehenden Motorik; demgemäß war die Tagung als Workshop angelegt, somit als Diskussionsforum von Problempunkten – Interdisziplinarität, Zustand der Sportwissenschaft und schließlich Verstehende Motorik?! – anstelle eines Nebeneinander einzelner Positionsreferate.

Verstehende Motorik?!

Wir gehen davon aus, dass man bei der Analyse von Bewegungen (mindestens) die funktionale, die implementationale und die physische Ebene unterscheiden kann und muss. Der jeweilige Fokus ist: Welche internen Funktionszusammenhänge erklären sichtbares Bewegungsverhalten? Wie kommen Bewegungen auf der Ebene der biologischen Substrate zustande? Welche physikalischen Wirkungsketten liegen einer Bewegung zugrunde? Die Pointe dieses Ausgangspunktes liegt darin, dass die Antworten der verschiedenen Ebenen unabhängig voneinander sind. Man darf also ihr jeweiliges ›Vokabular‹ nicht mischen bzw. verwechseln. Die Motorik ist der funktionalen Ebene zuzuordnen und muss sich insofern als Motorik weder um die biotischen Implemetierungen noch um die physischen Realisierungen der von ihr analysierten Funktionen oder gar – zunächst wenigstens – um Sinn-Fragen kümmern. Das Gemeinsame der drei genannten Ebenen ist, dass die dort gegebenen Analysen

Erklärungen der Funktionszusammenhänge, der biotischen Implementierungen, der physischen Realisierungen sind. ›Erklärungen‹ sind dabei durch zwei (evtl. äquivalente?) Charakteristika bestimmt:

  • es geht um die Analyse der Bedingungen, unter denen Bewegungsvollzüge entstehen, bestehen und/oder sich entwickeln;
  • es geht ausdrücklich um Dasjenige, was an Bewegungen beobachtbar im Sinne von ›feststellbar‹ ist („3.-Person-Perspektive“, verhaltenstheoretisches Vokabular), nicht jedoch darum, als was ein so beobachteter Bewegungsvollzug gilt, wie er konzeptualisiert ist, was er bedeutet.

Die Unterstellung, die Erklärungen notwendigerweise machen, ist keineswegs, dass Bewegungsvollzüge nicht(s) bedeuten oder dass es gar „egal“ wäre, dass oder was sie bedeuten. Die These ist vielmehr, dass eine bewegungswissenschaftliche Erklärung die Konzeptualisiertheit der zu analysierenden Bewegung neutralisieren, also invariant setzen kann. Auch eine Erklärung setzt voraus, dass das zu Erklärende irgend-wie konzeptualisiert ist; eine Erklärung lebt freilich davon, nicht danach zu fragen, wie, d.h. als was das zu Erklärende konzeptualisiert ist. Nun gibt es empirisch-faktisch aber auch solche einzelwissenschaftlichen Analysen, die das Wie der Konzeptualisiertheit ausdrücklich in Anschlag bringen. Solche Bezugnahmen auf das Wie der Konzeptualisiertheit sind nicht einem Wechsel von der 3.- in die 1.-Person-Perspektive geschuldet (sonst wären es eo ipso keine wissenschaftlichen Analysen). Es handelt sich vielmehr um eine Differenz innerhalb des Beobachtens. Da Bedeutungen prinzipiell nicht im Sinne der Feststellbarkeit beobachtbar sind, können solche Gegenstände, die ein Verständnis ihrer selbst involvieren, nicht erklärt, sondern nur verstanden werden. Und das soll heißen: Bedeutungen sind nicht feststellbar, wohl aber müssen sich ›reale‹ Bedeutungen symptomatisch am Feststellbaren zeigen. Aus der so skizzierten Position ergibt sich eine Reihe von Konsequenzen und Fragen; hierzu gehören:

  • Wie halten es motorische Erklärungen mit der Form von Bewegungen, insbesondere mit der Form des Bewegungsverlaufs? Formen sind nicht beobachtbar im Sinne der Feststellbarkeit – fallen sie deshalb außerhalb des Gegenstandsbereichs der Motorik?
  • Zeigt sich die Bedeutung der Bewegung symptomatisch am konkreten Bewegungsvollzug? Mittels welcher Methoden wäre das zu verstehen?
  • Wird es dann nicht eine verstehende Motorik geben können oder gar müssen – analog dazu, dass es die Unterscheidung von verstehender und erklärender Psychologie, von verstehender und erklärender Soziologie, oder auch zwischen einer Universal- und einer Kulturgeschichte des Sports gibt?
  • Wird es dann nicht zwei verschiedene Weisen einer verstehenden Sport- oder Bewegungspädagogik geben? Nämlich einer solchen, die im Sport resp. in körperlichen Bewegungen lediglich den Anlass oder ein beispielhaftes Feld findet, z.B. für Werte-Bildung – die also alle Erklärungen des neutralisiert; und einer solchen, die ihren Gegenstand nicht nur hinsichtlich der pädagogischen, sondern auch hinsichtlich ihrer motorischen Dimension als konzeptualisiert reflektiert?
  • Was wäre ein plausibles, trennscharfes Kriterium, zwischen Feststellbarem und sich am Feststellbaren symptomatisch Zeigenden unterscheiden zu können? Was wäre der Zusammenhang zur Unterscheidung von quantitativen und qualitativen Methoden?

 

Personen

Philosophie:
Niko Kromidas (Saarbrücken)
Prof. Dr. Volker Schürmann (Köln)
Denise Temme (Köln)

Soziologie:
Prof. Dr. Thomas Alkemeyer (Oldenburg)
Kristina Brümmer (Oldenburg)

Pädagogik:
Prof. Dr. Ingrid Bähr (Hamburg)
Dr. Jörg Bietz (Marburg)
Prof. Dr. Arturo Hotz (Tschingel/CH)
Prof. Dr. Hans-Georg Scherer (München)

Psychologie:
Prof. Dr. Achim Conzelmann (Bern/CH)
Prof. Dr. Frank Hänsel (Darmstadt)
Prof. Dr. Markus Raab (Köln)

Kognitionswissenschaft:
Dr. Stefan Künzel (Giessen)
Dr. Franz Mechsner (Newcastle/UK)

Motorik:
Prof. Dr. Ernst-Joachim Hossner (Bern/CH)
Prof. Dr. Hermann Müller (Giessen)

Trainingswissenschaft:
Prof. Dr. Jürgen Freiwald (Wuppertal)
Dr. Karen Zentgraf (Bern/CH)

Biomechanik:
Prof. Dr. Volker Zschorlich (Rostock)


Positionen
Bezugnehmend auf eine verstehende Motorik?! und die Positionspapiere der Organisatoren, Prof. Dr. Volker Schürmann und Denise Temme sowie Prof. Dr. Ernst-Joachim Hossner, haben die Teilnehmer ihre Positionen formuliert. Diese Positionspapiere, deren diskussionsvorbereitende allseitige Kenntnis Voraussetzung war, dienten ausschließlich einer internen Verständigung. Auf folgende Positionen kann auf diesem Wege zugegriffen werden:

Verstehende Bewegungs-Wissenschaft (Volker Schürmann und Denise Temme)

Anmerkungen zu einigen Punkten aus den Positionspapieren von Ernst-Joachim Hossner sowie von Volker Schürmann und Denise Temme (Frank Hänsel)

Ein Ausgangspunkt: Sportwissenschaft und Ebenen der bewegungswissenschaftlichen Erklärung (Ernst-Joachim Hossner)

Erklären, Verstehen, Vorhersagen(Hermann Müller)

Embodiment: Ein Beispiel bewegungswissenschaftlicher Erklärung auf verschiedenen Ebenen (Markus Raab)

Wissenschaft(sentwicklung) unter Randbedingungen(Hans-Georg Scherer)

Antwortversuche(Ingrid Bähr)

Bewegungen praxissoziologisch betrachtet (Thomas Alkemeyer/ Kristina Brümmer)