Goldene Medaille für Professor Eckhard Meinberg

Die Entscheidung, Herrn Prof. Dr. Dr.h.c. Eckhard Meinberg die Goldene Medaille der Deutschen Sporthochschule Köln zu verleihen, hat das Rektorat der Deutschen Sporthochschule Köln noch zu Lebzeiten von Eckhard Meinberg getroffen und ihm mitgeteilt. Öffentlich verliehen wird sie ihm nun posthum. Diese Ehrung hat ihn tief berührt, und er hat sie gerne angenommen.

Seine persönlichen und wissenschaftlichen Leistungen waren ihm, ein bezeichnendes Merkmal seines Charakters, immer selbstverständlich, und er hat kein Gewese um sie gemacht. Er war ein Pflichtmensch und am allerwenigsten ein Selbstdarsteller. Gerade für solche Fälle sind solcherart Ehrungen gedacht. Sie bekunden und dokumentieren öffentlich von dritter Seite außergewöhnliche und herausragende Leistungen und Verdienste einer Wissenschaftlerin oder eines Wissenschaftlers, in diesem Fall des Menschen, des Forschers und des Lehrers Eckhard Meinberg.

Eckhard Meinberg war ganz sicher eine der zentralen und wichtigen Stiftungsfiguren der westdeutschen Sportwissenschaft und eine der prägenden Persönlichkeiten der Sportpädagogik, national, international und insbesondere an der Deutschen Sporthochschule Köln. In der Gründungsphase der Sportwissenschaft musste man aus der Not eine Tugend machen. Da es noch keine Sportwissenschaft gab, musste man die Professuren aus den jeweiligen sogenannten Mutterwissenschaften besetzen. Das erwies sich in der Regel als großes Glück. In dieser Regel nämlich erwies sich der naheliegende Vorbehalt und Verdacht, keinen Stallgeruch zu haben und damit womöglich der Spezifik des Sports nicht gerecht zu werden, als unbegründet. Es verhielt sich geradezu umgekehrt, denn die relative Distanz zum Sport stiftete eine Weite des Blicks, die wesentlich zur Etablierung der Sportwissenschaft an den Universitäten beigetragen hat.

Das gilt auch und gerade für Eckhard Meinberg. Er hat Erziehungswissenschaften, Philosophie und Sozialwissenschaften studiert, hat bei dem Bildungstheoretiker und Humboldt-Experten Clemens Menze an der Universität zu Köln promoviert und habilitiert, hat den Bildungstheoretiker und Pädagogen in Hegels Werk und in dessen Wirken im 19. Jahrhundert erforscht, und bis zuletzt konnte er eine der Sache angemessene Erziehungswissenschaft nicht ohne Bildungstheorie und nicht ohne Philosophische Anthropologie denken. So ausgerüstet und gebildet, hat er sich immer als Vertreter der Allgemeinen Erziehungswissenschaften begriffen, der mit Leidenschaft im Felde der Sportwissenschaft arbeitet. Bis zuletzt hat er damit gehadert, wenn man von seinem Fach als Sportpädagogik gesprochen hat, weil er das als eine unzulässige Engführung angesehen hat. Zum Glück konnte jetzt die Allgemeine Sportpädagogik an der Deutschen Sporthochschule wieder besetzt werden, und auch Eckhard Meinberg hat sich darüber sehr gefreut. Aber wäre es nach ihm gegangen, wäre die Denomination eine andere gewesen, nämlich Professur für Pädagogik. Dass das heutzutage an einer Universität für Sportwissenschaften nicht mehr durchsetzbar ist, hat nachvollziehbare, auch gute Gründe. Aber das Warnschild, für das alle Erfahrungen der Gründungsphase der Sportwissenschaft, und insbesondere Eckhard Meinberg an der Deutschen Sporthochschule, stehen, muss sehr sichtbar bleiben, um eine Selbstprovinzialisierung der Sportwissenschaft zu verhindern. Eine Wissenschaft ist keine Magd des Sports; und in der immer gegebenen Gefahr, dies zu werden, liegen die schlechten Gründe für die Bezeichnung Sportpädagogik, auf die Eckhard Meinberg bis zuletzt allergisch reagierte. In einem Vortrag aus Anlass seiner Emeritierung im Jahre 2010 hat er selbst dieses Warnschild noch einmal leuchtend hochgehalten. Jede strukturelle Gemengelage und jedes wissenschaftspolitische Klima, das die Aufgabe und Leistung von Wissenschaft primär an deren Verwertbarkeit misst, ist, so Meinberg, ein Verrat an der Praxisrelevanz von Wissenschaft. Diese besteht nämlich gerade darin, auch sportliche Praxis mit Distanz, nüchtern, ohne Zorn und ohne Wagenburg-Identifizierung zu begleiten. Der damit grundlegende Maßstab der Praxisrelevanz der Wissenschaften ist ihr Beitrag zur Bildung der Person als Persönlichkeit. Er selbst war zu höflich, um von Verrat zu sprechen, aber einen Schuss Polemik wollte er sich nicht verkneifen. Der Titel seines Vortrags – »Bildung in dürftiger Zeit« – spricht Bände, und dürftige Zeiten machen »bulimisque Bildung« zur vorherrschenden Form. Das alles gilt auch und gerade für die Erziehungswissenschaft, deren praktische Relevanz nicht nachdrücklich genug betont werden kann, von der Lehrer- und Lehrerinnenausbildung bis hin zur pädagogischen Dimension des Hochleistungssports. Die Sportwissenschaft hat mit dem Tod von Eckhard Meinberg ein Erbe anzutreten, das von jener Gründungsgeneration geschaffen wurde; das gilt auch im Kleinen vor Ort: Die Deutsche Sporthochschule Köln hat ein Erbe anzutreten, das Eckhard Meinberg wesentlich mit geschaffen hat. In diesem Sinne ist die Verleihung der Goldenen Medaille an Eckhard Meinberg auch eine Selbstverpflichtung der Hochschule.

Zum großen Glück besteht die prägende Wirkung von Eckhard Meinberg auch darin, sich außerordentlich um den wissenschaftlichen Nachwuchs verdient gemacht zu haben. Es gibt eine erhebliche Anzahl von Wissenschaftlern und Wissenschaftlerinnen, die bei ihm gelernt haben, und die auf je ihre eigene Weise an das Wirken von Eckhard Meinberg anknüpfen und es lebendig halten. Auch hier schließt sich ein Bogen: Er hat das schlicht getan und kein Gewese darum gemacht. Seine persönliche und wissenschaftliche Haltung war ganz offenkundig ansteckend und deshalb wirkmächtig, und er hatte es nicht nötig, eine Schule zu bilden. Die, die durch seine Schule gegangen sind, und die der Sportwissenschaft bis heute gestaltend verbunden sind, mögen sich in der Meinberg-Schule auch Blessuren zugezogen haben – für das wissenschaftliche Leben gelernt haben sie offenkundig allemal.

Zum Nachruf für Eckhard Meinberg …

Weitere Verweise:

Kruse, Carsten; Schürmann, Volker (Hrsg.) unter Mitarbeit von Annika Steinmann: Wie viel Bildung braucht der Sport, wie viel Sport braucht die Bildung? Symposionsbericht. Berlin/Münster: Lit Verlag 2010. Der in diesem Band dokumentierte Vortrag von E. Meinberg: Bildung in dürftiger Zeit ist auch in den Universitätsreden der DSHS, Ausgabe 17 zugänglich. (Symposionsbericht aus Anlass der Emeritierung von E. Meinberg im Januar 2010; darin eine Laudatio von Jorge Olimpio Bento von der Universität Porto/ Portugal, die Herrn Meinberg die Ehrendoktorwürde verliehen hat; darin auch eine Bibliographie ausgewählter Schriften von E. Meinberg).