Mut zur neuen Perspektive

Praxiseinheit zum Athletiktraining im Handball (Foto: Lorraine Hoffmann)

Auf dem diesjährigen Kongress Nachwuchsförderung diskutierten TrainerInnen, WissenschaftlerInnern und andere ExpertInnen über die Gestaltung eines zeitgemäßen Athletiktrainings im Kinder- und Jugendleistungssport.

Durch die Vorträge und die Diskussionen auf dem Kongress Nachwuchsförderung NRW 2017 (24. und 25. April) trat immer wieder ein bekanntes Problem des Leistungssports in Erscheinung. Seit Jahrzehnten wägen TrainerInnen, AthletenInnen und Funktionäre ab, inwiefern sie ihr Handeln auf das Erreichen kurzfristiger Erfolge ausrichten sollen, und in welchen Situationen es wichtiger ist, eine langfristige Entwicklung in den Vordergrund zu stellen. Im Mittelpunkt der Tagung mit dem Titel „Erfolgsfaktor Athletik – Grundlagen für ein erfolgreiches Training im Nachwuchsleistungssport“, stand nun die Frage nach aktuellen Trainingskonzepten zur Verbesserung von Kraft, Schnelligkeit und Ausdauer. Und natürlich ging es auch hier immer wieder um die richtige Balance zwischen der Entwicklung stabiler Grundlagen für die Zukunft auf der einen und schnellem Erfolg auf der anderen Seite.

Athletiktraining sei „ein unverzichtbarer Bestandteil der sportlichen Höchstleistung“ hob Staatssekretär Bernd Neuendorf aus dem Ministerium für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport des Landes NRW in seinem Grußwort zum Auftakt des Kongresses hervor. Neuendorf wies auf „Entwicklungsdefizite hinsichtlich der Athletik, Koordination und Schnelligkeit, aber auch Ausdauer“ hin, die bei deutschen Nachwuchssportlern festgestellt wurden. Univ.-Prof. Dr. Heiko Strüder lieferte eine mögliche Erklärung: In der Vergangenheit sei „Athletiktraining von Kindern und Jugendlichen etwas unterschätzt“ worden, lautete eine Erklärung des Rektors der Deutschen Sporthochschule, der in seiner Begrüßungsrede noch einmal seinem vor Kurzem in den Ruhestand verabschiedeten Vorgänger Univ.-Prof. Dr. Joachim Mester für dessen Engagement rund um den Kongress und "Das deutsche Forschungszentrum für Leistungssport Köln, momentum, dankte.

Nachholbedarf gibt es laut Strüder auch in der Wissenschaft. Vor allem gegenüber Krafttraining von Kindern gab es lange Vorbehalte, die Prof. Urs Granacher von der Universität Potsdam in einem eindrucksvollen Referat entkräftete. „Im Zentrum“ des Athletiktrainings von Kindern und Jugendlichen „sollte die Entwicklung von Muskelkraft stehen“, verkündete Granacher und schilderte detailliert, wie ein jugendgerechtes Übungsprogramm gestaltet sein könnte. Sportnationen wie die USA seien Deutschland an dieser Stelle deutlich voraus, erklärte der Forscher, wobei es neben der Leistungsoptimierung immer auch um „Prävention und Gesundheitsförderung“ gehe, wenn Nachwuchssportler und -sportlerinnen ihre athletischen Fähigkeiten verbessern.

Neben weiteren Fachvorträgen konnten die Kongressteilnehmer dann auch zahlreiche Praxiseinheiten besuchen: Experten aus verschiedenen Sportarten präsentierten ihre Trainingskonzepte, inspirierten die anderen Trainer und beantworteten Fragen. Und zum Ende des ersten Tages kam es wie immer zu einem zwischenzeitlichen Höhepunkt des vom Landessportbund, von momentum und vom Ministerium für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport NRW organisierten Kongresses. Der aus dem WDR-Fernsehen bekannte Moderator Claus Lufen diskutierte im gut gefüllten Hörsaal 1 mit der Basketball-Nationalspielerin Sonja Greinacher, mit Fußballtrainer Frank Schäfer, der das Nachwuchsleistungszentrum von Fortuna Düsseldorf leitet, mit Leichtathletik-Bundestrainer Heiner Preute, mit der U19-Ruderbundestrainerin Sabine Tschäge und mit Dr. Heinz Kleinöder vom Institut für Trainingswissenschaft und Sportinformatik der Deutschen Sporthochschule.

Der zweite Tag stand im Zeichen der Sportarten und lieferte eindrucksvolle praktische Beispiele. So referierten direkt nach ihrer Rückkehr von der Turneuropameisterschaft die Bundestrainerin Ulla Koch und Dr. Petra Nissinen über ihr Konditionskonzept. Begleitet wurden sie u.a. von der Gewinnerin der Bronzemedaille, Elisabeth Seitz. Alles in allem war die Turn-EM ein besonderer Erfolg des Deutschen Turnteams. Ulla Koch bedankte sich ausdrücklich für die langjährige Unterstützung von momentum und im Besonderen bei Prof. Mester. Diese Kooperation habe in den letzten Jahren wichtige Impulse für das Athletiktraining geliefert.

Weitere Themen bestanden aus Athletiktraining in der Schule und aus praktischen Beispiele in den Sportarten Leichtathletik, Schwimmen und Tischtennis. Im Fechten konnte durch Olaf Kawald sehr eindrucksvoll die Bandbreite athletischer Voraussetzungen zwischen dem Nachwuchs und der Weltspitze gezeigt werden. Gespräche mit den TeilnehmerInnen zeigten eine durchweg sehr positive Resonanz.