Die Beziehungen des Leistungsmotivs und der Einstellung zur Hilfe zur emotionalen Erschöpfung

... von Sportstudierenden im Praxissemester

Britta Fischer, Jan-Peter Brückner

Doi: 10.25847/zsls.2022.056

ZUSAMMENFASSUNG

Langzeitpraktika wie das Praxissemester in Nordrhein-Westfalen stellen eine anspruchsvolle Phase des Professionalisierungsprozesses für  angehende Lehrkräfte dar. Mit der Studie wurden das Ausmaß an emotionaler Erschöpfung und ihre Beziehungen zum Leistungsmotiv und zur Einstellung zur Hilfe bei 136 Praxissemesterstudierenden mit dem Fach Sport untersucht. Die Ergebnisse weisen auf eine eher geringe emotionale Erschöpfung hin, die dennoch wie erwartet mit den Variablen Furcht vor Misserfolg (r = .31), Hoffnung auf Erfolg (r = -.27) und Wahrnehmung von Hilfe als Bedrohung (r = .26) korreliert. Entgegen der Erwartung vermittelt Hilfe als Bedrohung nicht den Zusammenhang zwischen Furcht vor Misserfolg und emotionaler Erschöpfung. Die Ergebnisse liefern damit Hinweise, dass Hoffnung auf Erfolg als personaler Schützfaktor und Furcht vor Misserfolg und Hilfe als Bedrohung als weitgehend unabhängige personale Risikofaktoren für die Entstehung von emotionaler Erschöpfung anzusehen sind. Kausalschlüsse lässt das Studiendesign jedoch nicht zu. Zukünftig sollten Längsschnitt- und Interventionsstudien prüfen, ob emotionaler Erschöpfung im Praxissemester durch frühzeitige Interventionen zur Reduktion von Furcht vor Misserfolg und der Einstellung von Hilfe als Bedrohung vorgebeugt werden kann.

 

1 EINFÜHRUNG


Die beruflichen Anforderungen im Sinne objektiver Belastungsfaktoren gehen im Setting Schule mit dem Erleben von mitunter hoher Beanspruchung einher (Schäfer et al., 2019; von Haaren-Mack et al., 2020). Dies zeigt sich bei im Beruf stehenden Lehrkräften (E. M. Skaalvik & Skaalvik, 2015, 2017; Baeriswyl et al., 2014; Hakanen et al., 2006), bei Referendar*innen bzw. bei Berufseinsteiger*innen (Dicke et al., 2015, 2016; Klusmann et al., 2012; Košinár, 2010; Keller-Schneider & Hericks, 2011) und auch bei Studierenden im Rahmen von Praxisphasen am Lernort Schule (Fives et al., 2007; Römer et al., 2018; Klassen & Durksen, 2014; Klassen & Chiu, 2011). In der Folge kann es zu Beeinträchtigungen der psychischen und physischen Gesundheit, aber beispielsweise auch der Berufszufriedenheit kommen (von Haaren-Mack et al., 2020).
Zu den schulischen Praxisphasen im Lehramtsstudium gehört in Nordrhein-Westfalen das sogenannte Praxissemester. Als Langzeitpraktikum stellt es ein Ausbildungselement dar, mit dem spezifische Anforderungen und Erwartungen einhergehen: Studierende sind gefordert, an sie als Lernende und als Lehrkraft herangetragene Erwartungen wahrzunehmen, mit der Rollenambiguität produktiv umzugehen und eine eigene berufliche Identität aufzubauen (Jantowski & Ebert, 2014). Gegebenenfalls müssen sie auch die persönliche Eignung für den Beruf hinterfragen. Erwartet wird von ihnen, dass sie ihr an der Universität erworbenes Wissen in einem praktischen Kontext anwenden, einen kritisch-reflexiven Habitus auf- bzw. ausbauen und zudem die Simultanität und Komplexität des Unterrichts auch im Sinne des Lernens der Schüler*innen handhaben. Krawiec et al. (2020), die Probleme von Studierenden während einer Praxisphase untersuchen, weisen entsprechend darauf hin, dass eine unklare bzw. uneinheitliche Rollendefinition tatsächlich problematisch sein kann. Hinzu kommen Anforderungen, die aus unterschiedlichen Vorstellungen von Studierenden und Lehrkräften über professionelles Handeln, Fehlplanungen des Unterrichts oder dem Verhalten von Schüler*innen resultieren.
In Bezug auf das Unterrichten im Fach Sport ergeben sich darüber hinaus spezifische Anforderungen durch die besondere räumliche Situation, fachliche wie fachübergreifende curriculare Erwartungen und Fragen der Sicherheit im Sportunterricht. Für Berufseinsteigende erweisen sich Klassenführung, Unterrichtsmethodik und die Verfügbarkeit von Unterrichtsmaterial als besonders herausfordernde Probleme (Sáenz-López et al., 2011). In deutschen Studien werden Lärm, Schüler*innenheterogenität, die curricularen Anforderungen (von Haaren-Mack et al., 2020; Pels et al., 2022) und die Beziehung zu Kolleg*innen als bedeutsame Beanspruchungsquellen genannt (Buttkus & Miethling, 2005; Miethling, 2007).
Die hier skizzierten vielfältigen und komplexen Anforderungen und Probleme können zum Erleben von hoher Beanspruchung führen (Jantowski & Ebert, 2014; Schüle et al., 2017), das wiederum in einer emotionalen Erschöpfung resultieren kann (Cramer et al., 2018; Kücholl et al., 2019). Für eine ansteigende Beanspruchung von angehenden Lehrkräften im Verlauf des Praxissemester sprechen Befunde von Jantowski und Ebert (2014) und, zumindest für einen Teil der befragten Studierenden, die Ergebnisse von Schüle et al. (2017). Allerdings ist zu berücksichtigen, dass nach Krawiec et al. (2020) das Beanspruchungserleben zum Ende des Praxissemesters sinkt. Letztgenanntes findet sich für Praxisphasen auch bei Fives et al. (2007) sowie Römer et al. (2018). Ursächlich für solche widersprüchlichen Befunde dürfte sein, dass je nach Konzeption der schulischen Praxisphase unterschiedliche objektive berufsbezogene Anforderungen, Probleme und Entwicklungsaufgaben bestehen und zudem die Ressourcen des Arbeitsplatzes und der angehenden Lehrkräfte selbst eine puffernde Wirkung auf die Entstehung von Beanspruchungen und die daraus resultierende emotionale Erschöpfung haben. Rothland und Boecker (2015) weisen konsequenterweise darauf hin, dass in Verbindung mit der Wirkung des Praxissemesters personale Voraussetzungen von Studierenden stärker in den Blick zu nehmen sind.
Dieser Forderung soll mit der vorliegenden Studie nachgegangen werden: Zum einen soll das Ausmaß der emotionalen Erschöpfung als Folge eines erhöhten Beanspruchungserlebens (Cramer et al., 2018; Kücholl et al., 2019) von Sportstudierenden im Praxissemester erhoben werden. Zum anderen wird der Frage nach dem Zusammenhang zwischen emotionaler Erschöpfung auf der einen Seite und der Einstellung zu Hilfe (Kastens & Schlag, 2021) bzw. ihrer Beziehung zum Leistungsmotiv (González-Hernández et al., 2021) als personale Voraussetzungen auf der anderen Seite nachgegangen. Gleichwohl es Studien gibt, die sich mit einzelnen dieser Variablen im Kontext der Lehrer*innenausbildung und des beruflichen Handelns auseinandersetzen (Dicke et al., 2014, 2015; Dickhäuser et al., 2007; König & Rothland, 2013), besteht ein Erkenntnisbedarf hinsichtlich ihres Zusammenhangs und ihrer Bedeutung in Langzeitpraktika, wie dem Praxissemester.


2 JOB-DEMAND-RESOURCES-MODELL


Einen theoretischen Rahmen für die Auseinandersetzung mit Faktoren, die das Beanspruchungserleben beeinflussen liefert das Job-Demand-Resources-Modell (JDR-Modell; Bakker & Demerouti, 2007). Es wurde bereits für die Zielgruppe von im Beruf stehenden Lehrkräften herangezogen (Baeriswyl et al., 2014; Hakanen et al., 2006; E. M. Skaalvik & Skaalvik, 2017) und in jüngeren Arbeiten auf die Belastung und Beanspruchung von Studierenden (im Praxissemester) übertragen (Römer et al., 2018; Krawiec et al., 2020). Auf der Grundlage des JDR-Modells kann angenommen werden, dass Arbeitsanforderungen, d. h. Aspekte der Arbeit, die anhaltende physische und/oder psychische Anstrengung erfordern, zum Erleben von Beanspruchung bzw. zu emotionaler Erschöpfung führen können (Bakker & de Vries, 2021), was insbesondere im letztgenannten Fall schließlich negative Folgen auf individueller wie organisationaler Ebene erwarten lässt. Hierzu kann eine Beeinträchtigung der physischen Gesundheit, des Arbeitsvermögens und – relevant für die professionelle Entwicklung der Studierenden – der Lernleistung gehören, wobei Arbeitsplatzressourcen gemäß des JDR-Modell diesen Prozess abpuffern und hierüber beeinflussen sollen. Mittlerweile werden zudem auch Merkmale der Person im Sinne von personalen Ressourcen, die dem Einzelnen dazu dienen, berufsbezogenen Anforderungen besser gewachsen zu sein, berücksichtigt. Fehlende Ressourcen bei zugleich hohen beruflichen Anforderungen begünstigen die Entstehung des Beanspruchungserlebens (Bakker & Demerouti, 2007).
Nicht berücksichtig wird, dass personale Faktoren nicht immer nur Ressourcen darstellen, sondern das Beanspruchungserleben auch erhöhen können. Positive wie negative Wirkungen von personalen Merkmalen auf das Beanspruchungserleben und resultierend auf die emotionale Erschöpfung sind für das Leistungsmotiv (González-Hernández et al., 2021) und die verschiedenen Dimensionen der Einstellung zur Hilfe erwartbar (Kastens & Schlag, 2021).


3 PERSONALE EINFLUSSFAKTOREN IM PRAXISSEMESTER


Leistungsmotiv
Das Leistungsmotiv ist in zwei Komponenten, Hoffnung auf Erfolg und Furcht vor Misserfolg differenzierbar. Erfolgsmotivierte Menschen haben den Wunsch, positive Ergebnisse in Leistungssituationen zu erreichen und Stolz beim Erreichen der Ziele zu empfinden (Dickhäuser et al., 2016). Ihre Motivation speist sich daraus, eigene Maßstäbe übertreffen zu wollen oder ggf. auch aus der Möglichkeit, sich mit anderen vergleichen zu können (Lämmle, 2011), und sie suchen zudem nach Informationen über die eigenen Fähigkeiten. Durch Hoffnung auf Erfolg (HE) gekennzeichnete Sportstudierende dürften die Anforderungen im Praxissemester als Herausforderung im positiven Sinne ansehen, die Erfolgserlebnisse ermöglicht, und weniger als Bedrohung aufgrund von erwarteten Misserfolgen wahrnehmen. Bei Praxissemesterstudierenden sollte HE demnach eher mit positiven als mit negativen Emotionen einhergehen. Da hohe Beanspruchungen durch das Erleben von negativen Emotionen bei angehenden Lehrkräften und Praxissemesterstudierenden zu emotionaler Erschöpfung (EE) führt (Cramer et al., 2018; Kücholl et al., 2019), sollte HE entsprechend einen Schutzfaktor vor EE darstellen. Empirische Studien zu (Sport-)Studierenden im Praxissemester liegen hierzu bisher nicht vor, so dass es dieses Defizit in der vorliegenden Arbeit zu schließen gilt. Eine niedrig ausgeprägte HE sollte zwar mit weniger positiven Emotionen einhergehen, dies ist jedoch nicht mit negativen Emotionen gleichzusetzen. Eine geringe Erfolgserwartung ist damit langfristig nicht unbedingt mit EE in Verbindung zu bringen. Erwartet wird damit, dass HE als personaler Schutzfaktor einen moderaten Zusammenhang mit EE im Praxissemester aufweist.
Durch Furcht vor Misserfolg (FM) motivierte Personen sind im Gegensatz zu Erfolgsmotivierten bestrebt, Misserfolge zu verhindern. Das kann dazu führen, dass sie leistungsthematische Situationen meiden (Dickhäuser et al., 2007), da sie Angst haben, dass ein Versagen auf mangelnde Fähigkeiten zurückgeführt wird (Elbe et al., 2005). Auch das Praxissemester kann als leistungsthematische Situation interpretiert werden. Die Vermeidung dieser Situation ist langfristig ohne Aufgabe des Studiums allerdings nicht möglich. Misserfolgsmotivierte Praxissemesterstudierende sind damit einer Anforderung ausgesetzt, die aus ihrer Sicht mit dem Risiko eines Misserfolgs verbunden ist, den es zu vermeiden gilt, dem sie aber nicht aus dem Wege gehen können, ohne auf andere Weise Misserfolg zu erleben. Das Praxissemester sollte für Misserfolgsmotivierte also eine stetige potenzielle Bedrohung darstellen und mit einem erhöhten Beanspruchungserleben einhergehen, das über die Zeit zu einer höheren EE führen könnte. Bei Leistungssportler*innen und Trainer*innen (Dale & Weinberg, 1990; González-Hernández et al., 2021; Gustafsson et al., 2017), Lehrkräften (Cramer et al., 2018) und Lehramtsstudierenden im Praxissemester (Kücholl et al., 2019) wurden entsprechende Zusammenhänge zwischen FM und EE bereits nachgewiesen. Bisher gibt es noch keine Studien, die den Zusammenhang zwischen FM und EE bei Sportstudierenden im Praxissemester untersuchen. Entsprechend gilt es die Erwartung zu prüfen, dass FM mit EE von Praxissemesterstudierenden mit dem Fach Sport verbunden ist.


Einstellung zur Hilfe
Hilfe in Anforderungssituationen, wie beispielsweise durch Mentor*innen hinsichtlich des Unterrichtens im Praxissemester, stellt eine soziale Ressource des Arbeitsplatzes dar. Für Studierende im Praxissemester ist die Suche nach Hilfe besonders bedeutsam, denn es ist davon auszugehen, dass sie noch nicht über alle notwendigen Kompetenzen für das Unterrichten verfügen. Die Nutzung von Unterstützung bei der Unterrichtsplanung, der Lösung von Problemen und der Bewältigung von Rollenkonflikten dürfte die Entstehung des unterrichtsbezogenen Beanspruchungserlebens mindern. Richter et al. (2011) zeigten, dass die Unterstützung von Mentor*innen im Ausbildungssetting mit einer geringeren EE assoziiert ist. In diese Richtung weisen auch Befunde von Kessels (2010), wonach sich eine Begleitung durch Mentor*innen positiv auf das Wohlbefinden auswirkt.
Notwendig für die Inanspruchnahme von Hilfe ist jedoch nicht nur, dass diese tatsächlich zur Verfügung steht, sondern auch, dass Studierende eine positive Einstellung gegenüber Hilfe haben. Fasching et al. (2010) konnten einen negativen Zusammenhang zwischen der Einstellung zur Hilfe und dem Belastungserleben nachweisen, ohne allerdings zwischen verschiedenen Formen der Einstellung zu differenzieren. Dies erscheint jedoch notwendig: Um aufgesucht und in Anspruch genommen zu werden darf Hilfe nicht als Aufwand verstanden werden, sondern muss als nützlich angesehen werden. Wird Hilfe als eine Möglichkeit gesehen, Probleme zukünftig eigenständig lösen zu können, dann ist sie aus einer langfristigen Perspektive als nützlich interpretierbar (Dickhäuser et al., 2007) und kann zur Professionalisierung beitragen. Ein Nutzen von Hilfe muss sich entsprechend nicht sofort, sondern kann sich auch erst später bemerkbar machen.
Problematisch kann es sein, wenn Hilfe als Bedrohung (HB) angesehen wird (Butler, 1998). So kann das Erbitten oder die Inanspruchnahme von Hilfe im Einzelfall als Hinweis auf fehlende Fähigkeiten interpretiert werden (Karabenick & Knapp, 1991), was die Hilfe suchende Person aus ihrer Perspektive als inkompetent darstellt (Butler, 1998; S. Skaalvik & Skaalvik, 2005) und mit einer Selbstwertbedrohung einhergehen kann. Das Praxissemester, in dem Hilfe z. B. in Form von Mentor*innenunterstützung vorgesehen ist, geht folglich mit wiederkehrenden selbstwertbedrohenden Situationen einher. Dies sollte mit einem erhöhten Beanspruchungserleben verbunden sein. Bei der Vermeidung von Hilfe ist außerdem zu erwarten, dass Studierende zusätzlich aufgrund der fehlenden sozialen Unterstützung und Hilfeleistung eine höhere Beanspruchung im Praxissemester empfinden, was zusammengenommen zu einer höheren EE führen kann.
Wird die Einstellung zur Hilfe vor dem Hintergrund der Leistungsmotivation gesehen, dann ist eine enge Verbindung von FM und der Bewertung von HB zu sehen. Sowohl für FM als auch für HB wird erwartet, dass sie aufgrund einer hohen Beanspruchung im Praxissemester zu EE führen. Misserfolgsmotivierte vermeiden Situationen, die Rückschlüsse auf ihre Fähigkeiten ermöglichen (Elbe et al., 2005). Entsprechend sehen auch Lehrkräfte mit hoher FM Hilfe als Bedrohung an und vermeiden die Inanspruchnahme von Hilfe, da diese als geringe Leistungsfähigkeit interpretiert werden kann (Butler, 2000, 2007; Inbar-Furst & Gumpel, 2015). Für Praxissemesterstudierende mit dem Fach Sport liegen noch keine solchen Studien vor. Zu erwarten ist dennoch, dass bei diesen genauso wie bei ausgebildeten Lehrkräften ein Zusammenhang zwischen FM und HB besteht. Wird Hilfe bei hoher FM als Bedrohung angesehen, ist weiterhin zu erwarten, dass diese Bedrohung direkt oder durch die Vermeidung der Inanspruchnahme von Hilfe indirekt zu einer erhöhten Beanspruchung und letztlich zur EE führt (Cramer et al., 2018; Kücholl et al., 2019). Damit ist zu erwarten, dass HB den Zusammenhang von FM und EE zum Teil vermittelt. Erwartet wird ein unvollständiger Mediationseffekt, da FM auch unabhängig von HB verbundenen Effekten mit erhöhter Beanspruchung in Form von Versagensängsten im Praxissemester und letztlich mit EE einhergehen sollte.
Ziel der vorliegenden Studie ist es einerseits, die EE von Sportstudierenden zu erheben. Andererseits gilt es, die oben formulierten Erwartungen (s. Abb. 1) zur Rolle der Leistungsmotivation (Modell 1) und Einstellung zur Hilfe (Modell 2) sowie die Mediationshypothese zu FM und HB (Modell 3) zu prüfen. Konkret wird insbesondere erwartet, dass FM und HB positiv mit EE zusammenhängen und dass HB teilweise die Beziehung von FM und EE vermittelt.

 

4 METHODE


Stichprobe und Vorgehen
Befragt wurden 136 Praxissemesterstudierende an drei Universitäten in Nordrhein-Westfalen mit dem Fach Sport. Die Teilnahme war freiwillig und erfolgte aufgrund der Erreichbarkeit der Studierenden im Rahmen von Lehrveranstaltungen zum Praxissemester. Die Studierenden wurden über ihre jeweiligen Dozent*innen gebeten, an der Erhebung teilzunehmen. Im Durchschnitt waren die Studierenden 25.27 Jahre (SD = 2.49) alt, zu 48 % weiblich und 52 % männlich. Mit 65 % studierte der größte Teil für ein Lehramt an Gymnasien bzw. Gesamtschulen (weitere Verteilung: 16.8 % Haupt-, Real- und Gesamtschule, 9.5 % Grundschule, 4.4 % Berufskolleg und 4.4 % Sonderpädagogik). Aufgrund der unterschiedlichen universitären Lehrveranstaltungskonzeptionen der beteiligten Universitäten zum Praxissemester fand die Befragung in der Regel in einem Zeitraum von acht Wochen am Ende des 5-monatigen Praxissemesters im Paper-Pencil-Verfahren statt.


Instrumente
Emotionale Erschöpfung
Die EE wurde mit der Skala Erschöpfung der deutschen Version des Maslach Burnout Inventory-Student Survey (MBI-SS-GV; Gumz et al., 2013) in einer auf den Anwendungskontext angepassten Version mit vier Items erfasst: In der Eingangsinstruktion wurden die Studierenden aufgefordert, sich auf unterrichtsbezogene Anforderungen des Praxissemesters im Fach Sport zu beziehen. Bei den Items wurde der Begriff Studium durch den Terminus Praxissemester ersetzt (Beispielitem: „Ich fühle mich von meinem Praxissemester ausgelaugt.“). Verwendet wurde eine vierstufige Likert-Skala (1 = „trifft gar nicht zu“ bis 4 = „trifft voll zu“). In Bezug auf die vorliegende Stichprobe ergibt sich eine hohe interne Konsistenz (Cronbachs α = .90).

Leistungsmotiv
Um zu erfahren, wie die Studierenden mit herausfordernden Situationen im Allgemeinen umgehen, wurde die Leistungsmotivation erfasst (Göttert & Kuhl, 1980). Die Messung der Motivkomponente HE erfolgte über vier Items (Beispielitem: „Ich möchte gern vor eine etwas schwierige Arbeit gestellt werden.“; interne Konsistenz in der vorliegenden Stichprobe: α = .73) und die der Motivkomponente FM über neun Items (Beispielitem: „Schon wenn ich daran denke, vor neue und unbekannte Probleme gestellt zu werden, werde ich ängstlich.“; interne Konsistenz in der vorliegenden Stichprobe: α = .87). Verwendet wurde eine vierstufige Likert-Skala (1 = „trifft gar nicht zu“ bis 4 = „trifft voll zu“).

Einstellung zur Hilfe
Um die Einstellung zur Hilfe zu erfassen, wurde die Skala von Butler (2007) in der deutschen Übersetzung von Dickhäuser et al. (2007) eingesetzt. Unterschieden werden drei Dimensionen: Wahrgenommene Bedrohung (vier Items; Beispielitem: „Wenn ich als Lehrkraft Hilfe suche, zeigt dies nur, dass ich Schwächen habe.“), wahrgenommener Nutzen (vier Items; Beispielitem: „Der Austausch von Problemen mit anderen ist ein guter Weg, um als Lehrer dazu zu lernen und professioneller zu werden.“) sowie wahrgenommener Arbeitsaufwand (drei Items; Beispielitem: „Es ist nur dann sinnvoll, um Hilfe zu bitten, wenn es dazu beiträgt, meine Arbeitsbelastung zu reduzieren.“). Die Befragten konnten ihre Antworten anhand einer fünfstufigen Skala (1 = „stimmt gar nicht“ bis 5 = „stimmt genau“) abgeben. Cronbachs Alpha beträgt in der vorliegenden Stichprobe α = .74 für die Skala HB und α = .75 für die Skala HN. In Bezug auf die Skala Wahrnehmung von Hilfe als Aufwand (HA) ergibt sich wie schon in der Studie von Dickhäuser et al. (2007) eine geringe interne Konsistenz von α = .60.


Statistische Analysen
Im Rahmen der deskriptiven Analyse wurden Mittelwerte, Standardabweichungen, Schiefe und Kurtosis bestimmt. Die inferenzstatistische Auswertung umfasste Korrelationsanalysen und Regressionsanalysen. Der Zusammenhang beider Leistungsmotive mit der EE wurde mittels multipler Regressionsanalyse mit FM und HE als Prädiktoren unter Verwendung des Einschlussverfahrens geprüft (Modell 1). Ebenso wurde die Relevanz von HB im Kontrast zu den beiden anderen Einstellungen zur Hilfe mittels multipler Regression getestet (Modell 2). Die Mediationsanalyse erfolgte in Anlehnung an Baron und Kenny (1986). Hierfür wurde neben den Korrelationsanalysen eine weitere multiple Regressionsanalyse nach dem Einschlussverfahren mit den Prädiktoren FM und HB und dem Kriterium EE durchgeführt (Modell 3). Für alle Berechnungen wurde SPSS 27 benutzt.


5 ERGEBNISSE


Die Mittelwerte der erhobenen Variablen (siehe Tabelle 1) zeigen, dass die befragten Praxissemesterstudierenden eher eine geringe EE hinsichtlich unterrichtsbezogener Anforderungen im Praxissemester angaben. So liegt der Skalenmittelwert dem sprachlichen Anker „trifft eher nicht zu“ entsprechend bei M = 2.00 (SD = 0.78). Die drei Subdimensionen zur Einstellung zur Hilfe weisen für HN einen hohen Mittelwert (M = 4.60, SD = 0.42) und für die beiden anderen Dimensionen, HA und HB, dagegen niedrige mittlere Ausprägungen auf (M = 1.70 bzw. 1.60; SD = 0.61 bzw. 0.60). Für HB liegt im Unterschied zu den anderen Variablen eine deutlich linkssteile (Schiefe = 1.99) und breitgipflige Verteilung (Kurtosis = 6.43) vor. D.h. im Durchschnitt wird Hilfe als geringe Bedrohung angesehen, für einen kleinen Anteil der Studierenden ist Hilfe jedoch mit einer deutlich höheren Bedrohung verbunden. In Bezug auf das Leistungsmotiv ist eine hohe Erfolgsmotivation (M = 2.82) und eine geringe Misserfolgsängstlichkeit (M = 1.89) der Studierenden festzustellen.
Zwischen der EE und dem Leistungsmotiv bestehen signifikante Zusammenhänge: negativ im Fall von HE (r = -.27) und positiv im Fall von FM (r = .31). Ebenfalls signifikant ist der Zusammenhang zwischen EE und HB (r = .26), nicht jedoch für die beiden anderen Einstellungsarten. FM steht in einem positiven Zusammenhang von r = .37 mit HB und korreliert negativ mit HA (r = -.28).
Regressionsanalysen ergeben, dass in einem Erklärungsmodell mit beiden Leistungsmotivkomponenten (s. Tabelle 2, Modell 1) nur FM signifikant zur Erklärung der EE beiträgt (ß = .23, p = .011), HE dagegen nicht (ß = -.17, p = .055). Werden die Einstellungen zur Hilfe als Prädiktoren genutzt (s. Tabelle 2, Modell 2), so leistet nur HB einen Beitrag zur Varianzaufklärung (ß = .24, p = .008). HN (ß = -.07) und HA (ß = .02) sind keine signifikanten Prädiktoren.
Die Analysen zur Prüfung des erwarteten Mediationseffekts von HB für den Zusammenhang von FM und EE ergeben folgendes Bild: Zwischen dem Prädiktor FM und dem potenziellen Mediator HB besteht ein signifikanter Zusammenhang (r = .37; s. Tabelle 1). Die Regression von EE auf FM und HB (s. Tabelle 2, Modell 3) ergibt eine Modellanpassung von R = .34 (p < .001). FM ist hier der Prädiktor mit höherer Varianzaufklärung (ß = .24, p = .006) gegenüber HB (ß = .17, p = .060). In beiden Fällen fallen die Regressionsgewichte damit etwas niedriger aus als die bivariaten Korrelationen mit EE (FM: r = .31; HB: r = .26; s. Tabelle 1). Der im Regressionsmodell 3 gegenüber der Korrelation reduzierte Zusammenhang von FM spricht zwar für eine teilweise Mediation durch HB, der ebenfalls reduzierte Zusammenhang bezüglich HB, der im Regressionsmodell 3 zudem nicht signifikant ausfällt, allerdings gegen einen entsprechenden Mediationseffekt.


6 DISKUSSION


Ziel der vorliegenden Studie war es, die EE von Studierenden im Praxissemester zu erfassen, einer Phase im Lehramtstudium, die mit vielfältigen Anforderungen verbunden und als psychisch beanspruchend anzusehen ist (Klassen & Durksen, 2014). Eine Kernanforderung in Langzeitpraktika ist die Übernahme von Fachunterricht. Obwohl Lehramtsstudierende mit dem Fach Sport mehrheitlich über Erfahrungen in sportbezogenen Lehr-Lernsettings verfügen, dürfte das Unterrichten im Fach Sport aufgrund seiner Zielsetzungen, der verpflichtenden Teilnahme der Schüler*innen am Unterricht und der damit einhergehenden Heterogenität der Lernenden eine spezifische, zu bewältigende Herausforderung darstellen. Obschon Hinweise zum Beanspruchungsempfinden im Kontext erster unterrichtsbezogener Tätigkeiten existieren (Dicke et al., 2015; Klusmann et al., 2012; Tönjes et al., 2008), zeigen die vorliegenden Ergebnisse, dass die befragten Sportstudierenden sich am Ende des Praxissemesters im Durchschnitt (M = 2.00) „eher nicht“ emotional erschöpft fühlen, eine Referenzgruppe zur vergleichenden Einordnung der Werte fehlt allerdings. In Bezug auf die Einstellung zu Hilfe weisen die Befunde von Dickhäuser et al. (2007) bei Lehramtsanwärter*innen auch auf hohe Zustimmungen bezüglich der Wahrnehmung von HN und geringere Zustimmungen zur Wahrnehmung von HB oder HA. Hinweise auf fachspezifische oder mit der Ausbildungsphase bzw. dem Professionalisierungsgrad zusammenhängende Besonderheiten liegen somit nicht vor.
Die Ergebnisse der Studie zeigen erwartungskonform, dass FM und die Wahrnehmung von HB positiv mit der EE korrelieren. Auch HE ist mit EE verbunden, wie erwartet aber in geringerem Ausmaß als FM. Die Ergebnisse sprechen dafür, dass die Leistungsmotivation als persönliche Disposition das individuelle Beanspruchungserleben im Praxissemester beeinflussen könnte: HE wäre demnach als Schutzfaktor und FM als Risikofaktor für hohe psychische Beanspruchung und EE im Praxissemester anzusehen, wie es sich auch bei ausgebildeten Lehrkräften gezeigt hat (Cramer et al., 2018; Kücholl et al., 2019). Die vielfältigen Anforderungen des Praxissemesters (Jantowski & Ebert, 2014) bedeuten für Misserfolgsmotivierte während des Praxissemesters ebenso vielfältige Risiken für das Erleiden von Misserfolgen, die jeweils eine potenzielle Bedrohung des Selbstwerts darstellen. Wie erwartet sind FM und die HB positiv assoziiert. Nur zu einem geringen Teil ist die Verbindung zwischen FM und EE in der vorliegenden Studie jedoch auf die Einstellung zur Hilfe zurückzuführen: Im Vergleich zum bivariaten Zusammenhang fällt der Zusammenhang zwischen FM und EE im multiplen Regressionsmodell (Modell 3) nur geringfügig niedriger aus und zwischen dem vermuteten Mediator HB und EE ist nur ein tendenzieller Zusammenhang festzustellen, der zudem auch niedriger ausfällt als die bivariate Korrelation von HB und EE. Die Ergebnisse sprechen damit dafür, dass FM weitgehend unabhängig von HB mit EE verbunden ist. Von einem bedeutsamen Mediationseffekt von HB ist demnach entgegen der ursprünglichen Erwartung nicht auszugehen.
Dennoch bleibt festzuhalten: Hilfe, die nach dem JDR-Modell (Bakker & Demerouti, 2007) im Praxissemester eigentlich zur Reduktion von Beanspruchung beitragen könnte, wird vermutlich von einem Teil der Misserfolgsmotivierten nicht als Entlastung, sondern eher als zusätzliche Bedrohung angesehen und ist in der vorliegenden Studie mit EE verbunden, wenn auch die Effekte als klein anzusehen sind. Für die beiden anderen Einstellungskomponenten zum Aufwand und Nutzen von Hilfe zeigt sich diese Verbindung dagegen nicht. Diese Ergebnisse unterstreichen, dass die Einstellung zur Hilfe differenziert zu betrachten ist (Dickhäuser et al., 2007). So ist die Einstellung, dass Hilfe nützlich ist, aus dem Blickwinkel der Professionalisierung günstig. Nach den vorliegenden Daten ist sie unabhängig von der Einstellung, Hilfe als Bedrohung anzusehen. Die Einstellung, Hilfe als Bedrohung anzusehen, ist wiederum in Bezug auf das Beanspruchungserleben problematisch und könnte möglicherweise einer erfolgreichen Professionalisierung langfristig im Wege stehen, was aber in entsprechenden Studien zu prüfen bleibt.
Die geringe quantitative Ausprägung der EE in der vorliegenden Studie widerspricht Befunden, bei denen die Beanspruchung während des Praxissemesters insgesamt hoch ausfällt und im Verlauf ansteigt (Jantowski et al., 2008; Jantowski & Ebert, 2014). Allerdings ist zu berücksichtigen, dass nach Krawiec et al. (2020) das Beanspruchungserleben zum Ende des Praxissemesters sinkt. Für eine leichte Abnahme sprechen auch Befunde von Römer et al. (2018). Auch in der vorliegenden Studie kann es nach einem anfänglichen Anstieg zu einer Abnahme der Erschöpfung im Verlauf des Praxissemesters gekommen sein, was aufgrund des vorliegenden Studiendesigns mit nur einem Erhebungszeitpunkt am Ende des Praxissemesters nicht erfasst werden konnte. Für die geringe emotionale Erschöpfung der Sportstudierenden könnte hier auch die positive Bewertung des Lernorts Schule verantwortlich sein. So sehen die in einer Studie von Göbel et al. (2016) befragten Praxissemesterstudierenden die Arbeit am Lernort Schule als einen sinnvollen und relevanten Baustein im Rahmen des Lehramtsstudiums an. Bei Sportstudierenden kann zudem auch körperliche Aktivität eine moderierende Wirkung auf die EE haben (Wunsch & Gerber, 2018). Diesbezüglich erscheinen vergleichende Studien mit Lehramtsstudierenden anderer Fächer sinnvoll.
Die vorliegende Studie weist einige Limitationen auf. Aufgrund des Untersuchungsdesigns mit nur einem Messzeitpunkt konnte weder die Dynamik der EE erfasst werden, noch sind Kausalschlüsse möglich. Letztlich handelt es sich bei allen hier ermittelten Beziehungen um korrelative Beziehungen, die auch auf Drittvariablen oder Antworttendenzen in Verbindung mit positiv oder negativ konnotierten Variablen zurückzuführen sein könnten. Zukünftig bedarf es Längsschnitt- und Interventionsstudien, um Veränderungen zu ermitteln, Kausalbeziehungen nachzuweisen und die gefundenen Ergebnisse abzusichern.
In der vorliegenden Arbeit wurde mit der Einstellung zur Hilfe die Bedeutung eines personalen Einflussfaktors untersucht. Unberücksichtigt blieb, in welchem Ausmaß Hilfe als arbeitsplatzseitige Ressource im Sinne des JDR-Modells zur Verfügung stand und von den Studierenden genutzt bzw. die Inanspruchnahme vermieden wurde. Nicht beurteilt werden kann damit, in welchem Ausmaß real in Anspruch genommene Hilfe in der vorliegenden Studie die EE beeinflusst hat. In zukünftigen Arbeiten sollten deshalb neben der Einstellung zur Hilfe auch das Vorhandensein und die Nutzung bzw. Vermeidung von Hilfe untersucht werden. Auf der Basis solcher Untersuchungen können letztlich Schlüsse bezüglich günstiger oder wenig günstiger personaler Voraussetzungen von Studierenden in Bezug auf die EE im Praxissemester gezogen werden.
Aus messmethodischer Sicht sind die folgenden zwei Punkte anzumerken: Zum einen wurde die Einstellung, Hilfe als Aufwand anzusehen, anhand einer Skala mit einer nur geringen internen Konsistenz gemessen, so dass ein möglicherweise bestehender Zusammenhang mit EE gegebenenfalls nur deshalb nicht identifiziert werden konnte. Zum anderen wurden zur Erfassung der EE und der Einstellungen zur Hilfe bereichsspezifische Skalen verwendet, die auf den Kontext Praxissemester ausgerichtet waren, während die Motivkomponenten HE und FM nicht bereichspezifisch erfasst wurden. Die gefundenen Beziehungen könnten demnach auch durch die unterschiedliche Spezifität der Messinstrumente beeinflusst worden sein, was in zukünftigen Untersuchungen zu prüfen wäre.
Weiterhin ist zu betonen, dass in der vorliegenden Arbeit Lehramtsstudierende mit dem Fach Sport mit dem Fokus auf dem Sportunterricht untersucht wurden. Auf Besonderheiten, die mit dem Fach Sport verbunden sind, wurde bereits hingewiesen, so dass mit einer eingeschränkten Übertragbarkeit der Befunde auf Lehramtsstudierende  anderer Schulfächern zu rechnen ist. Unberücksichtigt geblieben ist darüber hinaus, dass alle Studienteilnehmer*innen ein weiteres Unterrichtsfach studieren. Das Erleben im Praxissemester könnte mit dem Zweitfach verbunden sein, was in der vorliegenden Studie nicht kontrolliert werden konnte. Um den spezifischen Effekt des Unterrichtsfaches Sport im Praxissemester beurteilen zu können, wären zukünftig Kontrollgruppen mit Praxissemesterstudierenden mit anderen Fächern sinnvoll. Dies würde weitergehende Interpretationen zur Ausprägung der gemessenen Konstrukte ermöglichen, beispielsweise zur Höhe der EE, was die vorliegende Studie ohne entsprechende Vergleichsgruppe nicht zulässt.
Zusammenfassend zeigt die vorliegende Studie, dass es lohnenswert erscheint, sich in weiteren Untersuchungen mit der Beziehung zwischen der EE, dem Leistungsmotiv und der Einstellung zur Hilfe auseinanderzusetzen. Dabei ist es sinnvoll, das Angebot und die tatsächliche Inanspruchnahme von Hilfe und deren Auswirkung auf den Professionalisierungsprozess einzubeziehen. In einem kontrollierten Längsschnittdesign mit mehreren Erhebungszeitpunkten im Verlauf des gesamten Praxissemesters sollte auch das Beanspruchungserleben und die Kompetenzentwicklung der angehenden Lehrkräfte erfasst werden, um die Auswirkungen auf den Professionalisierungsprozess untersuchen zu können. Mit Blick auf die Praxis erscheint die Prävention bzw. die Reduktion von Misserfolgsangst (z. B. durch ein auf Zielsetzungen und die Veränderung von Attributionen und Selbstbewertungsemotionen abzielendes Motivtraining; Rheinberg & Engeser, 2010) gleichermaßen wichtig wie die gezielte Förderung einer die Beanspruchung reduzierenden Einstellung zur Hilfe (z. B. durch Schaffung positiver Erfahrungen bei der Inanspruchnahme von Hilfe bezüglich des anvisierten Lernziels und der Förderung einer Lernzielorientierung als ein Prädiktor der Einstellung zur Hilfe durch die Gestaltung des Lern- und Leistungskontextes; Benning et al., 2019). Mit entsprechenden Interventionsstudien sollte geprüft werden, ob durch frühzeitige Interventionen im Rahmen der Ausbildung von (Sport-)Lehrkräften der Entstehung von emotionaler Erschöpfung im Praxissemester wirksam vorgebeugt werden kann.


DANKSAGUNG
Die im Beitrag dargestellten Ergebnisse wurden im Rahmen eines Projekts erhoben, dass in Kooperation mit Michael Fahlenbock von der Bergischen Universität Wuppertal durchgeführt worden ist.

 

 

LITERATUR

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DOI

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