Mit hohem Tempo quer durch den Wald

Bojan Blumenstein zeigt einen Markierungsposten. Während des Orientierungslaufs sind diese größer.

Wer kennt es nicht: Das Laufen der immer gleichen Runde im Park wird irgendwann langweilig. Bojan Blumenstein kennt dieses Problem und sucht die Herausforderung abseits der befestigten Wege. Er versucht sich in immer neuem Terrain so schnell es geht zu orientieren und den besten Weg selbst zu finden. Bojan ist Orientierungsläufer und verbindet dabei sein Talent zum schnellen Laufen mit Orientierung in freier Natur. Alles, was er dafür selbst in abgelegenen Wäldern braucht, sind Kompass, Orientierungslaufkarte und Laufkleidung, die seiner Route standhält.

Wer wie Bojan seit der Kindheit läuft, kann sich mit Kompass und Karte schnell und präzise orientieren. Anders als gewöhnliche Karten, legt die Orientierungslaufkarte den Fokus nicht auf Straßen, Feldwege oder Wanderrouten, sondern zeigt relevante Angaben für das Laufen abseits der Wege. So ist beispielsweise die Belaufbarkeit des Geländes in verschiedenen Farbtönen angegeben, das Höhenprofil anhand von Höhenlinien dargestellt und es sind außergewöhnliche Naturmerkmale wie große Bäume oder Hochsitze als Anhaltspunkte verzeichnet. Im Training oder Wettkampf ist auf einer solchen Karte mit markierten Posten eine Route angegeben. Die Aufgabe der Läufer besteht darin, die Strecke zwischen den Posten schnellstmöglich zurückzulegen. Welche Strecke sie dafür wählen, können sie selbst entscheiden. Den richtigen Weg gibt es nicht, denn jeder Läufer trifft die Wahl anhand der eigenen Stärken und Schwächen.

Bojan hat seine Stärken als Kind beim Laufen in seiner Heimatstadt Kassel entdeckt. Zusammen mit Eltern und Freunden konnte man ihn dort beim Training mit hohem Tempo querfeldein durch den Bergpark rennen sehen. „Wenn ich mich dabei mal wieder verlaufen habe, mir kalt geworden ist und ich nicht mehr zurückkam, habe ich mir geschworen, nie wieder zum Training zu gehen.“ Oft scheint das nicht passiert zu sein, denn der 23-Jährige läuft seit viereinhalb Jahren vorzugsweise in Norwegens Wildnis. „Die Landschaft bietet ganz andere Herausforderungen als in Deutschland und Orientierungslauf hat dort einen anderen Stellenwert. Es gibt viel mehr Leute, die den Sport betreiben. An der Sportuniversität in Oslo müssen zum Beispiel alle Studierenden im ersten Semester den Pflichtkurs Orientierungslauf absolvieren.“

Über die Trainingslager der Deutschen Nationalmannschaft lernte Bojan die Naturschönheiten verschiedener europäischer Länder kennen und Norwegen lieben. „Nach dem Abitur bin ich als AuPair nach Norwegen gegangen, habe dort mit den Orientierungsläufern trainiert und mich nach einem Jahr dazu entschieden, zu bleiben, um in Oslo Sportwissenschaften zu studieren.“ Das fünfte Semester führte Bojan zurück nach Deutschland, denn an norwegischen Unis ist dann ein Auslandsaufenthalt vorgesehen. „Mich hat interessiert, wie es ist, an einer deutschen Uni zu studieren. Deshalb mache ich mein Auslandsemester an der Sporthochschule.“

Nach dem Auslandssemester geht es ohne Pause zurück nach Norwegen, denn dort wartet die Bachelorarbeit. Mit dem Thema „Aufmerksamkeitsregulation und Konzentration im Orientierungslauf“ kombiniert Bojan den Studiengang Sportcoaching und Sportpsychologie mit seiner Leidenschaft für Orientierungslauf. Eine Herausforderung, die mit Freude verbunden ist, denn auch sein Bachelorarbeits-Betreuer teilt sein Faible: „Mich betreut Egil Johansen, ehemaliger Weltmeister im Orientierungslauf. Auch wenn mein Thema jetzt noch nicht ganz konkret ist, werden wir sicher etwas Interessantes zusammen auf die Beine stellen.“

Bis dahin steht nicht nur für Bojan Orientierungslauf auf dem Programm, sondern auch andere Studierende können sich dieser Sportart widmen: bei den Deutschen Hochschulmeisterschaften im Orientierungslauf 2017, die vom Institut für Sportrecht organisiert und von der Sporthochschule ausgerichtet werden. „Ich bin die Strecke im Vorfeld der DHM testgelaufen und kann jetzt schon sagen, dass sich die Teilnehmer auf ein sehr abwechslungsreiches und anspruchsvolles Gelände freuen können.“  

Am 25. und 26. Mai 2017 richtet die Deutsche Sporthochschule Köln zum zweiten Mal nach 1983 die Deutschen Hochschulmeisterschaften im Orientierungslauf aus. Die Wettkämpfe finden auf der Eifel im Kreis Euskirchen statt. Hier erwarten die Teilnehmer naturnahe Mischwälder mit technischen sowie läuferischen Herausforderungen.