Kompetenzauffassung in sportwissenschaftlichen Sportmanagementstudiengängen aus Student*innensicht

Theresa Kley, Pamela Wicker

DOI: 10.25847/zsls.2021.037

ZUSAMMENFASSUNG

In interdisziplinär angelegten, außerschulischen sportwissenschaftlichen Studiengängen mit Schwerpunkt Sportmanagement fehlt Student*innen ein konkretes Berufsbild und damit Orientierung zur notwendigen Profilierung. Die in diesen Studiengängen erworbenen Abschlüsse sollen Absolvent*innen für mögliche Berufsfelder wie Sportvereine/-verbände, kommerzielle Sportanbieter und öffentliche Sportinstitutionen qualifizieren. Somit gewinnt die Vermittlung fachlicher und überfachlicher Kompetenzen (Schlüsselkompetenzen) an Bedeutung, welche berufsübergreifend relevant sind. Allerdings setzen sich Student*innen zu Beginn des Studiums wenig mit dem Curriculum und den zu erwerbenden Kompetenzen auseinander. Vor diesem Hintergrund untersucht diese Studie das studentische Kompetenzverständnis im Sportmanagementstudium. Das theoretische Fundament bilden der akademische Kompetenzbegriff sowie unterschiedliche Niveaustufen der Kompetenzentwicklung. In der (inter)nationalen Literatur fehlt bisher eine differenzierte Betrachtung der Fach- und Schlüsselkompetenzen aus Sicht der Student*innen. In einer qualitativ angelegten Erhebung wurden 14 Student*innen eines universitären Sportmanagementstudiengangs (Bachelor) zum Erwerb fachlicher und überfachlicher Kompetenzen befragt. Die Ergebnisse zeigen, dass Student*innen ein vages Verständnis der fachlichen Kompetenzen haben, während sie den Erwerb der überfachlichen Schlüsselkompetenzen deutlicher benennen können. Außerdem verorten Student*innen die erfolgreiche Vermittlung der fachlichen Kompetenzen auf Seiten der Universitäten, während sie sich selbst in der Verantwortung sehen, die Schlüsselkompetenzen im Verlauf des Studiums zu entwickeln. Student*innen mit bereits abgeschlossener Ausbildung gehen von einem geringeren Erwerb von Schlüsselkompetenzen im Studium aus. Die Ergebnisse der Studie liefern Implikationen für die Schwerpunktsetzung und Fokussierung von Kompetenzen in der Curricular-Gestaltung und Lehrpraxis.

EINLEITUNG

Außerschulische, sportwissenschaftliche Studiengänge sind dadurch charakterisiert, dass sie nicht in einem konkreten Beruf resultieren, sondern vielmehr eine Fülle an verschiedenen Anstellungsmöglichkeiten auf dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen. Damit unterscheiden sich diese sportwissenschaftlichen Studiengänge maßgeblich von der Rechtswissenschaft oder schulischen Studiengängen, bei denen Student*innen ein greifbares Berufsbild vor Augen haben (z.B. Rechtsanwalt*in, Richter*in oder Notar*in bzw. Lehrer*in), wenn sie ihr Studium aufnehmen (Hessler et al., 2013). Folglich ist es aufgrund des unspezifischen Berufsbilds in sportwissenschaftlichen Studiengängen umso wichtiger, dass nicht nur fachspezifische Kompetenzen, sondern auch überfachliche Kompetenzen mit berufsübergreifender Relevanz vermittelt werden. Das Erfordernis des Erwerbs von Kompetenzen wurde insbesondere seit der Bologna-Reform festgehalten. So sollen das Studienangebot und die Lernprozesse wirkungsbewusst gestaltet und Lernziele bzw. Lerneffekte kompetenzorientiert formuliert werden (Teichler, 2014).
Managementbezogene, sportwissenschaftliche Studiengänge stehen in besonderem Maße vor der Herausforderung, dass den Student*innen konkrete Berufsbilder und Vorstellungen über berufliche Felder, die eine Orientierung bieten, fehlen (Hessler et al., 2013). So sind Student*innen der meist interdisziplinär aufgebauten Sportmanagementstudiengänge gefordert, sich selbst sowohl um relevante Berufsfelder als auch um eine individuelle Profilbildung ihres Studiums zu kümmern, um in verschiedenen Beschäftigungsfeldern anschlussfähig zu werden. Mögliche Beschäftigungsfelder für Absolvent*innen sind erwerbswirtschaftliche Anbieter (z.B. Sportmarketingagenturen, Fitnessstudios), Non-Profit-Organisationen (Sportvereine/-verbände) oder staatliche Organisationen (kommunale Sportverwaltung). Anstellungsmöglichkeiten bestehen im aktiven Sport und Zuschauersport sowie in sportnahen Feldern im Freizeit-, Tourismus- oder Gesundheitssektor (Horch, 2008).
Folglich sollten Student*innen darüber Bescheid wissen, welche Kompetenzen im gewählten Studiengang erworben werden können und welche Kompetenzen am Arbeitsmarkt von ihnen erwartet werden. Allerdings besteht berechtigter Zweifel daran, dass Student*innen das Kompetenzprofil ihres Studiengangs bekannt ist oder sie wenigstens das Modulhandbuch kennen (Kühl, 2018). An dieser Stelle sind Universitäten gefordert, entweder in Lehrveranstaltungen oder in separaten Beratungsangeboten Unterstützung anzubieten. Kenntnisse über zu erwerbende und erwartete Kompetenzen sind wichtig für die optimale Gestaltung des Studiums und die Erlangung der Beschäftigungsfähigkeit (Employability; Teichler, 2014).
Außerdem bezweifelt Kühl (2018), „dass jeder Teilnehmer an einem Modul exakt die gleichen fachlichen und sozialen Kompetenzen erwerben könnte“ und dass „Lernen an Hochschulen ausschließlich im Rahmen von Modulen stattfindet“ (S. 32). Folglich können Student*innen einerseits sehr unterschiedliche Kompetenzen in den angebotenen Veranstaltungen erwerben und Lerneffekte sind nicht standardisierbar. Andererseits entwickeln Student*innen unterschiedliche Kompetenzen erst durch allmählich entstehendes echtes Interesse am Inhalt ihrer Studienrichtung in „dichten sozialen Kontakten hochmotivierter Studierender“ (Kühl, 2018, S. 32). Folglich dürfte es für Universitäten interessant sein zu erfahren, welches Bild die Student*innen von ihrem Studiengang entwickeln, welche Kompetenzen sie glauben zu erwerben und welche Aufgabe sie allgemein der Universität in Bezug auf die Kompetenzvermittlung zuschreiben. Dieses Wissen ist wichtig für die passgenaue Ausrichtung universitärer Beratungs- und Unterstützungsleistungen.
Die vorliegende Studie untersucht das Kompetenzverständnis in einem sportwissenschaftlichen Studiengang mit Sportmanagementprofil aus Sicht der Student*innen. Sie widmet sich der folgenden übergreifenden Forschungsfrage: Welches Verständnis der zu erwerbenden Kompetenzen haben Bachelor-Student*innen im Sportmanagementstudium? In Anlehnung an die Unterscheidung zwischen fachlichen und Schlüsselkompetenzen im akademischen Kompetenzkonstrukt werden folgende Teilfragestellungen adressiert: (1a) Welche Fachkompetenzen erkennen Student*innen, wie werden diese Kompetenzen allgemein beschrieben und auf welchem Kompetenzniveau werden diese eingeordnet? (1b) Welche Schlüsselkompetenzen nehmen Student*innen in ihrem Studium wahr, womit begründen sie diese und auf welchem Kompetenzniveau werden diese eingeordnet?
Im theoretischen Teil erfolgen zunächst eine Auseinandersetzung mit dem akademischen Kompetenzbegriff und eine Einordnung der Lernergebnisse in unterschiedliche Lernniveaus anhand der Bloomschen Taxonomiestufen. Die Ergebnisse der qualitativen Interviewstudie können in der Universitätspraxis dazu verwendet werden, Informationsdefizite hinsichtlich der vermittelten Kompetenzen zu beheben.

THEORETISCHER RAHMEN

Akademischer Kompetenzbegriff
Kompetenzen können als „erlernbare kontextspezifische Leistungsdispositionen verstanden [werden], die sich funktional auf Situationen und Anforderungen in bestimmten Domänen beziehen“ (Klieme & Hartig, 2008, S. 17). Es handelt sich um kognitive Fähigkeiten und Fertigkeiten, mit denen Probleme in unterschiedlichen Situationen gelöst werden können, die motivationale, volitionale und soziale Bereitschaften voraussetzen (Weinert, 2001).
Um die Qualität von Kompetenzen im universitären Kontext erfassen zu können, ist einerseits eine Auseinandersetzung mit der Art des zu erwerbenden Wissens lohnenswert und andererseits mit dem Kompetenzniveau, das auf unterschiedlichen Stufen der Qualifizierung erreicht wird. So muss „der Unterricht auf Universitäten wissenschaftlich sein, und daß (sic!) er dies ist, unterscheidet die Universität von Schulen und anderen Bildungsstätten“ (Stichweh, 2013, S. 223, Hervorhebung im Original). Wissenschaftliches Wissen ist außerdem dem Wahrheitspostulat unterworfen und zeichnet sich dadurch aus, dass es immer nur als provisorisch und potentiell revidierbar angesehen werden kann (Stichweh, 2013). Student*innen sollen an diesem Verständnis von Wissenschaft als „einem Prozess des Erkenntnisgewinns“ (Stichweh, 2013, S. 224) partizipieren dürfen und sollen nicht nur mit den Resultaten des wissenschaftlichen Handelns vertraut gemacht werden.
Die im akademischen Kontext erwerbbaren Kompetenzen sollen Student*innen dazu befähigen, in zukünftigen beruflichen Anforderungsbereichen komplexe und neuartige Herausforderungen zu bewältigen und qualitativ hochwertige Lösungen zu präsentieren. Dabei wird eine angemessene, verantwortungsvolle und erfolgreiche Herangehensweise erwartet (Schaper et al., 2012). Als akademische Kompetenzen gelten die besonderen Fähigkeiten, Fertigkeiten, Motivationen und Werthaltungen zur Anwendung wissenschaftlicher Konzepte, zur wissenschaftlichen Analyse, zur Erschaffung und Gestaltung innovativer Konzepte und Problemlösungen, zur Reflexion des eigenen Handelns sowie zur Kommunikation der wissenschaftlichen Erkenntnisse (Schaper et al., 2012). Für deutsche Universitätsabschlüsse liefert der Hochschul-Qualifikationsrahmen (HQR) der Hochschulrektorenkonferenz (HRK) und Kultusministerkonferenz (KMK) die relevanten Beschreibungen der akademischen Kompetenzen und Fähigkeiten für die Curricula (KMK, 2017). Im HQR wird zwischen Fachkompetenzen und Schlüsselkompetenzen unterschieden.

Fachkompetenzen
Fachkompetenzen werden durch Wissensverbreitung, Wissensvertiefung und Wissensverständnis entwickelt. Im Rahmen der Wissensverbreiterung erweitern Student*innen ihr vorhandenes Wissen und Verstehen nach der Hochschulzugangsberechtigung um Wissen und Verstehen der domänenspezifischen Grundlagen. Im Sinne einer Wissensvertiefung sind fachkompetente Student*innen außerdem in der Lage, sich kritisch mit den wichtigsten Theorien und Methoden ihres Fachbereichs auseinanderzusetzen und das Wissen über die Disziplin und den aktuellen Forschungsstand hinaus zu vertiefen. Wissensverständnis inkludiert, dass sich Absolvent*innen reflektiert hinsichtlich fachlicher und praxisbezogener Aussagen zeigen und wissenschaftliche Ergebnisse gegeneinander abwägen bzw. Problemstellungen fachlich lösen können (KMK, 2017). Zu den Fachkompetenzen im Sportmanagement zählen das Grundwissen über Sportarten, die Kommunikationsqualifikationen im Bereich Public Relations und Werbung sowie wirtschaftswissenschaftliche Kenntnisse. Letztere inkludieren beispielsweise Finanzierung, Marketing, Rechnungswesen, Verwaltungslehre/-recht und Veranstaltungsmanagement (Horch, 2008).

Schlüsselkompetenzen
Bei diesen überfachlichen Kompetenzen handelt es sich um erworbene Kenntnisse und Fähigkeiten, die domänenübergreifend, multifunktional und polyvalent angewandt werden können. Sie sollen Absolvent*innen in die Lage versetzen, „ihr fachliches Wissen und Können in komplexen und schwierigen beruflichen Alltagssituationen, aber auch in neuen und ungewohnten Situationen zur Anwendung zu bringen“ (Schaper et al., 2012, S. 18). Die zentrale Schlüsselkompetenz von Absolvent*innen ist die Handlungskompetenz, welche die Fähigkeit beschreibt, theoretisches Wissen mit dem Praxiswissen zu verknüpfen (Brinker, 2014). Hier geht es um die Anschlussfähigkeit an berufliche Kontexte. Student*innen sollen in der Beschäftigung mit Wissenschaft Problemlösefähigkeiten entwickeln, mithilfe derer sie forschend-erkundend Antworten und Lösungsvorschläge auf komplexe, ergebnisoffene Fragestellungen finden (Rhein, 2013). Zu den überfachlichen Kompetenzen gehören auch Beurteilungsvermögen, Wertebewusstsein, Eigenverantwortung, Lernbereitschaft und -fähigkeit, Offenheit für Veränderungen, Kooperationsfähigkeit und Beratungsfähigkeit (Heyse, 2014). Im HQR werden vier überfachliche Qualifizierungsziele thematisiert (Orth, 1999; Schaper et al., 2012): Methodenkompetenz, Sozialkompetenz, Selbstkompetenz und Sachkompetenz.
Methodenkompetenz wird verstanden als „Einsatz, Anwendung, Erzeugung von Wissen“ in dem Sinne, dass Absolvent*innen Informationen sammeln, bewerten und interpretieren, Lösungsansätze entwickeln und praktische Projekte durchführen können. Es geht aber auch um Fähigkeiten hinsichtlich der Gestaltung und Durchführung eigener Forschungsvorhaben (KMK, 2017). Sozialkompetente Absolvent*innen (Kommunikation und Kooperation) können im Fachdiskurs sachbezogene Problemlösungen begründet argumentieren. Sie sind auch fähig, mit Fachvertreter*innen zu kooperieren, um Aufgaben gemeinsam zu lösen und reflektieren differente Sichtweisen beteiligter Personen (KMK, 2017).
Selbstkompetenzen zielen auf wissenschaftliches Selbstverständnis und Professionalität ab. Darunter fällt ein berufliches Selbstbild, die Begründung des eigenen wissenschaftlichen Handelns mit theoretischem und methodischem Wissen, die Einschätzung der eigenen Fähigkeiten, das Erkennen beruflicher Rahmenbedingungen und die Fähigkeit zur Reflexion des eigenen beruflichen Handelns in Bezug auf gesellschaftliche Erwartungen und Folgen (KMK, 2017). Unter Sachkompetenz werden fremdsprachliche oder EDV-Kenntnisse verstanden, die fachübergreifend eingesetzt werden können (Orth, 1999).

Kompetenzniveau
Allgemein lässt sich das Niveau von Lernzielen in Lernzieltaxonomien beschreiben und zwar als „Bezugssystem zur Klassifizierung von Aussagen darüber, was Studierende am Ende eines Lernprozesses in welcher Tiefe und Breite beherrschen sollen“ (HRK, 2015, S. 4f.). Bezogen auf die beiden Kompetenzarten gibt es kognitive Taxonomien (Fach- und Methodenkompetenzen) und affektive Taxonomien (Sozial- und Selbstkompetenz), die mehrere Stufen (nach Bloom) umfassen und sich mit verschiedenen Verben (nach Moon) beschreiben lassen (HRK, 2015; Tab. 1). In der ursprünglichen Struktur der (kognitiven) Lernzieltaxonomie von Bloom sind sechs Stufen mit den dazugehörigen sechs Hauptkategorien „Knowledge, Comprehension, Application, Analysis, Synthesis“ (Krathwohl, 2002, S. 212) hierarchisch angeordnet. Die überarbeitete Version der Bloomschen Taxonomie enthält eine zweidimensionale Beschreibung der Lernziele bzw. Lernergebnisse. Die Wissensdimension wird hierbei um die Prozessdimension erweitert: „Thus, statements of objectives typically consist of a noun or noun phase- the subject matter content- and a verb or verb phrase- the cognitive process(es)“ (Krathwohl, 2002, S. 213).

Forschungsstand
Über alle Fächer hinweg werden zur Einschätzung der Wichtigkeit fachlicher und überfachlicher Kompetenzen deutschlandweit Absolvent*innen und Student*innen befragt (Schaeper & Briedis, 2004). So wird der Erwerb fachlicher Kompetenzen von zwei Dritteln der Student*innen positiv bewertet, während insbesondere die Entwicklung von Teamfähigkeiten und Autonomie im Bereich der Schlüsselkompetenzen als gewährleistet  erachtet wird (Bargel et al., 2009). In Bezug auf beschäftigungsrelevante Schlüsselkompetenzen wie Einfühlungsvermögen, emotionale Intelligenz, Gender- und Führungskompetenz sehen sich Student*innen der Geisteswissenschaften weniger gut auf berufliche Tätigkeiten vorbereitet (Lödermann & Scharrer, 2011). Insgesamt wird der Erwerb von Schlüsselkompetenzen in reformierten Studiengängen seit der Bologna-Reform im Vergleich zu traditionellen Studiengängen wahrscheinlicher: Student*innen im Bachelorstudium sind in der Lage, ein signifikant höheres Niveau an Sozialkompetenzen zu entwickeln (Schaeper & Wolter, 2008).
Im Sportmanagement wurden Kompetenzen bislang anhand von Curricula (Dunkel et al., 2018; Shreffler et al., 2018; Wohlfahrt et al., 2020) und Stellenausschreibungen (Packheiser & Hovemann, 2013) untersucht. Außerdem wurden Befragungen von Sportmanager*innen und Praktiker*innen durchgeführt (e.g. Fahrner & Schüttoff, 2019). Berufsfeldbezogene Kompetenzen wurden für verschiedene Bereiche im Sport wie z.B. Sportvereine/-verbände (Horch & Schütte, 2003) eruiert.
Bei den Fachkompetenzen hängt insbesondere die Bedeutung des sportspezifischen Fachwissens und sportpraktischen Könnens vom spezifischen beruflichen Kontext ab (Fahrner & Schüttoff, 2019). Hingegen steigt die Wichtigkeit fachlicher Kompetenzen wie Projektmanagement (Packheiser & Hovemann, 2013; Wohlfahrt et al., 2019), Managementfunktionen und Organisationsgestaltung (Packheiser & Hovemann, 2013) und digitales Marketing (Wohlfahrt et al., 2019). Allgemeine Marketingkompetenzen werden als weniger relevant erachtet, technologiebezogene Kompetenzen dafür umso mehr (Mathner & Martin, 2012). Dazu passt die gestiegene Bedeutung von Kompetenzen im Bereich Social Media, mithilfe derer Marken über relevante Social-Media-Kanäle vermarktet und Content-Pläne aufgestellt werden sollen (Pate & Bosley, 2020). Die gestiegene Bedeutung fachlicher Wissensbestände zu internationalen Sportorganisationen und Eventmanagement trägt der Internationalisierung des Arbeitsmarktes im Sport Rechnung (Wohlfahrt et al., 2020).
Verschiedene Schlüsselkompetenzen wurden in der bisherigen Forschung als bedeutsam angesehen. So werden Führungskompetenzen als relevante Schlüsselkompetenzen von Praktiker*innen immer wieder hervorgehoben (Mathner & Martin, 2012). Darüber hinaus werden Teamfähigkeit und Networking (Wohlfahrt et al., 2019) sowie kommunikative Kompetenzen als wichtig erachtet (Packheiser & Hovemann, 2013). Im Zuge der Internationalisierung und Globalisierung der Arbeitswelt gewinnen auch interkulturelle Kompetenzen und Fremdsprachkenntnisse immer mehr an Bedeutung (Masteralexis & McDonald, 1997; Wohlfahrt et al., 2020).
Der Kompetenzerwerb aus Sicht von Sportmanagement-Student*innen wurde bislang nur vereinzelt untersucht (e.g. DeLuca & Braunstein-Minkove, 2016; Schlesinger et al., 2015). Empirische Befunde zu fachlichen Kompetenzen zeigen, dass Student*innen Kurse mit Praxisbezug, Praktika sowie marketing- und managementbezogene Kurse schätzen, während Zweifel zum Nutzen sportsoziologischer Veranstaltungen geäußert werden (DeLuca & Braunstein-Minkove, 2016). Bei den Schlüsselkompetenzen werden Kommunikationskompetenzen höher bewertet als kritisches Denken und Führungskompetenz (DeLuca & Braunstein-Minkove, 2016). Außerdem hängt die wahrgenommene Bedeutung von Kompetenzen davon ab, ob Absolvent*innen in ausbildungsadäquaten oder -inadäquaten Jobs arbeiten. So erachten sich letztere bei der Entwicklung fachübergreifenden Denkens und der Anwendung wissenschaftlicher Methoden als überqualifiziert (Schlesinger et al., 2015).
Insgesamt ist somit wenig darüber bekannt, wie Student*innen im Sportmanagement Fachkompetenzen und Schlüsselkompetenzen konstruieren und welche an sich selbst gerichteten Erwartungen sie zu zukünftig erforderlichen Kompetenzen im anvisierten Berufsfeld formulieren. Die studentische Perspektive ist aber insofern erforderlich, als dass Kompetenzen als nicht direkt vermittelbar gelten, sondern von den Student*innen selbst in Auseinandersetzung mit Problemen erworben werden müssen.

METHODIK

Die Fragestellung erfordert ein qualitatives Design, da es bei der Erfassung der Student*innenperspektive um die Rekonstruktion studentischer Deutungen geht, also um die Rekonstruktionen zum Bezugsproblem der Kompetenzentwicklung im Studium (Hoffmann, 2019). Mithilfe halbstandardisierter, leitfadengestützter Interviews wird versucht, aus den „individuellen Derivationen Einzelner“ (Bögelein & Vetter, 2019, S. 24) soziale Deutungsmuster abzuleiten.
Die Datenerhebung erfolgte im Sommersemester 2020. Als Interviewpartner*innen (IP) fungierten 14 Student*innen im vierten (n=7; IP1-7) und sechsten Fachsemester (n=7; IP8-14) eines sportwissenschaftlichen Bachelorstudiengangs mit Sportmanagement-Profil an der Universität Bielefeld. Die Fallauswahl erfolgte als persönliche Ansprache (per Email) und bezog sich auf die jeweiligen Kohorten im Sommersemester. Die Durchführung der ersten Interviews mit Student*innen im vierten Semester offenbarte, dass Student*innen aus dem sechsten Semester hinzugezogen werden mussten, da diese weitestgehend alle Studienphasen und (Pflicht-)Module durchlaufen hatten und somit einen umfassenderen Überblick über das Studium hatten. Das Curriculum des Studiengangs samt zu erwerbender Kompetenzen wird in Tabelle A1 im Anhang zusammengefasst. Die interviewten Student*innen waren zwischen 19 und 28 Jahre alt. Der Frauenanteil betrug 50%. Fünf Student*innen haben bereits vor der Aufnahme des Studiums eine Berufsausbildung absolviert.
Der Interviewleitfaden bestand aus einem einführenden Teil mit demografischen Fragen und einem weiterführenden Teil mit Fragen zum Modulhandbuch des Studiengangs, zum Kompetenzverständnis hinsichtlich fachbezogener Kompetenzen und überfachlicher Schlüsselkompetenzen, zum kompetenzorientierten Prüfen sowie zu erwarteten Kompetenzen im anvisierten Berufsfeld (siehe Tabelle A2 im Anhang). Die Interviews wurden über den Videokonferenzanbieter Zoom von der Erstautorin geführt und aufgezeichnet, da ein Face-to-face-Kontakt zu den Befragten aufgrund der Corona-Pandemie nicht möglich war. Sie dauerten insgesamt 55 Minuten im Durchschnitt, wobei rund 30 Minuten auf die vorliegende Thematik entfielen.
Die Interviewdaten wurden vollständig, wortwörtlich transkribiert und ausgewertet. Die Auswertung erfolgte als computerunterstützte, qualitative Inhaltsanalyse nach den Regeln einer Extraktion (Gläser & Laudel, 2010) als regelgeleitete Informationsentnahme mithilfe eines (offenen) Kodierleitfadens. Im Kodierleitfaden wurde die Differenzierung in Fach- und Schlüsselkompetenzen aufgenommen. Extrahiert und ausgewertet wurden die Nennung einer Kompetenz (Häufigkeit) und die Beschreibung dieser Kompetenz. Es wurden außerdem Taxonomiestufen mit den zugehörigen Verben zur Beschreibung der Prozessdimension der Kompetenzen aufgenommen. Zur technischen Unterstützung wurde für die Kodierung die Software MAXQDA herangezogen.
Eine Limitation der Studie liegt darin, dass alle Interviewpartner*innen entweder aktuell an den Veranstaltungen der Interviewerin teilnehmen oder in der Vergangenheit teilgenommen haben. Somit könnte es zu einer Verzerrung von Antworten durch ein strukturelles Abhängigkeitsverhältnis zwischen Dozent*innen und Student*innen oder aufgrund sozialer Erwünschtheit gekommen sein. Die Generalisierbarkeit der Ergebnisse wird durch den lokalen Kontextbezug eingeschränkt, da Student*innen eines spezifischen Studienprofils an einem Standort untersucht wurden. Mit Blick auf die fachspezifischen Kompetenzbereiche konnten allerdings bereits Dunkel et al. (2018) zeigen, dass sich die fachliche Schwerpunktsetzung bei Sportmanagementstudiengängen ähnelt. Insofern wird durch die Angleichung der Curricula auch eine Ähnlichkeit der Studieninhalte vorausgesetzt, so dass sich die hier gewonnenen empirischen Ergebnisse vorsichtig verallgemeinern lassen. Neben der Generalisierbarkeit sollte auch Glaubwürdigkeit dahingehend gewährleistet sein (Lincoln & Guba, 1986), dass sich Interviewerin und Interviewpartner*innen durch die Kommunikation in gemeinsamen Lehrveranstaltungen kennen und Interviewaussagen vor dem Hintergrund dieser Bekanntschaft gedeutet werden können. Insofern kann diese Bekanntschaft sowohl limitierend wirken als auch zur Glaubwürdigkeit der Ergebnisse beitragen.

ERGEBNISSE

Interviewaussagen zum allgemeinen Kompetenzverständnis der befragten Student*innen zeigen, dass akademische Kompetenzen als das Verstehen domänenspezifischen Wissens auf der zweiten Taxonomiestufe aufgefasst werden. Insbesondere das Verstehen, Klassifizieren und Interpretieren von Theorien wird vielfach hervorgehoben:
„(…) in Bezug auf also soziologische Theorien und das irgendwie einzuordnen und zu verstehen, warum manche Dinge so sind, wie sie sind in der Gesellschaft“ (IP8).
„Ja bei den soziologischen frage ich mich das manchmal sehr, was ich daraus erwerben soll. Manchmal denke ich so ja, es ist die Kernkompetenz, dass ich da rausgehe, dass ich einen soziologischen Text verstehe“ (IP6).

Fachkompetenzen
Student*innen äußern ihre Erwartungen bezüglich der Fachkompetenzen, indem sie die Wissensverbreiterung im Sinne des HQR (KMK, 2017) hervorheben.
„Also ja, auf jeden Fall, dass ich im Sportbereich ökonomisch und soziologisch vorbereitet werde [---], dass ich weiß, wie ich Events organisiere, wie ich einen Sportverein leiten kann, wie Marketing funktioniert, [---] ja allgemein wie Wirtschaft funktioniert“ (IP1).
„Also, da habe ich schon eher immer das Gefühl gehabt, das uns halt theoretisches Wissen beigebracht wird und viele Theorien (…)“ (IP10).
Die Formulierungen im Passiv „ich im Sportbereich (…) vorbereitet werde“ und „uns…beigebracht wird“ deuten darauf hin, dass die Verantwortung zum Kompetenzerwerb auf Seiten der Universität verortet wird. Es wird außerdem häufig betont, dass Grundlagenwissen zum Sportsystem im Vordergrund des Wissenserwerbes stehen.
„(…) Ja so in die Richtung Sport und Wirtschaft oder Sportsoziologie einfach, dass man da so etwas wie ein Grundlagenverständnis bekommt“ (IP7).
„Und diese Spezialität des Sportes, sage ich einmal, die wurde ja eigentlich gefühlt auch in unserer ersten Vorlesung damals, „‘Historische und soziologische Fragen‘“ behandelt“ (IP14).
„(…) ich glaube, wir lernen viel [---] allgemeines Wissen über Sport und besonders auch Sportsoziologie“ (IP5).
„Allgemeine Kompetenzen, sage ich einmal jetzt schon auf Sport, schon auf das Feld bezogene auf jeden Fall irgendwie so das Sportsystem an sich, wie das irgendwie funktioniert in unterschiedlichen Sportarten“ (IP12).

Auch diese Aussagen deuten darauf hin, dass Student*innen auf die Frage nach erwerbbaren Fachkompetenzen auf sportspezifisches Fachwissen im Sinne eines „konzeptionellen Wissens“ (HRK, 2015, S. 3) verweisen, das sich in der Kenntnis der Theorien, Modelle und Strukturen einer Fachdomäne zeigt. Deutlich wird auch, dass die wahrgenommenen Fachkompetenzen als Kompetenzen auf der ersten Stufe der kognitiven Taxonomie eingeordnet werden (HRK, 2015).
Außerdem wird in vielen Interviewaussagen auf das Methodenwissen verwiesen. Hier wird explizit nicht der Begriff der Methodenkompetenz benutzt, da sich Student*innen in beiden Aussagen nicht auf Fähigkeiten beziehen, Wissen anzuwenden und lösungsorientiert zu nutzen. Die Äußerungen lassen sich eher im Sinne der Wissensverbreiterung als Fachkompetenz einordnen.
„(…) Dann natürlich diese ganzen statistischen Verfahren, also statistische Auswertungen, die ganzen Sachen, die waren ja auch relativ zentral immer und auch wichtig, gerade auch in Vorbereitung auf die Abschlussarbeit. Das war relativ wichtig und hat man, finde ich, auch gut gelernt, weil es auch irgendwie immer wieder kam“ (IP12).
„Also ich glaube an statistischen Sachen machen wir einmal eine Vorlesung, Forschungsmethoden und jetzt im Projektseminar eben Stata und Excel haben wir ja auch ein bisschen gemacht, das ganz gut auch war, glaube ich“ (IP5).

Schlüsselkompetenzen
In Bezug auf die Entwicklung von Schlüsselkompetenzen wurden vielfach Teamfähigkeit, Kommunikationsfähigkeit und Selbstständigkeit genannt. Teamfähigkeit wurde insbesondere von acht Interviewpartner*innen hervorgehoben, gefolgt von sechs Beschreibungen zur Selbstständigkeit und fünf zur Möglichkeit, Kommunikationsfähigkeiten (schriftlich und verbal) zu entwickeln. Ergänzend wurden Zeitmanagement und Führungskompetenz als im Studium erwerbbare Kompetenzen erwähnt.
„Teamfähigkeit auf jeden Fall durch die ganzen Forschungsprojekte. Durch die ganzen Präsentationen, die man selber machen muss, musst du halt einfach teamfähig sein. Du musst dich auch unterordnen können oder einordnen können in die Gruppe. Auf neue Menschen einstellen“ (IP11).
„Man hat ja viel so Gruppenarbeiten auch und auch viele Gruppenprojekte gehabt, deswegen sage ich mal so Sozialkompetenz auf jeden Fall, dass man mit anderen Leuten auch arbeiten kann. Auch mit Leuten, die man jetzt vielleicht nicht so gut kennt. Seien es jetzt Podiumsdiskussionen, seien es Vorträge oder auch irgendwie so Gruppenarbeiten, Forschungsberichte, das auf jeden Fall schon auch. Aber halt auch, sich irgendwie selbstständig zu organisieren. Das ist ja bei allen Sachen auch bei Klausurvorbereitungen und so etwas. Da ist man ja mehr oder weniger nur auch auf sich selbst gestellt; dass man sowohl alleine arbeiten kann, aber auch diese Gruppenkompetenz hat, mit anderen Leuten zu einem Ergebnis zu kommen“ (IP12).
„Ich finde, die bekommt man, wenn man jetzt zum Beispiel schon alleine verschiedene Klausuren hat und muss die unter einen Hut bringen, weil es ja meistens auch Modulklausuren sind. (…) Und dann muss man sich die Zeit einplanen, dafür ist schon einmal Zeitplanung, Management und Organisation wichtig und dann aber auch das, ja, wenn man irgendwie mal eine Präsentation mit einem Kommilitonen machen muss. Und dann das auf jeden Fall auch die Zusammenarbeit, die Empathie und das Kommunizieren. (…) Also ja, ich finde, das kommt mehr oder weniger so automatisch im Studium, wenn man es ernst nimmt und richtig macht“ (IP2).

Die Interviewten sind folglich der Überzeugung, dass Teamfähigkeit über die gemeinsame Arbeit an Gruppen- oder Projektarbeiten erworben werden kann. Kommunikationsfähigkeiten können etwa über Präsentationen und die Zusammenarbeit zwischen den Student*innen entwickelt werden. Anwendungsbezogene Fähigkeiten, die als Methodenkompetenz interpretiert werden könnten, werden in den folgenden zwei Zitaten genannt:
„Ich würde schon sagen, weil wenn man zum Beispiel in dem einen Seminar Eventmanagement II auch selber ein Event zum Beispiel organisiert, dass man da sozusagen das Theoretische anwenden kann“ (IP7).
„Naja, die einzelnen Bausteine, wie man ein Event hochzieht, die ich aber natürlich jetzt nicht alle im Kopf habe, aber man hat es immerhin schon einmal gemacht und, worauf man achten muss, die verschiedenen Komponenten, die zusammenkommen, wo man überhaupt anfängt, mit den Akkreditierungen bis zu den Leuten, die man engagiert, damit die Örtlichkeit so hergerichtet ist, wie man die braucht. Die Leute, die man einladen muss als Referenten und all so ein Zeug, das dazugehört, was zu einem großen Event gehört und ja so etwas alles“ (IP8).

Es geht aber in diesem Fall um die Nutzung des theoretischen Wissens zur Eventorganisation in einem anwendungsorientierten Projekt, das im Rahmen einer weiteren Pflichtveranstaltung von den Student*innen durchgeführt wird. In der ersten Interviewaussage wird deutlich, dass die Fähigkeit, ein Event zu organisieren, durch ihren Anwendungsbezug auf der dritten Taxonomiestufe („Anwenden“) eingeordnet wird. Die Interviewaussage eines*r weiteren Student*in zeigt allerdings, dass Methodenkompetenz auch als Fähigkeit zur Organisation des eigenen Studiums aufgefasst wird (im Sinne eines methodischen Vorgehens):
„Allgemein auf jeden Fall so methodische Kompetenzen, sage ich einmal, wie man sich das Studium selber plant, wie man da vorgeht, das hat das auf jeden Fall gefördert“ (IP9).
Schlüsselkompetenzen aus Sicht von Student*innen mit und ohne Berufsausbildung
Student*innen mit abgeschlossener Berufsausbildung vor Antritt des Studiums schreiben den Erwerb von Schlüsselkompetenzen nicht ihrem Universitätsstudium zu:
„ (…) Ich habe in der Ausbildung schon gelernt, wie man selbstständig arbeitet, wie man selbstständig seinen eigenen Alltag meistert und nicht bei den Eltern wohnt (…). Von daher habe ich das da alles schon hinter mir gehabt und bin dann ins Studium gestartet. Und es war eher [---] fast schon für mich persönlich einen Rückschritt, weil ich nicht mehr selbständig war oder ich war wieder auf meine Eltern angewiesen, so gesehen.
 (…) Ja, gut, man lernt natürlich schon, irgendwie mit den Kommilitonen in Kontakt zu treten ist, sich gegenseitig zu helfen, wenn man mal bei einer Vorlesung nicht dabei [sein kann], die Informationen einzuholen oder auch zusammen zu lernen. (…) Allerdings ist das natürlich auch von einem selbst abhängig. Wenn ich wollte, könnte ich mich auch einfach überall alleine hinsetzen und die Aufgaben alleine machen, wenn ich es denn schaffe“ (IP8).
„Ich habe vieles davon in der Ausbildung gelernt, auch mehr oder weniger unfreiwillig. Also dass wir zum Beispiel in der Klassengemeinschaft eine Situation hatten, die komplett in einem Streit ausgeartet [ist]. Und dass man sich dann hinsetzt und dieses ganze Streitthema ausdiskutiert und ausspricht, (…), so was wie mich hinzusetzen und mich selber zu reflektieren und die Kritik von anderen Menschen nicht persönlich zu nehmen, sondern nur auf mein Verhalten zu beziehen und dass ich mein Verhalten in bestimmten Kontexten ja steuern kann und ändern kann und mein Auftreten ändern kann“ (IP6).

Kompetenzen wie Selbstständigkeit und Teamfähigkeit seien demnach kein Verdienst des Studiums, sondern konnten bereits in der Ausbildung entwickelt werden bzw. sind vom individuellen Engagement abhängig. Auch wird die Handlungskompetenz im Sinne der Fähigkeit zur Theorie-Praxis-Verknüpfung von Student*innen mit Ausbildung kritisch bewertet:
„Also, da habe ich schon eher immer das Gefühl gehabt, dass uns theoretisches Wissen beigebracht wird und viele Theorien, aber vielleicht doch tatsächlich der Bezug so zur praktischen Arbeitswelt dann doch an der einen oder anderen Stelle gefehlt hat, dass man vielleicht wirklich manchmal das Gefühl hatte: Okay und was bringt uns das jetzt so in Bezug auf unseren späteren Job?“ (IP10).
„Also, ich glaube, wenn man das, ich sage einmal im Studium, zuerst lernt, diese Bereiche, dann ist man sehr tief in der Materie. Aber man merkt dann, wenn man ins Unternehmen geht, dass ein großer Teil davon gar nicht behandelt wird (…)“ (IP14).
Die folgende Aussage macht deutlich, dass die Fähigkeit zur Einordnung neuer, im Studium erworbener Informationen leichter eingeschätzt wird, wenn praktisches Vorwissen durch eine Ausbildung vorhanden ist. Das akademische Wissen im Sinne der Fachkompetenz wird nicht in Gänze für den Einsatz in der Praxis als relevant eingeschätzt:
„Also ich glaube schon, dass wenn man jetzt rein aus dem Studium kommt, dass man oder das es einem schwerer fällt, dieses Wissen einzuordnen. Das ist der Vorteil, den ich dadurch habe, dass ich die Ausbildung habe“ (IP14).

Der/die Interviewte macht damit deutlich, dass für ihn/sie die Fachkompetenz auf der zweiten Stufe nach Blooms Taxonomie (KMK, 2017) besser zu erreichen ist, wenn Student*innen bereits Praxiserfahrung haben.
Diese*r Student*in ohne Ausbildung schätzt den potentiellen Erwerb von Fach- und Methodenkompetenzen jedoch positiv ein:
„Ich hätte auf jeden Fall gesagt: schon, weil man da ja wirklich auch an eigenen Projekten arbeitet. Also man bekommt das sozusagen nicht alles vorgekaut wie in einer Vorlesung und muss das dann in der Klausur irgendwie wiedergeben, sondern man bekommt, ich sage jetzt einmal so eine Art Leitfaden an die Hand oder auf jeden Fall Hilfestellung. Aber man muss sich das dann im Endeffekt auch schon erarbeiten, wie es dann wahrscheinlich auch später im Job sein wird, dass man irgendwie so eine generelle Anweisung, sage ich jetzt einmal bekommt oder eine Hilfestellung, Leitfaden und dass man daraus dann ein eigenes Projekt sozusagen entwerfen muss oder soll“ (IP7).

Er/sie betont, dass gerade im Rahmen projektorientierter Veranstaltungen im Studium Student*innen aufgefordert sind, selbstständig zu arbeiten und befähigt werden, eigene Problemlösungen zu erarbeiten. Demnach kann die beschriebene Kompetenz sogar auf Stufe 6 der kognitiven Taxonomie („[Er-]Schaffen“) eingeordnet werden.

DISKUSSION UND FAZIT

Die Studie hat das Kompetenzverständnis in sportwissenschaftlichen Sportmanagementstudiengängen aus Student*innensicht untersucht. Die Ergebnisse der qualitativen Interviews zeigen, dass allen Interviewten das Modulhandbuch nicht oder nur in geringem Maße bekannt ist (Kühl, 2018). Insgesamt entwickeln Student*innen nur sehr vage Vorstellungen von sportmanagementspezifischer Fachkompetenz. Konkrete Beschreibungen für Fähigkeiten lassen sich kaum identifizieren. Dieses Teilergebnis ist bereits von Hessler et al. (2013) für Student*innen der Soziologie- und Sozialwissenschaften festgehalten worden. Fachspezifische Kompetenzen, die auf Nachfrage genannt werden, sind sportspezifisches Grundwissen, wirtschaftswissenschaftliche Kenntnisse und Wissen zu statistischen Methoden. Hessler et al. (2013) nennen als zentrales Konzept für Student*innen der Soziologie und Sozialwissenschaften den „soziologischen Blick“, verstanden als „besondere Reflexionsfähigkeit und Distanz zum Gegenstand“ (S. 70). Für Student*innen im Sportmanagement ist eine äquivalente Kernkompetenz nicht so deutlich erkennbar.
Die Formulierungen der Interviewten deuten insgesamt daraufhin, dass die Kompetenzen hinsichtlich des Niveaus eher auf der ersten bis dritten Stufe der kognitiven Taxonomie eingeordnet werden, ohne dass den befragten Student*innen diese Stufung der Lernergebnisse bekannt sein dürfte. Dunkel et al. (2018) resümieren allerdings, dass Fachkompetenzen in Curricula von Bachelorstudiengängen grundsätzlich vorrangig auf den ersten drei Taxonomiestufen formuliert werden (Wissenserwerb und Verstehen).
Schlüsselkompetenzen und deren Entwicklungsmöglichkeiten im Studium scheinen Student*innen besser begreifen zu können. Den Erwerb dieser sieht ein Großteil der Interviewten als gewährleistet an. Sie erklären Teamfähigkeit, Kommunikationskompetenz (Sozialkompetenzen) und die Entwicklung von Selbstständigkeit (Selbstkompetenz) zu den wichtigsten Schlüsselkompetenzen (DeLuca & Braunstein-Minkove, 2016). Dieser Befund deckt sich mit den Ergebnissen einer deutschlandweiten Absolvent*innen-Befragung zum Erwerb relevanter Schlüsselkompetenzen, in der selbstständiges Arbeiten und Kommunikationsfähigkeiten ebenfalls besonders hervorgehoben werden (Schaeper & Briedis, 2004).
Hingegen vermuten Student*innen mit vor dem Studium abgeschlossener Berufsausbildung, die relevanten Schlüsselkompetenzen nicht im Studium erworben zu haben. Auch diese Wahrnehmung wird von Absolvent*innen anderer Studiengängen geteilt, die viele (beschäftigungsrelevante) Erfahrungen in Beschäftigungen neben dem Studium gemacht haben (Schaeper & Briedis, 2004). Entgegen der gestiegenen Bedeutung aus Praktiker*innensicht wurden Social-Media-bezogene Kompetenzen nur von einem*r Interviewpartner*in genannt (Pate & Bosley, 2020).
Die theoretischen Implikationen der Studie liegen in einer differenzierten theoretischen Auseinandersetzung des Kompetenzbegriffs aus der Perspektive universitärer, sportwissenschaftlicher Studiengänge mit Fachrichtung Sportmanagement. Mithilfe der vorliegenden Ausführungen zum Kompetenzverständnis von Student*innen kann die Rolle Student*in in der Organisation Universität genauer beschrieben und gedeutet werden. Das Kompetenzverständnis lässt Einblicke in die typisch-studentische Deutung der eigenen Rolle im Wissenserwerb zu, wobei sich Student*innen eher als Konsumenten von Wissen statt als Mitproduzenten im Kompetenzerwerb sehen. Das Erfassen des studentischen Kompetenzverständnisses kann somit erste Hinweise darauf geben, wie wissenschaftsorientiert bzw. schulorientiert sich Sportmanagement-Student*innen bei der Erlangung von Beschäftigungsfähigkeit zeigen.
Die Befunde haben Implikationen für Universitäten sowie Dozent*innen und Student*innen in Sportmanagementstudiengängen. So sind Universitäten bzw. Dozent*innen gefordert, sowohl das festgestellte Informationsdefizit zum Fachkompetenzerwerb zu beheben als auch zu vermitteln, dass Kompetenzentwicklung auf unterschiedlichen Niveaustufen erfolgt. Die Aufklärung der Student*innen scheint allerdings auch im Hinblick auf die eigene Verantwortlichkeit zur Profilbildung erforderlich. Informationsdefizite könnten durch die Einrichtung von Beratungsangeboten in den jeweiligen Fachbereichen zu Beginn des Studiums behoben werden. Ergänzend sollten Student*innen in die Gestaltung der Lehre einbezogen werden, damit die eigene Rolle „weg vom eher passiven Lernenden hin zum aktiven und selbstständigen Lerngestaltenden“ (Brinker, 2014, S. 216) angenommen werden kann. Dozent*innen könnten sich vielmehr als Lernberater*in oder Coach erachten als ausschließlich in der Rolle der*des Wissensvermittlers*in (Brinker, 2014). Da Kompetenzaneignung individuell erfolgen muss (Schaper et al., 2012), sollte Beratung über eine einfache Studienverlaufsplanung hinausgehen. Studienbegleitend sollten Mentoring-Konzepte, Bilanzierungsmethoden, Coachingangebote oder Selbstassessment- und Portfolioverfahren angeboten werden (Schaper et al., 2012). Insbesondere der Einsatz (studentischer) Mentor*innen könnte ein geeignetes Instrument darstellen, um das individuelle fachliche und überfachliche Kompetenzverständnis sicherzustellen.

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DOI

DOI: 10.25847/zsls.2021.037

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