Wissenschaftliches Denken und Arbeiten im Sport-Lehramtsstudium:

... Zufriedenheit und gewünschte Zusatzangebote

André Poweleit, Jeannine Ohlert

DOI: 10.25847/zsls.2021.054

ZUSAMMENFASSUNG

Wissenschaftliche Denk- und Arbeitsweisen sind ein zentraler Bestandteil jeglichen Studiengangs einer Hochschule und gehen auch im Kontext der Lehrer*innenbildung mit Professionalisierungsansprüchen einher. So gilt es in Form eines anzubahnenden wissenschaftlich-reflexiven Habitus die Pädagogen (aus) zu bilden, eigenes unterrichtliches Denken und Handeln professionell deuten und weiterentwickeln zu können. Mit Blick auf wissenschaftliche Erkenntnisse ist das Interesse an sowie die bekundete Relevanz von wissenschaftsorientierten Studieninhalten ambivalent, da nicht alle Lehramts- und Sportstudierenden einen Mehrwert damit verbinden und vielmehr praxisorientierte Studieninhalte als bedeutsam(er) kennzeichnen. Des Weiteren sind Sportstudierende mit den vorhandenen Studienangeboten zum wissenschaftlichen Denken und Arbeiten eher unzufrieden. Vor diesem Hintergrund wurde mittels einer Fragebogenerhebung der Frage nachgegangen, wie zufrieden Sport-Lehramtsstudierende mit den gegebenen curricularen Angeboten ihrer Hochschule zum wissenschaftlichen Denken und Arbeiten sind. Daneben waren spezifische Bedürfnisse an extracurricularen Unterstützungsangeboten (wie individuelle Beratung und/oder Workshops zu bestimmten Aspekten) zu erkunden. Die Zufriedenheit der befragten Sport-Lehramtsstudierenden war insgesamt eher unterdurchschnittlich (häufig unter dem Skalenmittelwert). In Bezug auf die spezifischen Bedürfnisse zeichnete sich ein erhöhtes Interesse an zusätzlichen Unterstützungsangeboten ab, wie z. B. eine persönliche Beratung zu Bachelor- und Masterarbeiten sowie eine Internetseite mit Informationen zum wissenschaftlichen Arbeiten. Hierbei war auffällig, dass bestimmte Bedürfnisse je nach Studienphase variieren. Auf Basis der im Beitrag generierten Ergebnisse, die insgesamt einen Optimierungsbedarf an Angeboten zum wissenschaftlichen Denken und Arbeiten zu erkennen geben, sind weiterführend mögliche Maßnahmen und Folgerungen sowohl für das standortspezifische Lehramtsstudium als auch übergreifend für die Lehrer*innenbildung zu diskutieren. 

 

1 EINFÜHRUNG UND PROBLEMSTELLUNG


Das Studium als erste (hochschulische) Lehramtsausbildungsphase hat den Anspruch, den Studierenden sowohl fachspezifische als auch bildungswissenschaftliche Kompetenzen zu vermitteln, um diese auf ihr späteres Berufsfeld als Lehrkraft ausreichend vorzubereiten (vgl. DSLV, dvs, DOSB & FSW, 2019, Memorandum Schulsport). Mit dem Ziel eines akademischen Abschlusses ist nicht nur eine methodisch-didaktische, sondern auch eine wissenschaftliche (Aus-)Bildung von Bedeutung. Demnach sind auch übergreifende (insbesondere forschungsmethodologische und -methodische) Kompetenzen zu fördern. Gerade über diese wissenschaftlich geprägte Auseinandersetzung im Setting (Schul-)Sport lässt sich eine Differenz zu nicht akademisch qualifizierten Sportlehrkräften und Trainer*innen herstellen (vgl. dvs, asp, FSW & DSLV, 2017, sportwissenschaftliches Kerncurriculum; Hottenrott et al., 2017, Memorandum Sportwissenschaft). Von den Studierenden werden somit im Laufe des Studiums unterschiedliche wissenschaftliche Arbeiten (u. a. die obligatorischen Abschlussarbeiten des Bachelor- und Masterstudiengangs oder auch das in den Praxisphasen verankerte Forschende Lernen, vgl. hierzu z. B. Ukley & Gröben, 2018) erwartet, was auch impliziert, wissenschaftlich denken zu können.
Im Rahmen der vorliegenden Untersuchung gilt es – unter Berücksichtigung ausgewählter Befunde – der Frage nachzugehen, ob die Studierenden während ihres Studiums mit den curricularen Angeboten zum wissenschaftlichen Denken und Arbeiten zufrieden sind. Über die Rückmeldung der Studierenden sollen weiterführend Maßnahmen zur Beratung und Unterstützung abgeleitet werden, um diesen Bereich weiter zu stärken.

Theoretische Hinführung
In Anlehnung an Kleinert und Pels (2020) stehen die beiden Begriffe wissenschaftliches „Denken“ und „Arbeiten“ für all jene Prozesse, die während einer wissenschaftlichen Tätigkeit ablaufen:
„Die wissenschaftlichen Denkprozesse umfassen dabei Bereiche wie Beurteilen (z. B. Beurteilen von Literatur), Planen (z. B. Untersuchungsplanung) oder gedankliche Konstruktionen (z. B. Theoriebildung zum Beschreiben von Zusammenhängen).Die wissenschaftlichen Arbeitsprozesse umfassen hingegen eher unmittelbar handlungsbezogene Bereiche wie Recherchieren (z. B. Literaturrecherche), Datenerhebung (z. B. Durchführung einer Befragung), Datenauswertung (z. B. statistische Analysen) und Schreiben (z. B. Verfassen eines wissenschaftlichen Artikels). Die ablaufenden Denk- und Arbeitsprozesse sind dabei ständig wechselseitig miteinander verknüpft“ (ebd., S. 32).
In allen Wissenschaftsbereichen (sowohl Lebens- als auch Gesellschaftswissenschaften) erfolgt das wissenschaftliche Denken und Arbeiten nicht willkürlich, sondern ist durch spezifische Merkmale und Standards gekennzeichnet:

  • Aufarbeitung bestehender Erkenntnisse, Klärung zentraler Begriffe sowie eigenständige und kreative Gedankenarbeit
  • systematisches, regelgeleitetes und methodisch kontrolliertes Vorgehen
  • Fundierung der Aussagen und Objektivierung
  • überprüfbares und reflektiertes sowie präzises, eindeutiges und logisches Argumentieren
  • sorgfältige und einheitliche Darstellung (formale und technische Aspekte)
  • Redlichkeit (Kennzeichnung sämtlicher Bezugsquellen)
  • (vgl. detailliert Bohl, 2018; Roos & Leutwyler, 2017)

Damit unterscheidet sich das wissenschaftliche Denken und Arbeiten aufgrund seiner kontrollierten, planvollen und genauen Vorgehensweise bzw. seines Anspruchs um intersubjektive Klarheit und Nachvollziehbarkeit von alltäglichen (intuitiven oder naiven) Denk-, Argumentations- und Handlungsweisen (Fromm & Paschelke, 2017; Kleinert & Pels, 2020). Danach ist festzuhalten, dass wissenschaftliches Denken und Arbeiten im Studium mehr ist als eine (reine) Wiedergabe vorliegender Texte oder eine (blinde, unreflektierte) Anhäufung von Wissen. Es stellt vielmehr eine intensive Auseinandersetzung mit Themen, Perspektiven, Erfahrungen und Theorien dar, sodass auch die eigene Innenwelt nicht einfach unhinterfragt bestehen bleibt, sondern überprüft und zur Diskussion gestellt wird (Bohl, 2018, S. 10; Roos & Leutwyler, 2017, S. 15-16). Hierüber können schließlich individuelle Sichtweisen bestätigt, revidiert, differenziert und/oder erweitert werden. Eine solch reflektierte und realitätsprüfende Grundhaltung aus der „Wissenschaft“ sollte auch von Studierenden jeglichen akademischen Studiengangs kultiviert werden, um eigenes (präferiertes) Denken und Handeln sowohl im Beruf als auch im Alltag professionell deuten und weiterentwickeln zu können (ebd.).
Dies wird auch in der (Sport-)Lehrer*innenbildung als lohnenswert gekennzeichnet. So ist auch dort wissenschaftliches Denken und Arbeiten u. a. in Form eines Forschenden Lernens in den Praxisphasen des Lehramtsstudiums (z. B. Basten, Mertens, Schöning & Wolf, 2020) sowie in weiteren, einzelnen (schulform)spezifischen Lehrveranstaltungen der Studienfächer (inkl. Bildungswissenschaften) verankert, was wiederum standortspezifisch – mit unterschiedlicher inhaltlicher Fokussierung und Anzahl der Angebote – konkretisiert wird (für das Fach Sport in NRW vgl. z. B. Fischer, Gissel & Pfitzner, 2018). Im Kontext der Professionalisierung von (angehenden) Lehrkräften wird gemeinhin ein wissenschaftlich-reflexiver Habitus als essentiell angesehen, mit dem es gelingt, sozialisiertes (Erfahrungs-)Wissen und damit einhergehende (eindimensionale) praktische Routinen auf Basis wissenschaftlich fundierter Wissensbestände kritisch zu hinterfragen (Combe & Kolbe, 2008; Helsper, 2001). Ohne eine solche Reflexivität besteht die Gefahr bzw. Tendenz, dass ein gewünschter Perspektivwechsel (von dem*der Sportler*in zum*zur Pädagog*in) ausbleibt und nur biografisch geprägte bzw. präferierte fachkulturelle Wahrnehmungs-, Denk- und Handlungsmuster in der Berufspraxis imitiert werden, wodurch bestehende Erziehungs- und Bildungsansprüche keine ausreichende Berücksichtigung erhalten (Poweleit, 2019; 2021). Unter Rekurs auf Helsper (2001) wird schließlich im Rahmen der Lehrer*innenbildung eine Notwendigkeit einer doppelten Professionalisierung gesehen, die einerseits ein pädagogisch-praktisches Können und andererseits eine wissenschaftliche Reflexivität impliziert, um die (zukünftigen) antinomischen Berufsaufgaben professionell bewältigen und gestalten zu können. Zusammenfassend ist sowohl für Novizen als auch für erfahrene Lehrkräfte notwendig, eigenes unterrichtliches Handeln und bewährte Routinen, die (primär) auf Alltagswissen bzw. biografisch geprägten Wissensbeständen beruhen, einer kritisch-prüfenden und wissenschaftlich-gesicherten Reflexion zu unterziehen und dieses letztendlich gut begründet bestehen zu lassen oder eben zu erneuern (Kastrup, Gröben & Ukley, 2020).  Hier ist zu ergänzen, dass eine Lehrer*innenbildung erst dann reflexiv werden kann, wenn die eigenen normativen Orientierungen bzw. inhaltlichen Reflexionsfolien verdeutlicht und festgelegt sind. Eine reflexive Professionalität benötigt also akademisches (Fach-)Wissen, worauf Bezug genommen werden kann (Häcker, 2019, S. 88-89).  
Damit also dieses anspruchsvolle Anliegen der Anbahnung eines reflexiven Habitus überhaupt gelingt, bedarf es bestimmter Voraussetzungen. So benötigen die Studierenden für die Professionalisierung fachwissenschaftliche, methodisch-didaktische und forschungsmethodische Kompetenzen (Kastrup et al., 2020). Letzteres, also übergreifend die Vermittlung von wissenschaftlichen Denk- und Arbeitsprozessen, ist äußerst bedeutsam,
„weil nur eine Lehrkraft, die forschungsmethodisch kompetent ist, am wissenschaftlichen Diskurs kritisch teilhaben kann. Nur so kann die Lehrkraft die richtigen Fragen stellen, sie methodisch bearbeiten und den Problemen entsprechend auf den Grund gehen […]. Die Kenntnisse im forschungsmethodischen Bereich dienen somit zur von Helsper geforderten wissenschaftlich fundierten Reflexion des eigenen Lehrkräftehandelns“ (ebd., S. 146-147).
Somit ist eine wesentliche Gelingensbedingung für das Forschende Lernen an Hochschulen und damit einhergehende Professionalisierungsansprüche, dass den Studierenden das notwendige Handwerkzeug wissenschaftlichen Denkens und Arbeitens zur Verfügung steht und sie dieses auch entsprechend anwenden können (Hellmer, 2009). Im Anschluss daran stellt sich die Frage, ob sich die Studierenden hinsichtlich forschungsmethodischer Kompetenzen, die schließlich Voraussetzung für weiterführende Professionalisierungsprozesse sind, tatsächlich ausreichend vorbereitet fühlen.  


Ziel der vorliegenden Studie unter Berücksichtigung ausgewählter Befunde zum wissenschaftlichen Denken und Arbeiten
Allgemein scheinen Sportstudierende kaum einen Zusammenhang zwischen wissenschaftlichen Denk- und Arbeitsweisen und späterer Arbeitswelt zu sehen und schätzen praxisorientierte Studieninhalte wichtiger ein; vor allem Studienanfänger*innen scheint der Nutzen nicht bewusst zu sein und bekunden ein geringeres Interesse (Kleinert & Pels, 2020).
Ähnlich wie in den sportwissenschaftlichen Studiengängen scheint auch für Lehramtsstudierende allgemein wissenschaftliches Denken und Arbeiten im Vergleich zu praktischen Bestandteilen im Studium für die Ausübung des Berufs eine geringere Relevanz zu haben, denn sie sehen sich nicht oder nur in geringem Maße als Wissenschaftlicher*innen, sondern vielmehr als praktizierende Lehrkräfte, die primär Lehrerfahrungen benötigen (u. a. Schindler, Rosell & Gleis, 2018).
Auch Sport-Lehramtsstudierende scheinen nicht darin bestärkt zu werden, dass wissenschaftliche Reflexivität für die eigene Profession bedeutsam ist (u. a. Wegener & Faßbeck, 2018). So geht unter dem praktischen Handlungsdruck im Schulalltag oftmals die Tendenz einher, dass weniger eine kritische, forschend-reflexive Auseinandersetzung des unterrichtlichen Handelns vorgenommen, sondern verstärkt  unreflektiert auf subjektive Erfahrungen aus der eigenen außerschulischen und schulischen Praxis oder anderer Lehrkräfte bzw. Kolleg*innen zurückgegriffen wird (Ukley & Bergmann, 2020, S. 150). Auf der anderen Seite ergeben andere Studien, dass forschungsorientierte Denk- und Handlungsweisen in Bezug auf ein stetiges Weiterbilden im Beruf bzw. im Sinne der Professionalisierung unterrichtlichen Handelns von angehenden Lehrkräften als nützlich eingestuft werden (Homt, Bloh & Grosser, 2020; vgl. auch Feiel, Gramm, Mahn & Mühl, 2019). Dementsprechend liegen mehrdeutige Betrachtungen vor.
Hinsichtlich der Zufriedenheit mit Studienangeboten wissenschaftlichen Denkens und Arbeitens zeichnet sich tendenziell eine unbefriedigende Bewertung ab. An der gleichen Hochschule (Deutsche Sporthochschule Köln), an der die vorliegende empirische Untersuchung stattfand, sind Studierende aus (nicht lehramtsspezifischen) sportwissenschaftlichen Studiengängen mit den vorhandenen Studienangeboten (z. B. wissenschaftliche(s) Arbeitstechniken und Schreiben) eher unzufrieden (Kleinert & Pels, 2020). Für das Sport-Lehramtsstudium, welches im Vergleich weniger solcher Lehrveranstaltungen oder in anderer Form curricular verankert hat, liegt aktuell noch keine ausreichende Datengrundlage vor. Mit Blick auf die lehramtsspezifischen Bachelor-Studienpläne für das Fach Sport am Untersuchungsstandort wird in lediglich einer Lehrveranstaltung explizit das wissenschaftliche Denken und Arbeiten aufgegriffen; in bestimmten Schulformen (Grund- und Förderschule) ist es sogar in expliziter Form überhaupt nicht Teil des Curriculums [Stand 18.03.2022]. Ergänzend hierzu ist noch das Konzept des Forschenden Lernens in den Praxisphasen (Eignungs- und Orientierungspraktikum sowie Berufsfeldpraktikum) des bildungswissenschaftlichen Studiums integriert. Im Masterstudium werden neben dem Forschenden Lernen im Praxissemester explizit zwei Lehrveranstaltungen mit wissenschaftlich-methodischer Ausrichtung angeboten. Gewiss können auch in anderen Lehrveranstaltungen eine reflektierte Grundhaltung und/oder entsprechende Denk- und Arbeitsweisen aus der Wissenschaft vermittelt werden, allerdings hängt dies wohl häufig von der jeweiligen Lehrkraft ab. In diesem Zusammenhang wird vermutet, dass der wissenschaftliche Studienanteil insgesamt zu kurz kommt und sich damit die Sport-Lehramtsstudierenden auch nicht ausreichend vorbereitet fühlen und somit mehr Unterstützungsangebote benötigen. Dies gilt es im vorliegenden Beitrag empirisch zu prüfen.
Vor dem Hintergrund der vorangegangen Ausführungen war Ziel der vorliegenden Studie, die Zufriedenheit der Sport-Lehramtsstudierenden mit den curricularen Angeboten zum wissenschaftlichen Denken und Arbeiten während des Studiums zu erheben und zudem das Bedürfnis nach extracurricularen Angeboten zu eruieren. Ergänzend hierzu wurden Unterschiede zwischen den Studierenden in den verschiedenen Phasen des Studiums (Einstiegsphase, Bachelor, Master) untersucht. Hier sind z. B. aufgrund der steigenden Anforderungen wissenschaftlichen Denkens und Arbeitens in den einzelnen Studienphasen unterschiedliche Bedürfnisse zu erwarten. Mit Rücksicht auf das eingangs beschriebene Bildungsanliegen der Entwicklung eines wissenschaftlich-reflexiven Habitus soll aus den gewonnenen Erkenntnissen auch erste Folgerungen für die Lehrer*innenbildung abgeleitet werden.
 

2 METHODE


Teilnehmende
Insgesamt 187 Sport-Lehramtsstudierende nahmen an der Befragung teil, hiervon waren 59% weiblich und 41% identifizierten sich als männlich. Das Durchschnittsalter lag bei 22.84 Jahren (SD = 3.06 Jahre). Die überwiegende Mehrheit (64%) studierte für das Lehramt an Gymnasien und Gesamtschulen, 17% für das Lehramt an Förderschulen, 11% an Haupt-, Real-, Sekundar- und Gesamtschulen, 7% an Grundschulen und 1% an Berufskollegs. Für die Studie wurden die Studierenden in drei Gruppen eingeteilt: 30 Studierende befanden sich in der Anfangsphase des Studiums (erstes Semester), 98 im weiteren Bachelorstudium (Semesterzahl M = 4.41; SD = 1.98) und 59 im Masterstudium (M = 8.78; SD = 3.42). Diese Einteilung wurde gewählt, da die Befragung zu Beginn des Semesters durchgeführt wurde und bei den Erstsemestern noch keinerlei Erfahrung mit Aspekten des wissenschaftlichen Arbeitens erwartet wurden, während davon ausgegangen wurde, dass Studierende der höheren Fachsemester bereits Kenntnisse erworben haben – Masterstudierende aufgrund der absolvierten Bachelorarbeit in höherem Maße als Bachelorstudierende.


Messinstrumente
Die Generierung der Items für die verschiedenen Aspekte erfolgte durch vier Personen, die sowohl im Modul „wissenschaftliches Denken und Arbeiten“ im Lehramtsstudium unterrichten als auch am an der Hochschule ansässigen Zentrum für Lehrer*innenbildung für die Beratung der Studierenden zum wissenschaftlichen Arbeiten zuständig sind. Die Items beziehen sich demnach zum einen auf im Modulhandbuch festgelegte curriculare Aspekte und zum anderen auf in der Beratung häufig durch die Studierenden thematisierte Aspekte.

Zufriedenheit mit Angeboten wissenschaftlichen Denkens und Arbeitens
Die Zufriedenheit wurde mit insgesamt neun selbst generierten Items erhoben, die sich auf verschiedene Angebote und Informationen zum wissenschaftlichen Denken und Arbeiten im Rahmen des Sport-Lehramtsstudiums bezogen (die genaue Formulierung der Items kann Tabelle 1 entnommen werden). Die Items wurden auf einer siebenstufigen Likert-Skala von 1 = „überhaupt nicht zufrieden“ bis 7 = „sehr zufrieden“ beantwortet. Diese Fragen wurden nur denjenigen Studierenden gestellt, die sich mindestens im zweiten Bachelorsemester befanden (n = 157), da die Befragung zu Beginn des Semesters stattfand und daher die Studienanfänger noch keine Erfahrungen in dem Bereich aufweisen konnten; das Cronbachs Alpha lag bei .89 für die vorliegende Stichprobe.

Bedürfnis nach extracurricularen Angeboten und Beratungsangeboten
Die Fragen zum Bedürfnis nach extracurricularen Angeboten und Beratungsangeboten wurden allen Teilnehmenden gestellt und vorab selbst generiert. Zehn Items fragten mögliche Workshopthemen sowie ein Internetangebot ab (zum genauen Wortlaut siehe Tabelle 2), und mit fünf Items wurden verschiedene Beratungsangebote und -themen erfasst (siehe Tabelle 2). Die Studierenden bewerteten jeweils auf einer Likert-Skala von 1 = „würde ich auf keinen Fall nutzen“ bis 7 = „würde ich auf jeden Fall nutzen“, wie wahrscheinlich es wäre, dass sie ein entsprechendes Angebot nutzen würden. Das Cronbachs Alpha für die extracurricularen Angebote lag bei .90, für die Beratungsangebote bei .88.

Durchführung
Die Befragung war Teil einer größeren Studie zu Angeboten des Zentrums für Lehrer*innenbildung an der Deutschen Sporthochschule Köln. Alle Sport-Lehramtsstudierenden dieser Hochschule (N ~ 2.000) wurden über den internen E-Mail-Verteiler angeschrieben und darum gebeten, an der Befragung teilzunehmen. Die Befragung erfolgte nach den Vorgaben der American Psychological Association und war für die Befragten freiwillig und ohne Risiken. Es gab keine Kompensation für die Teilnahme an der Befragung. Insgesamt 409 Befragte besuchten die Startseite der Befragung, 202 Teilnehmende füllten den Fragebogen bis zum Ende aus. Die für die aktuelle Auswertung notwendigen Fragen wurden von 187 Personen beantwortet (die übrigen brachen die Befragung vorher ab).

Analysen
Die Items wurden einzeln ausgewertet und Mittelwerte sowie Standardabweichungen deskriptiv dargestellt. Zur Berechnung der Unterschiede zwischen den Gruppen von Studierenden wurden multivariate Varianzanalysen (MANOVA) getrennt für die verschiedenen Bereiche (Zufriedenheit, Bedürfnisse extracurriculare Angebote, Bedürfnisse Beratung) gerechnet. Zeigte die MANOVA signifikante Ergebnisse auf multivariater Ebene, so wurde als Post-Hoc-Test die Roy-Bargmann Stepdown Prozedur nach der Empfehlung von Finch (2007) durchgeführt. Hierfür wurde zunächst aus theoretischer und anwendungsbezogener Sicht eine Rangfolge der jeweiligen Items erstellt und anschließend für das erste Item eine ANOVA durchgeführt. Dieses Item diente anschließend als Kovariate in der ANCOVA für das nächste Item, welches anschließend ebenfalls hinzugefügt wurde. Die Reihenfolge der Items in der Stepdown Prozedur kann der Tabelle 2 entnommen werden (für die Items in Tabelle 1 war die Prozedur aufgrund des nicht signifikanten Ergebnisses der MANOVA nicht notwendig). Die angegebenen Signifikanzen beziehen sich jeweils auf diese Reihenfolge in der Prozedur. Hierbei wurde das α-Niveau aufgrund der multiplen Testung mittels Bonferroni-Korrektur auf .005 für die extracurricularen Angebote sowie auf .01 für die Beratungsangebote korrigiert.

 

3 ERGEBNISSE


Zufriedenheit mit Angeboten wissenschaftlichen Denkens und Arbeitens
Bei der Zufriedenheit mit den Angeboten zum wissenschaftlichen Denken und Arbeiten zeigten sich – auf deskriptiver Ebene insgesamt gesehen – überwiegend Bewertungen, die durchschnittlich schlechter waren als das Skalenmittel von 4 (siehe Tabelle 1). Lediglich die wissenschaftliche Begleitung während der Bachelorarbeit und die Betreuung während Seminar- und Hausarbeiten wurde besser als der Skalenmittelwert beurteilt (Letztere auch nur von den Bachelorstudierenden). Die Informationen zu quantitativen und qualitativen Verfahren wurden insgesamt am schlechtesten bewertet.
Signifikante Unterschiede zwischen Bachelor und Masterstudierenden fanden sich auf der multivariaten Ebene nicht (F(8, 107) = 1.76, p = .093, η²(part) = .12), dementsprechend wurden keine univariaten Vergleiche mehr durchgeführt.


Bedürfnis nach extracurricularen Angeboten
Das Bedürfnis nach extracurricularen Angeboten lag insgesamt für alle Bereiche über dem Skalenmittel von 4 (siehe Tabelle 2). Insbesondere eine Internetseite mit Informationen zu wissenschaftlichem Arbeiten wurde gewünscht. Nach Workshops zur qualitativen und quantitativen Datenanalyse hatte die Gesamtgruppe das geringste Bedürfnis.
Es zeigten sich jedoch signifikante Unterschiede im Bedürfnis für die drei Gruppen von Studierenden auf der multivariaten Ebene (F(20, 334) = 3.11, p < .001, η²(part) = .16). Die Roy-Bargmann Stepdown Prozedur ergab, dass die Effekte auf der Univariaten Ebene lediglich für die Items  „Workshops zu quantitativen Forschungsmethoden“ (F(2, 176) = 14.67, p < .001, η²(part) = .14) sowie “Workshops zur quantitativen Datenanalyse“ (F(2, 172) = 5.80, p = .004, η²(part) = .06) gefunden werden konnten.


Bedürfnis nach zusätzlichen Beratungsangeboten
Bei den persönlichen Beratungsangeboten wurde insgesamt eine recht hohe Nutzungswahrscheinlichkeit angegeben, für alle Bereiche im Durchschnitt über dem Skalenmittelwert von 4 (siehe Tabelle 2). Insgesamt am höchsten wurde die Nutzungswahrscheinlichkeit einer Beratung zu Bachelor- und Masterarbeiten im Allgemeinen bewertet, während Beratungen zu qualitativen und quantitativen Forschungsmethoden und Datenauswertungen am niedrigsten bewertet wurden.
Im Vergleich der drei Gruppen von Studierenden zeigten sich ebenfalls insgesamt signifikante Unterschiede auf multivariater Ebene (F(10, 346) = 2.81, p = .002, η²(part) = .08). Nach Durchführung der Roy-Bargmann Stepdown Prozedur inklusive Anpassung des α-Fehler-Niveaus waren die Gruppenunterschiede für die einzelnen Variablen jedoch nicht mehr signifikant.

 

4 DISKUSSION UND AUSBLICK


Ziel der vorliegenden Studie war zu untersuchen, inwieweit die Sport-Lehramtsstudierenden mit den vorhandenen Angeboten der Hochschule zum wissenschaftlichen Denken und Arbeiten zufrieden sind. Daneben sollten die Bedürfnisse nach extracurricularen Unterstützungsangeboten ermittelt werden.
Die Zufriedenheit ist im Mittel eher gering ausgeprägt, da nur einzelne Items (wie die wissenschaftliche Begleitung während der Bachelorarbeit) etwas höher eingestuft werden als das Skalenmittel von vier. Im Vergleich der beiden Studienphasen (Bachelor und Master) bekunden zumeist die Masterstudierenden – auf deskriptiver Ebene – eine etwas größere Unzufriedenheit.
Mit Blick auf die erfragten Bedürfnisse der Studierenden wird vor allem das Bedürfnis nach persönlicher Beratung recht hoch eingestuft. Insbesondere eine allgemeine Beratung zu Bachelor- und Masterarbeiten erzielt eine hohe Nutzungswahrscheinlichkeit. Zudem besteht der Wunsch nach einer Internetseite mit Informationen zum wissenschaftlichen Arbeiten. Allerdings wird über den Vergleich der einzelnen Studienphasen (Studienbeginn, Bachelor und Master) ersichtlich, dass sich die Bedarfe im Laufe des Studiums verändern. Vor allem für Masterstudierende nehmen bestimmte Angebote an Bedeutsamkeit zu (wie z. B. Workshops zu quantitativen Forschungsmethoden), was wohl durch die erhöhten Anforderungen an forschungsbasierten Ausarbeitungen – wie das Studienprojekt im Praxissemester (vgl. u. a. Fischer et al., 2018) und die abschließende Masterarbeit – zu erklären ist; eine weitere Erklärungsmöglichkeit wäre das gewachsene Bewusstsein für die Relevanz solcher Angebote.
Die Ergebnisse der vorliegenden Studie zeigen, dass Optimierungsbedarf für Angebote und die Thematisierung wissenschaftlichen Denkens und Arbeitens während des Sport-Lehramtsstudiums an der Deutschen Sporthochschule Köln besteht und schließlich vorhandene Lehrveranstaltungen im Curriculum weiterzuentwickeln oder durch weitere Unterstützungsangebote zu ergänzen sind. So ist die Zufriedenheit der befragten Studierenden insgesamt als gering einzustufen; diese unbefriedigende Bewertung deckt sich mit den Ergebnissen einer empirischen Untersuchung in den nicht lehramtsspezifischen sportwissenschaftlichen Studiengängen des selben universitären Standortes (Kleinert & Pels, 2020). Hier ist jedoch zu berücksichtigen, dass ein Lehramtsstudium in seiner Struktur und seinen Lernzielen von den sportwissenschaftlichen Studiengängen zu unterscheiden ist und im Vergleich weniger explizite Lehrveranstaltungen zum wissenschaftlichen Denken und Arbeiten oder in anderer Form (z. B. das Forschende Lernen in den Praxisphasen) curricular verankert hat. Demzufolge werden nachfolgend hauptsächlich spezifische Folgerungen für das Lehramtsstudium an der Deutschen Sporthochschule Köln abgeleitet.
Wie bereits angerissen, sind strukturelle Maßnahmen zu ergreifen, die Studierende beim wissenschaftlichen Denken und Arbeiten fördern. Unter Berücksichtigung der Ergebnisse in der vorliegenden Untersuchung scheinen die curricularen Angebote nicht auszureichen, womit schließlich zu prüfen ist, inwiefern die vorhandenen Lehrveranstaltungen, die das wissenschaftliche Denken und Arbeiten im Studium aufgreifen, optimiert und erweitert werden können – ohne jedoch an dieser Stelle ausführliche Optimierungsmaßnahmen darlegen zu können. Einen möglichen Ansatz zur systematischen Verankerung im Curriculum (nicht lehramtsspezifischer) sportwissenschaftlicher Studiengänge bieten die Überlegungen von Kleinert und Pels (2020): Auf Lehrveranstaltungen, die wissenschaftliche Grundverständnisse und Techniken vermittelt, folgen Übungs- und Projektphasen zur Anwendung der erworbenen Kompetenzen. Innerhalb dieses „longitudinalen Strangs“ soll die Vermittlung von Wissenschaftlichkeit – wo möglich – in das fachliche Lernen integriert sein (ebd.). Gewiss kann dieser Ansatz nicht eins zu eins für das Lehramtsstudium übernommen werden und wäre auf Basis der vorhandenen, spezifischen Strukturen zu modifizieren. Das in den Praxisphasen verankerte Forschende Lernen bietet aber bereits Anknüpfungspunkte, um wissenschaftliche Grundverständnisse und Techniken nicht nur zu erwerben, sondern auch im beruf- und fachspezifischen Kontext anzuwenden.
Neben der Weiterentwicklung curricularer Unterrichtsinhalte können auch weitere extracurriculare Unterstützungsangebote ausgebaut werden. Nachfolgend wird der Versuch unternommen, mögliche ergänzende Angebote zur Förderung des wissenschaftlichen Denkens und Arbeitens im Lehramtsstudium am Untersuchungsstandort herzuleiten:
Auf Basis der am stärksten herauskristallisierten Bedürfnisse der Befragten könnte zum einen eine digitale Materialsammlung mit Informationen zum wissenschaftlichen Arbeiten eingerichtet werden (z. B. in Form von Handreichungen, digitalen Präsentationen, interaktiven Selbstlerneinheiten, Erklärvideos uvm.), die für alle an der Hochschule eingeschriebenen Sport-Lehramtsstudierenden zugänglich ist. Hierüber kann Material zu unterschiedlichen Aspekten und Phasen des wissenschaftlichen Arbeitens zur Verfügung gestellt werden, welches sich nach bestimmten Themen geordnet selbstständig erarbeiten lässt. Vor dem Hintergrund der vorliegenden Ergebnisse wurde dieser Aspekt bereits durch das Zentrum für Sportlehrer*innenbildung an der Deutschen Sporthochschule Köln umgesetzt und erhält auch nach und nach Anwendung seitens der Sport-Lehramtsstudierenden. Ergänzt wird dies durch eine persönliche Beratung, wenn zur digitalen Materialsammlung individuelle Fragen und Anliegen auftreten. Mit Blick in die Zukunft wären bestimmt auch Peer-Feedbacks lohnend, indem als Berater*innen ausgebildete Studierende andere Studierende in den Prozessen wissenschaftlichen Arbeitens im Kontext des Faches Sport begleiten und unterstützen oder auch darüber hinaus Workshops (von Studierenden für Studierende) anbieten, wie es bereits (fachübergreifend) einige Schreibzentren an Hochschulen umsetzen (vgl. z. B. Dreyfürst, Liebetanz & Voigt, 2018). Allerdings sollten vorab erst einmal vorhandene, curricular verankerte Lehrveranstaltungen überprüft und ggf. überarbeitet werden, die das wissenschaftliche Denken und Arbeiten im Studium aufgreifen. Mögliche wiederholende, kollektive „Probleme“, die sowohl in Lehrveranstaltungen als auch in Beratungsangeboten (s.o.) ersichtlich werden, könnten für eine systematische und kriterienorientierte Weiterentwicklung hilfreich sein.
An dieser Stelle müssen die im Beitrag generierten Ergebnisse insofern relativiert werden, dass aufgrund der explorativen Studienanlage und einer Rücklaufquote von ca. 10 Prozent nur ein erstes, tendenzielles Meinungsbild der Sport-Lehramtsstudierenden des Untersuchungsstandortes nachgezeichnet werden kann; zudem ist das Messinstrument nicht validiert. Hinsichtlich der eruierten Zufriedenheit lassen sich aber – wie vorab dargestellt – Überschneidungen zu bereits vorhandenen, aktuellen Befragungen von Sportstudierenden feststellen. Es kann durchaus aus diesem ersten gewonnenen Meinungsbild der befragten Sport-Lehramtsstudierenden geschlossen werden, dass Unterstützungsmaßnahmen zum wissenschaftlichen Denken und Arbeiten – als Basis für weiterführende Professionalisierungsprozesse – notwendig sind. Es sollten die Zufriedenheit und Bedürfnisse der Studierenden-Kohorten in regelmäßigen Zeitabschnitten erfragt werden, um – in Form eines längsschnittlich erhobenen Meinungsbildes – die Angebote zum wissenschaftlichen Denken und Arbeiten sukzessiv weiterentwickeln zu können. Zusätzlich wäre auch die Perspektive der Lehrenden im Fach Sport interessant, um zu erheben, ob und welche Maßnahmen zur Anbahnung eines reflexiven Habitus bei den Studierenden vorgenommen werden.
Einen Einblick in die von den Sport-Lehramtsstudierenden empfundene Wichtigkeit des wissenschaftlich-reflexiven Denkens und Handelns für den beruflichen Werdegang weist die vorliegende Studie nicht auf. Dies sollte in kommenden Untersuchungen – neben der Zufriedenheit und den Bedürfnissen an Angeboten in diesem Bereich (s.o.) – ebenfalls berücksichtigt werden.
Mit Blick auf empirische Befunde scheint vielfach den praxisorientierten Studieninhalten seitens der Lehramtsstudierenden eine größere Relevanz zugesprochen zu werden. Dies ist wohl darauf zurückzuführen, dass diese zumeist anschlussfähiger an das (einseitig) vorhandene Berufsbild eines „Praktikers“ sind. Demgegenüber bilden aber auch andere Studien positive Meinungen ab, indem wissenschaftsorientierte Denk- und Arbeitsweisen von angehenden Lehrkräften als wertvoll angesehen werden, um sich stetig weiterzubilden (vgl. Kapitel „Ziel der vorliegenden Studie unter Berücksichtigung ausgewählter Befunde zum wissenschaftlichen Denken und Arbeiten“). In Bezug auf diese unterschiedliche Gewichtung seitens der Studierenden zum Stellenwert von wissenschaftlichen Denk- und Arbeitsweisen im Lehramtsstudium lassen sich aber dennoch erste Folgerungen für die Lehrer*innenbildung in diesem Bereich ziehen. Im Hinblick auf Studierende, aber auch Lehrende, die sich primär als Praktiker sehen und sich von andersartigen Studieninhalten distanzieren, ist eine stärkere Sensibilisierung notwendig, um den Mehrwert des wissenschaftlichen Denkens und Arbeitens sowohl für die individuelle (Aus-)Bildung als auch die eigene unterrichtliche Praxis aufzuzeigen.
In Form einer realitätsprüfenden, forschungsorientierten Grundhaltung sollte es zu einem Selbstverständnis werden, die Welt durch verschiedene Perspektiven zu betrachten, sodass sowohl die Innen- als auch Außenwelt und deren Verhältnisse (vgl. u. a. Koller, 2018) über wechselnde und andere Sichtweisen auf bestimmte Sachverhalte immer wieder aufs Neue kritisch-reflexiv gedeutet und konstruktiv für die (berufliche) Weiterentwicklung genutzt werden. Damit geht es in Bezug auf Helsper (2001) in der Lehrer*innenbildung nicht nur darum, pädagogisch-praktische (Fach-)Kompetenzen zu befördern, sondern eben auch eine wissenschaftliche Reflexivität, mit der – über den forschend-universitären Kontext hinaus – eine prinzipielle und professionelle Denk- und Handlungsweise einhergeht (Kleinert & Pels, 2020). Ein Beispiel, um im Rahmen des fachlichen Lernens ebenfalls wissenschaftliche Denk- und Arbeitsprozesse zu vermitteln und zu kultivieren, wäre der Ansatz der schreibintensiven Lehre (Lahm, 2016). So ließen sich in Bezug auf die Themen und Lernziele einer Lehrveranstaltung forschende Schreibaufgaben integrieren, die bereits einen praktischen Einblick in einzelne Bereiche und Phasen wissenschaftlicher Denk- und Arbeitsprozesse bieten. Bei der Aufbereitung von sportwissenschaftlichen Theorien, Konzepten sowie Methoden durch Studierendengruppen, die im Seminar präsentiert, reflektiert und diskutiert werden, besteht z. B. die Möglichkeit, einführend Kurzexposés erstellen zu lassen. In Anlehnung an die Planung von Forschungsprojekten bereiten schließlich die Studierenden ihre zu vermittelnden Inhalte systematisch vor und erhalten Rückmeldungen sowohl durch den Dozierenden als auch die Kommiliton*innen. Exemplarisch könnten hierbei folgende Aspekte berücksichtigt werden: Darstellung des Themas und der Problemstellung, Skizzierung der theoretischen Grundlagen/des Forschungsstandes, Konkretisierung der Lernziele und inhaltlichen Schwerpunkte, Auswahl und Begründung der Vermittlungsmethode (Vortrag, digitale Selbstlerneinheit, o.ä.), Festlegung eines Arbeitsplans.
Abschließend ist mit den vorherigen Überlegungen festzuhalten, dass in der universitären Lehre grundsätzlich bei der Auseinandersetzung mit (sport-)wissenschaftlichen Perspektiven immer auch deren Mehrdeutigkeiten und z. T. auch Gegensätzlichkeiten aufzugreifen sind. Hierüber kann eine selbst- und wissenschaftsbezogene Reflexivität befördert werden, die – auch im Setting Schule und der unterrichtlichen Praxis – behilflich ist, eigene Deutungs- und Handlungsmuster stetig weiterzuentwickeln.

 

LITERATUR

Basten, M., Mertens, C., Schöning, A., & Wolf, E. (Hrsg.). (2020). Forschendes Lernen in der Lehrer/innenbildung. Implikationen für Wissenschaft und Praxis. Waxmann.


Bohl, T. (2018). Wissenschaftliches Arbeiten im Studium der Erziehungs- und Bildungswissenschaften. Arbeitsprozesse, Referate, Hausarbeiten, mündliche Prüfungen und mehr. Beltz.


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DOI

DOI: 10.25847/zsls.2021.054

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