"Stillstand ist Rückschritt"

Zahlreiche prominente Gäste diskutieren beim 7. Kölner Sportrechtstag  über das Thema Diskriminierung im Fußball.  

„Schlitzi-Fidschi, Schokostange und Kartoffel“. Was für einige lustig klingen mag, ist die alltägliche, traurige Realität auf deutschen Fußballplätzen. Ausdrücke wie diese sind auf dem Rasen und den Rängen keine Seltenheit. Sie sind Beispiele für Diskriminierung aufgrund von Herkunft und Rasse. Mit 6,9 Millionen Mitgliedern hat gerade der Deutsche Fußball-Bund (DFB), der größte Sportfachverband der Welt, eine enorm große gesellschaftliche Verantwortung zur Abwendung diskriminierenden Verhaltens. Aus diesem Grund luden das Institut für Sportrecht der Deutschen Sporthochschule Köln und das Institut für Staatsrecht der Universität zu Köln VertreterInnen aus Wirtschaft, Politik und Sport zum 7. Kölner Sportrechtstag ein. Im fußballaffinen Umfeld des Kölner RheinEnergieStadions wurde das Thema „Diskriminierung im Fußball“ in den Mittelpunkt gestellt, um so für eben dieses sowie die gezielte Aufklärung zu diskriminierendem Verhalten im Fußball zu sensibilisieren.

Der Einladung von Gastgeber Univ.-Prof. Dr. Martin Nolte, Leiter des Instituts für Sportrecht, waren zahlreiche namhafte Referenten gefolgt, u.a. Dr. Stephan Osnabrügge (Vorsitzender der Kommission Gesellschaftliche Verantwortung des DFB), Prof. Dr. Werner Steffan (Professor an der FH Potsdam), Dr. Bastian Haslinger (Leiter der Abteilung Sportgerichtsbarkeit des DFB) und Prof. Dr. Gereon Wolters (Inhaber des Lehrstuhls für Strafrecht und Strafprozessrecht, Wirtschaftsrecht und internationales Strafrecht der Universität Bochum).

Die Redner sowie die Teilnehmer der anschließenden Podiumsdiskussion betrachteten und analysierten das Thema Diskriminierung aus verschiedenen Blickwinkeln. Die Vertreter des DFB erläuterten den bestehenden gesetzlichen Rahmen sowie Maßnahmen seitens der Verbände, die der Prävention von diskriminierendem Verhalten dienen sollen. „Das, was im Sport gelernt wird, wird teilweise in die Gesellschaft getragen“, sagte Stephan Osnabrügge und verdeutlichte somit die Verantwortung des Sports. Als Positivbeispiel für Toleranzentwicklung und interkulturelle Begegnung wurde in diesem Zuge das Projekt „PFiFF“ vorgestellt, ein Förderpool der Deutschen Fußball Liga (DFL) für eine positive Fankultur. Dieser unterstützt Initiativen, die auch in kleineren Vereinen Aufklärungsarbeit leisten. Ein Beispiel aus Hamburg ist die Kampagne „Fußball und Liebe“. Fans des FC St. Pauli  gehen dabei gegen diskriminierendes Verhalten vor und propagieren „Liebe zum Fußball und Liebe zu den Menschen“.

Der Leiter der Abteilung Sportgerichtsbarkeit des DFB, Dr. Bastian Haslinger, erläuterte u.a. die Dimensionen der aktuell durchgeführten Gerichtsverhandlungen. Jährlich würden ca. 700 Verfahren durch die Rechtsabteilung des DFB abgewickelt, davon nur wenige mit Diskriminierungsbezug. Was dabei  konkret als Diskriminierung zu verstehen ist und wie hoch die mögliche Dunkelziffer von nichtgemeldeten Fällen ausfällt wurde rege diskutiert. Auch der Umgang mit Diskriminierung und die Sanktionierungsmöglichkeiten von Sport und Staat wurden ausgiebig erläutert. „Wenn Vereine der Diskriminierung etwas Positives entgegensetzen können, hilft das mehr als das Verbot eines weiteren Plakats“, erläuterte Gereon Wolters eine mögliche Taktik zur Bekämpfung von Diskriminierung.

In der abschließenden Podiumsdiskussion, moderiert von Achim Späth (Richter am Oberlandesgericht Stuttgart), diskutierten Otto Addo (ehemaliger ghanaischer Nationalspieler und Bundesligaprofi) als Vertreter des Spitzensports und Dr. Wolfgang Zieher (Leitender Oberstaatsanwalt der Staatsanwaltschaft Ulm a.D. und Mitglied des Kontrollausschusses des DFB) über aktuelle Tendenzen und Entwicklungen von Diskriminierung und deren Bekämpfung im Fußball. Addo ging dabei auf seine eigenen Erfahrungen mit Diskriminierung und den richtigen Umgang damit ein. „Es gibt Diskriminierung noch, aber es wird tagtäglich besser. Der DFB organisiert viele Aktionen und das hat eine Wirkung“, erklärte er. Man müsse als Spieler versuchen, in diesen Momenten die Nerven nicht zu verlieren. Zieher, der Praxiserfahrung im Umgang mit Verfahren mit diskriminierendem Hintergrund hat, ging auf die verschiedenen Anliegen des Sports und des Staates ein. Er unterstrich dabei die enorme Integrationsfunktion des Sports, welche auch in Bezug auf den Umgang mit Flüchtlingen zunehmend an Bedeutung gewinne.

Im Anschluss nutzten die Gäste, unter denen auch Vertreter von antirassistischen Fanclubs oder Fanbewegungen gegen Homophobie waren, die Gelegenheit, Fragen zu stellen, Anregungen an die Vertreter des DFB heranzutragen und über mögliche Lösungsansätze zu diskutieren. Es wurde deutlich, dass die Bekämpfung von Diskriminierung eine sehr vielschichtige Thematik ist, derer man sich aus unterschiedlichen Blickwinkeln nähern und dadurch verschiedene Lösungsideen entwickeln kann. Festzuhalten bleibt: Für das Aufrechterhalten eines fairen und sauberen Sports lohnt sich ein solches intensives Engagement. „Stillstand ist Rückschritt. Man muss bei diesem Thema immer am Ball bleiben und die Diskussion weiterführen“, resümierte Martin Nolte am Ende des 7. Kölner Sportrechtstags.