Eine Herzensangelegenheit

Beinahe 50 Jahre auf dem Spoho-Campus in Müngersdorf arbeitet Ulrich Türner, Chef der Gastronomie im Hockey-Judo-Zentrum. Und wenn an der Deutschen Sporthochschule Köln der Satz fällt „Wir geh'n zum Uli ... ", weiß jeder und jede, wer oder was gemeint ist - zumindest diejenigen, die selbst ein bisschen „Spoho-DNA" im Blut haben. Doch wie hat alles angefangen?

Ulrich Turner steigt früh ins Berufsleben ein. 1961 beginnt der damals 13-Jährige seine Ausbildung zum Koch im Kölner Senatshotel. Nach erfolgreichem Abschluss folgen unterschiedliche Stationen im In- und Ausland - München, Berlin, Edinburgh - und dann 1972 der Einstieg beim Kölner Studierendenwerk. Zu diesem Zeitpunkt wird die Spoho-Mensa von einem privaten Pächter betrieben, ein paar Jahre später übernimmt das Kölner Studierendenwerk und überträgt Uli Türner, der gerade seine Meisterprüfung abgeschlossen hat, 1976 die Leitung. ,,Nach einer Preiserhöhung hatten die Studierenden die Mensa bestreikt und den Pächter rausgeekelt. So wurde mir die Mensaleitung übertragen und zusätzlich die kommissarische Leitung der Gastronomie im Leistungszentrum." Doch diese Kombination funktioniert nicht. Fünf-Tage-Woche in der Mensa, Sieben-Tage-Woche im Hockey-Judo-Zentrum: ,,Der Betrieb hier ist sieben Tage die Woche geöffnet, von 6 Uhr morgens bis 22 Uhr abends, 360 Tage im Jahr", so Turner. ,,Das war mit dem Personal des Studierendenwerks nicht zu bewältigen." Und so gibt Uli die Mensaleitung ab, und aus dem kommissarischen Leiter wird am 1. Juni 1979 der alleinige Chef der Gastronomie im Leistungszentrum, und das bis heute.

Von den 1970ern bis heute
Vieles hat sich seither verändert: die orangefarbenen Tische und Stühle mit 1970er-Jahre-Charme stehen schon lange nicht mehr in den Räumlichkeiten, und im rechten Teil des großen Restaurantbereichs ist eine abtrennbare Lokalität mit schicker Bar entstanden - bestens geeignet für kleinere und größere Feiern. Auch viele Abläufe sind anders, und leider ist auch ein bisschen Menschlichkeit auf der Strecke geblieben, so der Gastronomieleiter, der immer noch mit Herz und Seele dabei ist: ,,Früher war alles ein bisschen familiärer, heute ist es professioneller, jeder versucht, sein Ding zu machen. Früher war die Gemeinschaft größer, einer hat dem anderen geholfen. Das gilt zwar teilweise auch heute noch, aber in einer anderen Dimension, nicht mehr so wie vor 50 Jahren."

Ulis Gäste kommen aus ganz unterschiedlichen Bereichen: Sportler*innen, vor allem aus den Sportarten Judo, Leichtathletik, Schwimmen und Hockey, Studierende der Trainerakademie des Deutschen Olympischen Sportbundes, Gäste der Hochschule, aber auch Laufpublikum verirrt sich ins Hockey-Judo-Zentrum. ,,In letzter Zeit haben wir regelmäßig die FC-Fans hier. So ein bis zwei Stunden vor dem Spiel trinken die hier ihr Kölsch, ein Würstchen dazu, und dann ab ins Stadion." In den Genuss von Ulis Küche kommen seit vielen Jahren auch die Kids der Fußballschule Taxofit: ,,Das ist immer eine lustige und besondere Sache!" Besonders auch deshalb, weil aus dem ein oder anderen Fußballkind inzwischen ein Bundesliga-Star geworden ist.

Zusammenarbeit mit den Sportverbänden
Die Mitarbeiter*innen der Sporthochschule schauen nur noch selten zum Mittagessen vorbei, was der Küchenchef sehr bedauert: ,,Den meisten ist der Weg inzwischen zu weit. Außerdem habe ich als privater Pächter natürlich ein anderes Preisgefüge als die Hochschul-Mensa. Mit den Preisen kann ich nicht mithalten." Haupteinnahmequelle für Uli Türner sind die Verbände mit ihren Lehrgängen: ,,Wir leben vom Deutschen Judo-Bund, der unser größter Partner ist, vom Leichtathletik-Verband, vom Schwimmverband. Seit der Deutsche Hockey-Bund in Mönchengladbach ein eigenes Center gebaut hat, sind die Hockeynationalmannschaften leider deutlich seltener hier."

Für alle diese Gäste stehen Uli und sein Team von 6 Uhr morgens bis 22 Uhr abends bereit. Zu seinem Team gehört an allererster Stelle seine Frau Manas, genannt Nasi, mit der er seit 27 Jahren verheiratet ist, sowie zwei weitere Mitarbeiter*innen in der Küche; bei Veranstaltungen kommen noch Aushilfen dazu. Uli selbst fängt meistens schon morgens um 6 Uhr an. Neben seinen planerischen und organisatorischen Aufgaben findet man ihn auch häufig in der Küche. „Personal zu finden, ist schwierig, gerade Köche gibt es kaum noch." Und so steht er fast täglich selbst am Kochtopf, um eine auf Sportler*innen bezogene Verpflegung auf den Tisch zu bringen. Ab 6 oder 7 Uhr Frühstück für bis zu 100 Personen, Mittagessen, Abendessen, zwischendurch kleine Snacks oder Kaffee und Kuchen. ,,Wenn die Spitzenverbände hier sind", erzählt er, ,,kommen vorher häufig die Ärzte zu mir. Und die erklären mir dann, welche Ernährung für den Lehrgang auf den Tisch kommen soll, was die Athletinnen und Athleten essen dürfen, worauf ich achten muss. Die Zeit der Currywurst ist genauso vorbei wie die ,Steak-Ära'. Heute wird viel Salat gegessen und wenn Fleisch, dann Hähnchen."

Weitere Standbeine seines Betriebes sind Veranstaltungen vor Ort für bis zu 200 Personen sowie das Catering für unterschiedliche Events. ,,Wir haben Spoho-Veranstaltungen wie Jubiläen oder Verabschiedungen, Veranstaltungen der Universitären Weiterbildung, Events von den Sportverbänden, aber auch private Feiern, Hochzeiten, Geburtstage und so weiter ... Das läuft alles über Mund­zu-Mund-Propaganda. Unsere Räumlichkeiten mit der Bar, mit der Außenterrasse, der Stadtwald vor der Tür... eine perfekte Location für Feiern aller Art." Für die Feiern ist in der Regel Ulis Frau Nasi zuständig. Die beiden haben die Aufgaben unter sich aufgeteilt: Uli fängt morgens früh an und übernimmt das Tagesgeschäft, Nasi kommt am Nachmittag und ist dann abends noch fit für die Events.

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Das Glanzstück des Jahres
Mit seinem Catering wird Uli Türner für Hochschul-Veranstaltungen, aber auch für externe Auftraggeber gebucht. Belegte Brötchen, Suppen, Obst, Fingerfood, Desserts und vieles mehr - alles pünktlich geliefert, ansprechend arrangiert und natürlich lecker! „Events mit bis zu 1.000 Personen standen schon auf unserem Programm, tausende von Schnittchen wurden dafür vorbereitet, geliefert, arrangiert, das Geschirr wieder abgeholt. Das ist natürlich aufwändiger als eine Veranstaltung vor Ort." Seine Lieblingsveranstaltung kann er genau benennen, schließlich versorgt er die Gäste des Events seit 42 Jahren: ,,Der Doping-Kongress ist für mich immer das Glanzstück des Jahres. In den Anfängen haben wir alles zusammen mit Professor Donike organisiert, jetzt ist Professor Thevis unser Ansprechpartner. Das ist eine ganz tolle und interessante Veranstaltung, 100 bis 150 Gäste aus aller Welt." Die Zusammenarbeit mit der Sporthochschule, so Türner, läuft einfach hervorragend, nicht nur bei diesem Kongress. Auf ein weiteres regelmäßiges Event müssen Köln und Uli seit einigen Jahren verzichten: Auftakt oder Abschluss des DFB-Fußball-Lehrer-Lehrgangs, der bis 2011 auf dem Campus beheimatet war. ,,Damals waren viele illustre Bundesligaspieler bei uns zu Gast, Schuster oder Rummenigge, um ein paar Namen zu nennen. Das war auch interessant für die Anwohner hier in der Umgebung, die den ein oder anderen prominenten Fußballspieler live vor Ort sehen konnten. Schade, dass die weggegangen sind, das war immer ein Highlight des Jahres."

Auf den einen Spoho-Mitarbeiter angesprochen, der ihm ganz besonders in Erinnerung geblieben ist, kommt die Antwort spontan und schnell: ,,Professor Donike! Immer während der Tour de France hat er hier bei uns sein Lager aufgeschlagen und die Rennen im Fernsehen verfolgt. Ich denke immer gerne an ihn zurück und weiß noch, wie er sein Steak am liebsten mochte: 250 Gramm, eine Minute links, eine Minute rechts, direkt auf der Herdplatte gebraten, und dann halb roh verzehrt."

Jetzt sucht Uli Türner, der dieses Jahr 77 Jahre alt wird, einen Nachfolger, am besten ein Ehepaar, das so gut und motiviert zusammenarbeitet wie Nasi und er. Aber der Personalmarkt in der Gastronomie ist schwierig geworden, und seine Zeitungsanzeigen haben ihm noch nicht den perfekten Kandidaten oder die perfekte Kandidatin gebracht. Kochen können, wirtschaftlich denken, flexibel und kommunikativ sein, die Liebe zum Beruf mitbringen, auf die Gäste zugehen können, keine Angst vor der Arbeit haben, alles Voraussetzungen, die Uli Türner mit in den Job gebracht hat - gesucht wird also eine Art Uli 2.0. ,,Aber wer hat heutzutage schon Lust, auch mal sieben Tage die Woche, zwölf bis vierzehn Stunden pro Tag zu arbeiten. Dazu ist doch heute keiner mehr bereit." Die einzige freie Zeit für das Ehepaar Türner ist die Zeit zwischen Weihnachten und Neujahr - viel mehr Urlaub gab's für die beiden in den letzten Jahrzehnten nicht.

Wenn man mit Uli Türner spricht, merkt man, dass ihm sein kleines Reich am Guts­Muths-Weg 1 eine Herzensangelegenheit ist. Deshalb will er auch, wenn die Nachfolge geklärt ist, nicht komplett aufhören: „Ich möchte schon noch ein paar Tage hier verbringen, weil das alles, das Leistungszentrum, die Sporthochschule ist seit 50 Jahren mein Leben. Da kann man nicht von heute auf morgen einfach den Schalter umlegen." Und dann sagt er noch: ,,Die Spoho ist für mich der beste Partner, den man sich wünschen kann!" Ein schöneres Kompliment kann er der Deutschen Sporthochschule Köln sicherlich nicht machen ...

Text: Sabine Maas

Kontakt

Restaurant & Cafeteria
Ulrich Türner
Guts-Muths-Weg 1
50933 Köln
Telefon: +49 221 488851

www.gastronomie-tuerner.de