Farina Römling – The Rock

Wenn von Boxen gesprochen wird, denken die miesten vermutlich an Muhammad Ali und seine legendären Kämpfe im Ring. Oder - halb schmunzelnd, halb erschrocken - an Mike Tyson und das abgebissene Ohr seines Gegners. Farina Römling hat bisher noch kein Körperteil ihrer Gegnerinnen abgetrennt, und das wird hoffentlich auch so bleiben. Die 30-jährige Spoho-Studentin ist Profiboxerin im Weltergewicht.

Farina Römling studiert an der Deutschen Sporthochschule Köln den Master­Studiengang Psychology in Sport and Exercise. Vor rund eineinhalb Jahren gab sie ihr Profidebüt im Boxring. Dabei sah ihre sportliche Karriere zunächst ganz anders aus. Die gebürtige Düsseldorferin studierte Tanz in Kassel und arbeitete als professionelle Bühnentänzerin. Aufgrund einiger tragischer Ereignisse, zu denen auch der Tod ihres Bruders zählt, zog sie jedoch einen Schlussstrich unter die Tanzszene und schlug ein neues Kapitel in Köln auf. Um neben dem Studium weiterhin ihr Verlangen nach Sport zu stillen, widmete sie sich dem MMA (Mixed Martial Arts). Kurz bevor sie jedoch ihr Profidebüt in der Vollkontakt-Kampfsportart geben konnte, brach die Pandemie aus und sie war, wie der Rest der Welt, zum Nichtstun verdammt. Aus Zeitvertreib, mit sehr viel Disziplin und einem unbändigen Ehrgeiz fing sie mit dem Boxen an, um für MMA ihren Stand zu verbessern. Nach zahlreichen Lockdowns gelang ihr 2022 ihr Profidebüt. Allerdings nicht im MMA, sondern im Boxen. ,,Ich habe die Box-AG an der Spoho besucht, die damals von Wilfried Maidhof geleitet wurde. Mich hat seine Art, wie er den Sport vermittelt, sehr fasziniert. Zu verstehen, wie Boxen funktioniert und den Sport zu erlernen, war mir einfach wichtiger als weiter MMA zu machen", sagt Farina. Im Maylife-Boxclub in Köln, unter der Leitung der ehemaligen Profiboxer Rüdiger und Torsten May, fand sie ihr neues Zuhause. Olympiasieger und Profiboxweltmeister Torsten May ist mittlerweile zu einem der wichtigsten Personen in ihrem Leben geworden. Zu einem der wichtigsten Momente in ihrem Leben zählt ihr Profidebüt im Boxring. Alle ihre Freunde waren in ihre Heimatstadt Düsseldorf gekommen, um sie bei ihrem Start in einen neuen Leistungssport zu unterstützen. ,,Das war der Moment, in dem mir klar wurde, dass ich in den Ring gehöre. Dass ich hier wirklich ich bin", sagt Farina. Mit ihren damals 29 Jahren war es ein später Einstieg in das Profiboxen. Für Farina Römling spielt das Alter jedoch keine Rolle. Sie kann keine Nachteile gegenüber anderen Boxerinnen aufgrund ihrer Lebensjahre feststellen: „Ich bin davon überzeugt, dass das Alter und der Zeitpunkt, wann jemand mit der jeweiligen Sportart anfängt, nicht entscheidend sind. Ich glaube, dass vor allem die Art, wie ich trainiere, relevant ist." Farina sagt über sich selbst, dass sie durch ihr Studium und ihre eigene Tätigkeit als Trainerin eine sehr reflektierte, hinterfragende und kritisch analysierende Sportlerin sei: ,,Ganz im Sinne der Sportwissenschaft." Daher sei es für sie auch nicht einfach gewesen, einen passenden Boxclub und Trainer zu finden. Bei der Deutschen Meisterschaft 2023 lernte sie ihren heutigen Co-Trainer Ben Bakic kennen. Seit kurzem trainiert sie im Boxclub AX Nürnberg und bereitet sich mit Profiboxer Armend Xhoxhaj, unter der Trainingsleitung von Boxlegende Jürgen Brähmer, auf die anstehenden großen Wettkämpfe vor.

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Schattenboxen zu Liedern von Madonna
Farina Römling sticht heraus - nicht nur wegen ihrer Disziplin und ihrem buchstäblich langen Atem - auch, weil sie vermutlich die Einzige ist, „die Schattenboxen zur Musik von Madonna, Like a virgin oder Material Girl, macht". Aufgrund ihrer tänzerischen Vergangenheit beschreiben Kenner*innen ihre Art zu boxen als geschmeidig und ihre Beinarbeit als nahezu perfekt. Ihrer Meinung nach besteht ihr Talent aber eher in einer raschen Auffassungsgabe und einer sehr guten Agilität. Dass sich aus ihrem Talent eine Profibox-Karriere entwickelt hat, liegt auch an der Sporthochschule, sagt Farina: ,,Die Vereinbarkeit von Studium und Leistungssport ist nicht immer leicht. Wettkämpfe richten sich selten nach Klausurphasen oder Anwesenheitspflicht. Als Partnerhochschule des Spitzensports unterstützt mich die Spoho super. Gäbe es die Flexibilisierung der Studienplanung nicht, könnte ich meinen Sport in dieser Art und Weise nicht ausführen." Daher ist Farina auch gerne bereit, etwas zurückzugeben. Von 2019 bis 2022 hat sie als Studentische Hilfskraft im Gleichstellungsbüro der Spoho gearbeitet und sich für die Gleichbehandlung von Männern und Frauen eingesetzt. Ein Thema, das ihr auch in ihrem Sport wichtig ist: ,,Leider sind im Boxsport immer noch deutlich mehr Männer vertreten als Frauen - sowohl auf Ebene des Trainerstabs, als auch unter den Aktiven. Ich würde mir mehr Vorbilder für Frauen wünschen." Deswegen hofft sie für die kommenden Generationen, dass sie als Trainerin, aber insbesondere auch als Sportlerin, ein solches Vorbild sein kann.

Die Weltmeisterschaft fest im Blick
Die Deutsche Sporthochschule Köln ist für Farina mittlerweile zu ihrem „kleinen Hogwarts" geworden. Nach ihrem Masterabschluss in Sportpsychologie möchte sie gerne promovieren. Auch das Thema kennt sie schon: ,,Ich würde gerne im Hinblick auf die Parkinson­Erkrankung untersuchen, ob und wie Boxen als Therapieansatz genutzt werden kann." Bevor es für Farina jedoch beruflich weitergeht, stehen noch wichtige Wettkämpfe an. Am 24. April tritt sie in der Kia Metropol Arena in Nürnberg vor 4.000 Zuschauer*innen an. Ihr bisher größtes Publikum. ,,Das ist eine super Gelegenheit, um mich der deutschen Boxszene zu präsentieren. Auch Regina Halmich zählt zu den geladenen Gästen", freut sich Farina auf das bevorstehende Ereignis. Entscheidet sie diesen Kampf für sich, geht es für sie im Sommer nach Saudi-Arabien und somit zu ihrem internationalen Debüt. Ein Ziel, das sie schon lange anvisiert, ist die diesjährige Weltmeisterschaft. ,,Ich möchte unter die Top Ten weltweit kommen. Je höher man in der Weltrangliste steht, desto mehr Beachtung bekommt man für internationale Matchmakings", erklärt Farina. Nach ihrem Titelgewinn im November 2023 kann sie als Deutsche Meisterin dabei mit gesundem Selbstbewusstsein in die nächsten Wettkämpfe gehen. Ganz besonders interessiert sie aber auch Südamerika, weil der kubanische Boxstil für Farina „purer Tanz" sei und somit die perfekte Verbindung aus ihrem vergangenen und ihrem jetzigen Leistungssport. Was für Farina eine ästhetische Ausdrucksform ist, ist für andere schlicht ein brutaler Sport. ,,Ich finde, dass sich das nicht widerspricht. Es ist ästhetisch und gleichzeitig brutal. Man fügt anderen Schaden zu und einem wird selbst Schaden zugefügt. Da gibt es nichts zu beschönigen. Trotzdem finde ich bestimmte Boxstile schön anzusehen." Auf die Frage, warum sie boxt, antwortet Farina schlicht: ,,Weil ich Boxen liebe. Das ist eine dürftige Antwort, muss aber vielleicht auch mal reichen."

Text: Paula Zollmann

Farina Römling

Zur Person
  • geboren am 1.11.1993 in Düsseldorf
  • Wohnort: Düsseldorf Benrath
  • geht gerne ins Theater und interessiert sich zudem für NLP {Neuro-Linguistisches Programmieren), Pferde und, als staatlich anerkannte Bühnentänzerin, natürlich für Tanz und Musik
  • die restliche Freizeit, die ihr neben dem Leistungssport noch bleibt, verbringt sie am liebsten mit ihren Freunden; zudem singt sie gerne und mag es, sich zu schminken
  • an der Deutschen Sporthochschule Köln studiert sie seit 2018: zuerst den B.Sc. Sport und Leistung und aktuell den M.Sc. Psychology in Sport and Exercise
  • von 2019 bis 2022 war sie als Studentische Hilfskraft im Gleichstellungsbüro der Sporthochschule aktiv
Sportliche Karriere

Sportliche Karriere

  • begann Mitte 2022 mit dem systematischen Boxtraining
  • ihr Boxdebüt gab sie am 19.11.2022 im Rahmen der Boxnacht in der Classic Remise in Düsseldorf
  • aktuelle Nr. 1 im Weltergewicht der Frauen in Deutschland; Nr. 10 europaweit, Nr. 22 weltweit
  • boxte zunächst im Maylife-Boxclub in Köln (unter der Leitung von Rüdiger und Torsten May ), später bei Toby Mihalik (Fight Base), unter dem sie den DM-Titel holte
  • seit März 2024 hat sie ein neues Team: Trainer Jürgen Brähmer und Ben Bacik, Management AX Boxing Club in Nürnberg
  • ihr Ringname ,,The Rock" ist eine Hommage an ihr Kindheitsidol Dwayne „ The Rock" Johnson

Shortfacts

  • geboren am 1.11.1993 in Düsseldorf
  • studiert an der Spoho den M.Sc. Psychology in Sport and Exercise
  • ihr Boxdebüt gab sie im November 2022
  • aktuelle Nr. 1 im Weltergewicht der Frauen in Deutschland