Projekthistorie
1. Förderphase Schulsport2020 (06/2016 - 06/2019)
Mit der ersten Förderphase im Projekt Schulsport2020 setzte sich die DSHS Köln das Ziel, die universitäre Ausbildung von Sportlehrkräften bis in die Phasen des Berufseinstiegs zu optimieren. Hintergrund aller Projekte in Schulsport2020 war die wichtige Rolle und die großen Chancen des Schulsports für Inklusion, Bewegungsförderung und Persönlichkeitsentwicklung. Zugleich hatte der Projektverbund das Ziel, Sportlehrer*innen Hilfestellung im Umgang mit steigenden Anforderungen und Belastungen zu leisten, die mit gesellschaftlichen Veränderungen einhergehen.
Ergebnisse
Ressourcen
Es wurden 4 Stellen geschaffen bzw. entfristet: ZfL: phasenübergreifende Netzwerkbetreuung (100 %); Stabsstelle des Rektors: e-learning (50 %), Lehr-/Lernmedien (50 %); Koordination Lehramt (50 %).
Strukturen
Folgende neue Strukturen wurden entwickelt: Einrichtung Förderprogramm „Schulsportforschung und Sportdidaktik“ erstmals ab 2018; Gründung der „Zeitschrift für Studium und Lehre in der Sportwissenschaft“ als wissenschaftliche Publikationsplattform für die Sportlehrer*innenbildung; Einrichtung des „Kölner Tag des Schulsports“ inkl. wissenschaftliches Symposium zur Sportlehrer*innenbildung.
Prozesse
Folgende Prozesse wurden optimiert: Prozessverankerung des Lenkungsausschusses Lehramt (Einbindung/Beteiligung von ZfL, Stabsstelle des Rektors, Verwaltung, Studiengangsleitungen Lehramt); Etablierung von Netzwerken und Informationsverbünden zu 53 Fortbildungsanbietern (u. a. Bezirksregierungen) und 34 ZfsL.
Öffentlichkeitsarbeit
Die Öffentlichkeitsarbeit wurde folgendermaßen umgesetzt: diese Projekt-Website, Informationsmedien (Broschüre, Flyer), deutschlandweiter Fachverbund Sport in der Qualitätsoffensive Lehrerbildung.
Akteursbezogene Studien zur Sportlehrer*innenbildung
Lehrkräftestudie
In der Zielgruppe der Sportlehrkräfte wurden insgesamt 2179 Lehrer*innen im Rahmen von quantitativen Teilstudien zu den drei Projektthemen Heterogenität/Inklusion, Schüler*innenmotivierung und Stress befragt. Hierbei wurden Grund-, Haupt-, Real-, Sekundar- und Gesamtschulen, Gymnasien, Berufskollegs und alternative (Modell-) Schulen berücksichtigt. Weiterhin wurden 31 qualitative Einzelinterviews mit Sportlehrkräften an den verschiedenen Schulformen durchgeführt.
Schüler*innenstudie
Es wurden 4287 Schüler*innen (7.-13. Klasse aller genannten Schulformen) in zwei Teilstudien analysiert (Heterogenität/Inklusion, Motivation/Wahrnehmung der Lehrkraft). Weiterhin wurden 15 qualitative Gruppeninterviews mit 68 Schüler*innen der 7.-9. Klasse durchgeführt.
Studierendenstudie
Es wurden Daten von 433 BA-Studierenden aller Lehrämter im Rahmen von zwei Teilstudien analysiert (Einstellungen zu Heterogenität/Inklusion; Umgang mit Stress, studentische Lernmotivation). Außerdem wurden zwei Längsschnittbefragungen bei 90 Studierenden durchgeführt (Effekte inklusiver Lehrveranstaltungen; Veränderungen von Einstellungen zu Heterogenität/
Inklusion). Dozierendenstudie: Bis Ende 2018 wird eine Dozierendenbefragung umgesetzt, in der es neben Einstellungen und eingeschätztem Wissen insbesondere um Akzeptanz- und Umsetzungsbedingungen von (neuen) Konzeptionen und/oder Lehr-/Lern-Werkzeugen geht.
Sonstige Studien
Zur Vertiefung der Erkenntnisse wurden eine kombinierte Video- und Interviewstudie mit 10 Sportlehrkräften sowie Interviews mit 10 Schulleitungen durchgeführt. Ferner wurden 50 biometrische Analysen (per Akzelerometrie bei Lehrer*innen) zum Erholungs- und Freizeitverhalten durchgeführt.
Praxisbezogene Erkenntnisse der akteursbezogenen Studien
Bedingungen der beruflichen Praxis
Im Unterrichtsfach Sport sind neben den etablierten Heterogenitätsdimensionen (z. B. Behinderung, Geschlecht) auch sportunterrichtsspezifische Unterschiede relevant (z. B. Körpergewicht, Sporterfahrungen). Diese Heterogenität wirkt sich auf das Unterrichten und auf die Teilhabe von Schüler*innen aus. Darüber hinaus bestehen komplexe Interaktionen zwischen verschiedenen Heterogenitätsmerkmalen (z. B. Flucht-/Migrationshintergrund, Geschlecht, Religionszugehörigkeit). Die resultierende Unterrichtskomplexität bedingt erhöhte personelle, aber auch zeitliche und materielle Ressourcenbedürfnisse und führt gemeinsam mit weiteren Faktoren (z. B. Lautstärke) insbesondere im Vorbereitungsdienst zu teils hohem Stress.
Kompetenzen/Einstellungen von Akteuren
Zu Heterogenität/Inklusion im Schulsport sind Studierende grundsätzlich positiv eingestellt. Innerhalb des Feldes bestehen bei Lehrkräften jedoch Einstellungsunterschiede je nach Heterogenitätsdimension (z. B. bei einzelnen Förderbedarfen (FB) positivere Werte bei physischer Heterogenität oder auch persönlichem Hintergrund der Lehrkräfte): So weisen z. B. Frauen oder Grundschullehrkräfte positivere Einstellungen auf. In eine ähnliche Richtung deuten die Befunde zur Ausprägung von Selbstwirksamkeitserwartungen der Lehrkräfte, die v.a. bezüglich des Umgangs mit Schüler*innen mit Förderbedarfen geringer ausgeprägt sind. Auch schätzen bereits Studierende ihre Fähigkeiten zum Umgang mit Heterogenität/Inklusion relativ zu anderen Themen niedrig ein (z. B. Stressregulation). Entsprechend äußern Sportlehrkräfte den Wunsch nach Unterstützung insbesondere bei sonderpädagogischen Förderbedarfen (v. a. FB emotional-soziale Entwicklung) und im Umgang mit Schüler*innen mit Fluchthintergrund.
Belastung und psychische Gesundheit von Sportlehrkräften
Umgang mit Heterogenität ist ein starker Belastungsfaktor (insbes. FB emotional-soziale Entwicklung/FB Lernen). Belastend wird zudem das Unterrichten von Schüler*innen mit unterschiedlichen körper- und sportbezogenen Voraussetzungen (Übergewicht, Vorkenntnisse/Können, Motivation) eingeschätzt. Auch dies lässt erkennen, warum jede fünfte Sportlehrkraft ihre Fähigkeiten, Kinder und Jugendliche zu motivieren, niedrig einschätzt. Den hohen Anforderungen und Belastungen steht eine eher defizitäre Stressbewältigung gegenüber. Eine ungünstige Stressbewältigung gepaart mit hohen Belastungen lässt die hohe Quote an Burnout bei Sportlehrkräften erklären (ca. 20-25 %).
Analyse bestehender Konzepte und gewonnene Erkenntnisse
Es wurde eine umfangreiche Bestandsaufnahme sportlehramtsbezogener Studiengänge durchgeführt. Dazu erfolgte eine themenspezifische qualitative Inhaltsanalyse relevanter Modulhandbücher an ausgewählten Universitäten (Schwerpunkt NRW) zu den drei Projektthemen (68 Dokumente; 1800 Seiten). Ergänzend wurden (Fort-)Bildungsangebote der Bezirksregierungen NRW sowie des Bildungsportals NRW analysiert. Die Ergebnisse zeigen, dass die Themenbereiche des Projekts in Bildungskonzepten zwar vertreten sind (174 Angebote zu Heterogenität/Inklusion, 142 Angebote zu Belastung/Stress, 52 Angebote Motivierung), dass aber die Inhalte kaum vertieft oder systematisch aufbereitet werden.
Auf Basis der empirischen Erkenntnisse und der Analyse bestehender Konzepte wurden bis zum Ende der ersten Förderphase Bildungskonzepte und Lehr-/Lernwerkzeuge in den drei Projektthemen erstellt. Die Zielgruppe dieser Werkzeuge waren Multiplikator*innen in allen Phasen der Sportlehrer*innenbildung: Dozierende an Hochschulen, Fach-/Seminarleitungen im Referendariat (Zentren für schulpraktische Lehrerausbildung/ZfsL), Lehrpersonen in der Fortbildung von Sportlehrkräften und Berater*innen im Schulsport. Die Lehr-/Lernwerkzeuge thematisierten Inhalte der Sportlehrer*innenbildung, die sich durch die vorhergehenden Analysen entweder als besonders relevant oder als bisher defizitär verankert erwiesen haben. Die Materialien und Anregungen wurden webbasiert aufbereitet. Die Lehr-/Lernwerkzeuge wurden bis Herbst 2018 erstellt und erprobt. Im WiSe 18/19 war der Einsatz und die begleitende Evaluation der Werkzeuge vorgesehen, um darauf basierend die Finalisierung bis zum Ende der ersten Förderphase vorzunehmen.
Unterschiedliche Formate wurden eingesetzt:
Makro-Lehr-/Lernsequenzen bestehen aus aufeinander aufbauenden Unterrichtsreihen oder Kurskonzepten, die dem Grundaufbau Sensibilisierung, Wissensvermittlung und Aufbau eines
Handlungsrepertoires folgen (z. B.: Inklusive Spielvermittlung im Basketball). Das im Projekt weiterentwickelte Kurskonzept „Teilhabe und Schulsport“ wurde bereits umgesetzt und bewirkte
teilweise positive Veränderungen in Einstellungen/Selbstwirksamkeit. Auch wurden bereits Lehr-/Lernsequenzen zum Aufbau von Ressourcen gegenüber Stress erprobt.
Mikro-Lehr-/Lernsequenzen konzentrieren sich auf einen Teilaspekt einer Lernreihe (zumeist auf Sensibilisierung oder Wissensvermittlung) und bereiten diesen didaktisch anschaulich auf
(z. B. mit Hilfe von Fallbeispielen, Video-/Audiolernsequenzen, Expert*innenbeiträgen, Arbeitsblättern).
Selbstreflexion und (Selbst-)Diagnostik: In der empirischen Phase wurden in allen drei Hauptthemen Erhebungsinstrumente entwickelt bzw. für den Schulsport adaptiert oder validiert. Hierauf basieren einzelne Werkzeuge zur Selbstreflexion bzw. Selbstdiagnostik (z. B. online-basierte Tools zu Einstellungen bzgl. Heterogenität oder Stressbewältigung).
Videobasierte Tools werden zur Fallarbeit und als (Video-)Vignetten eingesetzt. Zusätzlich werden derzeit „Erklärvideos“ (kompakte Wissensvermittlung) erstellt, die leicht von Multiplikator*innen in eigene Lehrveranstaltungen integriert werden können. Der Einsatz von 360°-Videosequenzen zur praxisnäheren Vermittlung von Inhalten wurde exemplarisch geprüft und bereitet die nähere Betrachtung digitaler Medienwirkungen (Zielstellung der zweiten Förderphase) vor. Alle Arbeiten wurden durch externe medienpädagogische Fachexpertise begleitet.
Die entwickelten Bildungskonzeptionen und Lehr-/Lernwerkzeuge der 1. Förderphase (Schulsport2020) und der 2. Förderphase (Schulsport2030) werden im Bildungsportal zur Verfügung gestellt.
Im Rahmen der Forschung war/ist der wissenschaftliche Nachwuchs maßgeblich an der Planung, Organisation sowie Auswertung und Dokumentation der Studien beteiligt. Als strukturelles Element der Nachwuchsförderung wurde in der ersten Förderphase das Graduiertenkolleg Schulsport2020 eingerichtet, in dem zwei Habilitierende, sechs Promovierende und als Betreuer*innen eine Juniorprofessorin, zwei Professoren und drei Post-Doc Stellen eingebunden sind. Das Kolleg förderte systematisch den interdisziplinären Austausch und die wissenschaftliche Qualifikation: Bis Juni 2018 fanden 20 Graduiertentreffen statt; zur spezifischen Fortbildung wurden drei Vorträge durch Externe und vier Fortbildungsmaßnahmen organisiert (u. a. zu Mitteleinwerbung, statistischen Fragestellungen und fachlichen Querschnittthemen). Im März 2018 fand ein Graduiertensymposium zur Sportlehrkräftebildung mit Vorträgen des Nachwuchses statt. Die acht Qualifikand*innen haben in der Summe 32 Beiträge (Vorträge, Posterpräsentationen) auf (inter-)nationalen wissenschaftlichen Tagungen geleistet.
Zur hochschulinternen Netzwerkbildung in der 1. Phase der Lehrerbildung wurden Studiengangsleitungen, Dozierende und Personen des ZfL als Multiplikatoren in die Entwicklungen einbezogen. Eine für die zweite Förderphase angestrebte Verankerung der Maßnahmen auf inhaltlicher Ebene (Curriculum) kann durch den engen Austausch mit dem Rektorat sowie durch die personelle Besetzung des Prorektors für Studium und Lehre als Projektleitung gewährleistet werden.
In der 2. Phase der Lehrerbildung wurden auf regionaler Ebene (z. B. Leitungen und Fachleitungen einiger ZfSL, themenbezogene Fortbildungsanbieter) und überregionaler Ebene (z. B. Lehrer*innenausbildungsstätte Leipzig) Netzwerke als Voraussetzung für einen gelingenden Transfer geschaffen.
Für die 3. Phase fanden auf regionaler Ebene Austauschtreffen mit Berater*innen im Schulsport (Bezirksregierung Köln), Schulleitungen oder Sportlehrkräften zur kritischen Begleitung und Mitgestaltung der (Produkt-)Entwicklungen statt. Eine Festigung der Netzwerke konnte u. a. durch Beteiligung an 42 relevanten Veranstaltungen/Arbeitstreffen erreicht werden. Auf überregionaler Ebene konnte durch die Mitgestaltung des Projektbeirats (Deutscher Sportlehrerverband (DSLV), Deutscher Olympischer Sportbund (DOSB), Deutsche Vereinigung für Sportwissenschaft (dvs) sowie die Universitäten Frankfurt, Kiel und Leipzig) eine wertvolle Basis geschaffen werden, die Produkte auch langfristig über diese Multiplikatoren überregional zu verankern.
Phasenübergreifend wurden erste Strukturen für eine zentrale Lehr-/Lernplattform zur Integration und Bereitstellung verschiedener Medien für den inneruniversitären Gebrauch, aber auch für Benutzer*innen anderer Institutionen (Open Educational Resources, OER) aufgebaut. Diese Vorarbeiten münden in das Ziel der zweiten Förderphase, eine technologische Rahmenkonzeption zu entwickeln und verfügbar zu machen, die Konzepte und Lehr-/Lernwerkzeuge integriert, dazu informiert und Innovationen unterstützt. Eine durchgeführte Delphistudie soll zudem Aufschluss über eine gelingende Übertragbarkeit der Bildungskonzepte und der Lehr-/Lernwerkzeuge auf andere deutsche Hochschulen und Fort- und Weiterbildungsanbieter geben. Zudem wurde die Transferveranstaltung „Kölner Tag des Schulsports“ an der DSHS Köln (erstmalig September 2018) in Verbund mit einem Wissenschaftlichen Symposium initiiert, welche im Zweijahresturnus fortgeführt werden soll.
Berichte
Partner
Neben den aktuellen Partnern von Schulsport2030 wurde das Projekt in der 1. Förderphase (Schulsport2020) von dem Projektbeirat unterstützt:
Dem Projektbeirat kam in Schulsport2020eine besondere Bedeutung zu. Er verband Stakeholder der berufs- und verbandspolitischen Richtung (dvs, DOSB, DSLV) mit der transferorientierten Expertise ausgewählter Hochschulen (Frankfurt, Leipzig, Kiel).
Vor allem in der vierten Projektphase (Entwicklung eines Implementierungs- und Transferkonzepts) bildete der Projektbeirat eine zentrale Unterstützung. Einerseits brachte dieser das professionsübergreifende Wissen in einen interdisziplinären Dialog ein, und trieb andererseits die Verstetigung und Implementierung (durch Beteiligung von drei weiteren Universitäten und relevanten Verbänden) voran und ermöglichte somit eine qualitativ nachhaltige Verbesserung des länderübergreifenden Lehrerausbildungsprozesses im Schulfach Sport.
Mitglieder des Projektbeirats:
Prof. Dr. Gudrun Doll-Tepper
DOSB Vizepräsidentin (Bildung und Olympische Erziehung)
Michael Fahlenbock
Präsident DSLV (Deutscher Sportlehrerverband)
Prof. Dr. Ina Hunger
dvs-Vizepräsidentin (Ressort Bildung)
Prof. Dr. Robert Prohl
Universität Frankfurt (Abteilungsleitung Sportpädagogik)
Prof. Dr. Heike Tiemann
Universität Leipzig (Leitung Fachgebiet Schulsport)
Prof. Dr. Manfred Wegner
Christian-Albrechts-Universität Kiel (Leitung Arbeitsbereich Sportpsychologie und Bewegungswissenschaft)