Dr. Lilli Ahrendt – seit 25 Jahren Koryphäe im Säuglings- und Kinderschwimmen

Vater mit seiner Tochter beim Kinderschwimmen. Foto: ©MNStudio/Shutterstock.com

Dr. Lilli Ahrendt ist Sportwissenschaftlerin und Expertin für Säuglings- und Kinderschwimmen. Bereits seit 25 Jahren ist sie in diesem Bereich tätig und eine echte Koryphäe. Bei uns leitet sie diverse Weiterbildungen im Schwimmen und verrät im Interview mehr über sich und ihre Leidenschaft.

 

UW: Wie kam es, dass Sie sich auf den Bereich Kinder- und Säuglingsschwimmen spezialisiert haben?

Dr. Lilli Ahrendt: Im Rahmen meines Sportstudiums, großer Schwerpunkt Schwimmen, gab es die Möglichkeit samstags ab 7 Uhr beim Säuglingsschwimmen zu hospitieren. Vom ersten Hospitationsbesuch an, war ich fasziniert von den schwimmenden Säuglingen. Ein Semester hospitierte und assistierte ich beim Spiel- und Sportverein unter der Leitung von Viola Siegling und Reiner Bürger. Eines Samstags fragte mich Viola, die damals seit 25 Jahren als Lehrkraft tätig war, ob ich mir vorstellen könnte, das Säuglingsschwimmen in Zukunft mit Reiner Bürger zu leiten, denn ich hätte „ein Händchen“ dafür. Diese Anerkennung machte mich als junge Studentin sehr stolz, da ich wusste, dass Reiner und Viola schon damals unter der Leitung von Lieselott Diem tätig waren. Viola ging ins Ausland, ich arbeitete ein Jahr mit Reiner zusammen und beschloss dann, mich mit einer Dissertation zum Säuglingsschwimmen bei Prof. Wilke im Schwimminstitut sowie bei Prof. Munzert (Sportpsychologie, Gießen) zu bewerben. Dann erfolgten zahlreiche Studien, die Dissertation, über zwanzig betreute Diplomarbeitsprojekte zum Säuglings- und Kleinkindschwimmen, Vorträge auf Fachkongressen und Publikationen auf Deutsch und Englisch sowie die Mitarbeit in einem Expertenrat des Deutschen Schwimmverbands/der Deutschen Schwimmjugend zur Zertifizierung von Kursleitern im Säuglings- und Kleinkindschwimmen. Ich konzipierte Fortbildungen und wurde für alle großen Verbände tätig: Deutsche Lebens-Rettungsgesellschaft, Deutsche Gesellschaft für das Badewesen, Deutscher Sauna-Bund, Schwimmverband NRW, Schwimmverband Württemberg usw. Auch das Fernsehen interessierte sich regelmäßig für das Thema.

Warum sollten Kinder schon früh an das Wasser gewöhnt werden?

Säuglinge schwimmen bis zur Geburt im Fruchtwasser, können sich also bewegen und spüren vielerlei Berührungen und Bewegungen. Mit der Entbindung werden sie von der Mutter durch das Abnabeln getrennt und erleben Kälte, Statik und Alleinsein, was häufig dazu führt, dass sie durch Schreien die körperliche Wärme und Zuwendung einfordern: das Gehalten- und Berührtwerden, das Getragen- und Mitbewegtwerden. Sobald sie mit den Eltern im Wasser sind, gefällt ihnen diese Zuwendung, dieses Bewegt- und Berührtwerden, und sie strampeln reflexartig, aber auch vor Freude. Die ersten sechs Monate, die Phase der Urvertrauensbildung, ist eine Phase der Mitbewegung, daher entscheiden sich auch viele Eltern, den Säugling am Körper zu tragen. Im Wasser sind sich Eltern und Säugling noch näher, da sie das Kind auf ihrer Haut tragen; zudem befinden sich Eltern und Kind kommunikativ auf einer Augenhöhe, eine Besonderheit, die ansonsten nicht gegeben ist. Wasser verbindet sozusagen körperlich und emotional. Wasser ist für den Säugling ein bekanntes Element und wir sorgen nur dafür, dass er sich davon nicht entfremdet als abgenarbeltes „Landlebewesen“.

Wie unterscheidet sich das Schwimmen mit Säuglingen, Kleinkindern und Kindern?

Der Mensch wird als „physiologische Frühgeburt“ bezeichnet, da er im Gegensatz zu einem Fohlen, das sich noch am selben Tag auf seine Beine stellt und läuft, eine lange Zeit braucht, um zu lernen koordiniert zu laufen. Das liegt am kompliziert aufgebauten menschlichen Gehirn. Der Mensch braucht Zeit für seine Entwicklung: Beim Neugeborenen und Säugling (bis sechs Monate) erfolgt die Bewegung vom Zentralen Nervensystem reflexgesteuert. Mit zunehmender kognitiver Entwicklung und erweiterter Sinneswahrnehmung entwickelt sich beim Kleinkind die Willkürmotorik und erste grob koordinierte Bewegungen zeigen die frühe Form der Fortbewegung im Wasser: das sogenannte Hundepaddeln. Das Kind wächst und reift heran und lernt ab ca. 3-4 Jahren seine Bewegungen zielgerichteter und antriebswirksamer zu steuern, so dass man erkennen kann: Das Kind probiert zu schwimmen!

Warum sind Weiterbildungen in diesem Bereich besonders relevant und für wen?

Es gibt viele Schwimmbäder, Krankenhäuser, Physiotherapiepraxen, Fitness-Studios und Hotels, die Angebote zum Schwimmen für Kinder anbieten, dafür aber qualifizierte Lehrkräfte benötigen. Bei einem Unfall können Betreiber und Lehrkraft in rechtliche Schwierigkeiten geraten, wenn keine Qualifikation nachgewiesen werden kann. Neben Lehrkräften und Trainern arbeiten auch Therapeuten, Hebammen, Krankenschwestern, Erzieher, Fachangestellte und viele andere Berufsgruppen im Säuglingsschwimmen. Sie haben zwar bedingt durch ihre Berufsausbildung ein Wissen, doch ihnen fehlt es an speziell für die Zielgruppe zusammengestellten Informationen aus Wissenschaft, Methodik/Didaktik, Entwicklungspsychologie und Gruppenführung, die erforderlich sind, um das Säuglingsschwimmen kompetent anbieten zu können.

Was ist das Besondere an den Weiterbildungen an der Sporthochschule gegenüber anderen Anbietern?

An der Sporthochschule verbinden sich Theorie und Praxis, intradisziplinäres Grundlagenwissen und an der Praxis orientierte Forschung. Seit 25 Jahren arbeite ich in diesem Fachgebiet. Ich habe viele Erfahrungen gesammelt und keine Mühen gescheut, immer wieder neue Fragestellungen zu entwickeln, die ich durch Diplomarbeitsprojekte bearbeiten ließ. Vielen anderen Institutionen fehlt es an qualifizierten Referenten, die neben ihrer praktischen Erfahrung auch über ein interdisziplinär breites Grundlagenwissen und eine wissenschaftliche Auseinandersetzung mit dem Thema verfügen.

 

Möchten auch Sie von der Expertise unserer Referentin profitieren? Dann besuchen Sie eine der nächsten Weiterbildungen von Dr. Lilli Ahrendt:

Kleinkindschwimmen am 28./29. September

Säuglingsschwimmen am 12./13. Oktober

Aquafitness in der Schwangerschaft am 19./20. Oktober

Kinderschwimmen am 26./27. Oktober

Schwimmen in der Primarstufe am 23./24. November

Die Anmeldung ist für alle Kurse bereits möglich.