Themenpaket FIFA Fußball-Weltmeisterschaft Katar 2022™

Die großen Fußballnationen beschäftigen mittlerweile nicht nur wachsende Trainer- und Betreuerstäbe, auch Erkenntnisse aus der Sportwissenschaft finden immer mehr Beachtung rund um Welt- und Europameisterschaften. Denn: In den entscheidenden Spielen können die berüchtigten Kleinigkeiten entscheiden. Auch das an der Deutschen Sporthochschule Köln generierte Wissen könnte hier zur Anwendung kommen. Einen Auszug wichtiger und aktueller Forschungsergebnisse mit Relevanz im professionellen Fußball haben wir hier zusammengestellt.


Gehirnerschütterungen – eine unterschätzte Gefahr auf dem Fußballplatz?

Der Profisport sensibilisiert sich, wenn es um das Thema Gehirnerschütterungen geht. In der US-amerikanischen National Football League soll das sogenannte "concussion protocol" Spieler davor schützen, mit einer Gehirnerschütterung weiterzuspielen. Auch im Fußball werden Kopftreffer mittlerweile mit mehr Vorsicht behandelt, in England kann man sogar einen weiteren Wechsel vollziehen, wenn der Verdacht auf eine Gehirnerschütterung besteht. Welche Gefahren sportbedingte Gehirnerschütterungen bergen (1) und wie solche Verletzungen schnell erkannt werden können (2), und wie anhand von Handbewegungen auf Gehirnerschütterungen zu schließen ist (3), untersucht Jun.-Prof. Dr. Ingo Helmich (4)  vom Institut für Bewegungstherapie und bewegungsorientierte Prävention und Rehabilitation an der Deutschen Sporthochschule Köln.

Links:

(1) Gefahren sportbedingterGehirnerschütterungen

(2) Schnelldiagnose Gehirnerschütterungen im Sport

(3) Handbewegungen und Gehirnerschütterungen - wie passt das zusammen?

(4) Interview Jun.-Prof. Dr. Ingo Helmich

In Folge #16 des Wissenschaftspodcasts "Eine Runde mit..." spricht Jun.-Prof. Dr. Ingo Helmich über Gehirnerschütterungen im Sport


Elfmeterschießen - Torhüter, Schützen und der englische Mythos

Die Elfmeterschießen in den K.O.-Phasen von Fußballweltmeisterschaften gehören immer wieder zu den prägenden Momenten solcher Turniere. Oft werden sie noch Jahrzehnte später erinnert, und vor allem Schützen, die nicht getroffen haben, werden lange von diesem Moment verfolgt. Trainer behaupteten lange Zeit, dass man diese Extremsituation nicht trainieren könne, weil es unmöglich sei, den Druck und die Erschöpfung dieses besonderen Augenblicks zu simulieren – ein Irrglaube. Es gibt etliche Maßnahmen, mit denen der Schütze bzw. die Schützin die Wahrscheinlichkeit erhöhen kann, den entscheidenden Elfmeter ins Tor zu treffen. Dr. Benjamin Noël, Dr. Philip Furley, Jun.-Prof. Dr. Stefanie Klatt, Martin Vogelbein, Dr. Stephan Nopp und Univ.-Prof. Dr. Daniel Memmert vom Institut für Trainingswissenschaft und Sportinformatik haben einen Überblick zum Stand der Forschung (1)  veröffentlicht. Dass im Elfmeterschießen der Favoritenstatus eines Teams nur noch eine untergeordnete Rolle spielt (2), untersuchten Fabian Wunderlich, Felix Berge, Daniel Memmert und Robert Rein. Dezidierte Empfehlungen für Schützen und Torhüter für ein erfolgreiches Überstehen von Elfmetersituationen (3) haben Memmert und Klatt gemeinsam mit Kolleg*innen von den Universitäten Kassel und Münster zusammengestellt. Furley, Noël und Memmert sind außerdem der Frage nachgegangen, ob ein Torhüter, der viel Aufmerksamkeit auf sich zieht, in den großen Elfmeterschießen zwischen 1984 und 2012 bessere Chancen hatte, Schüsse abzuwehren (4). Noël, Klatt und John van der Kamp wollten wissen, wie man Elfmeter besser halten kann (5), während Memmert, Noël und andere in einem Experiment nachweisen, dass Torhüter die Schützen durch einen kleinen Trick dazu verleiten können, in eine bestimmte Torecke zu schießen (6). Michel Brinkschulte, Dr. Philip Furley und Prof. Dr. Daniel Memmert haben gefragt, ob englische Elfmeterschützen tatsächlich schlechter schießen als Spieler anderer Nationen (7). Ferreira Murta, Albequerque, Greco, Raab und Praça wollten unterdessen wissen, wie sich das Wissen um die Schusspräferenz eines Schützen auf das Verhalten der Torhüter*innen auswirkt (8).

Links & Downloads:

(1) Überblick zum Stand der Forschung

(2) Almost a lottery: the influence of team strength on success in penalty shootouts

(3) Dueling in the penalty box: evidence-based recommendations on how shooters and goalkeepers can win penalty shootouts in soccer

(4) Torhüterverhalten bei Turnierelfmetern 1984 bis 2012

(5) Wie man Elfmeter besser halten kann

(6) Implicit Goalkeeper Influences on Goal Side Selection in Representative Penalty Kicking Tasks

(7) Der Mythos vom englischen Elfmeterfluch

(8) Goalkeepers put their money where the coach’s mouth is: Knowing kickers’ preferences enhances anticipation of football goalkeepers


Moderne Entwicklungen im Fußball

Schlussendlich lässt sich der Fußball auf ein einfaches Ziel herunterbrechen: mehr Tore zu schießen als der Gegner. Wie groß die Rolle des Zufalls dabei ist (1), schauten sich Fabian Wunderlich, Alessandro Seck und Daniel Memmert an. Liegt der Ball erst einmal im Tor, heißt das aber noch nicht, dass der Treffer auch zählt. Der Video Assistent Referee sorgt seit fünf Jahren für regelmäßigen Gesprächsstoff und kommt in Katar zum zweiten Mal bei einer Fussball-Weltmeisterschaft zum Einsatz. Welchen Einfluss er auf die Entscheidungsfindung bei Schiedsrichter*innen hat (2), untersuchten Spitz, Wagemans, Memmert, Williams und Helsen. Jun.-Prof. Dr. Stefanie Klatt untersuchte den Einfluss der zusätzlichen Auswechslungen auf das Taktieren der Trainer*innen, sowie die Belastung der Spieler*innen (3).

Links:

(1) Zufallseinfluss im Fußball

(2) Video assistant referees (VAR): The impact of technology on decision making in association football referees

(3) Impact of one Additional Substitution on Player Load and Coaching Tactics in elite Football


Sexuelle Vielfalt im Fußball

Dr. Birgit Braumüller, Tobias Menzel und Univ.-Prof. Dr. phil. Ilse Hartmann-Tews vom Institut für Soziologie und Genderforschung waren beteiligt an der OUTSPORT-Studie (1), der ersten flächendeckenden europäischen Studie zum Thema Diskriminierung im Sport aufgrund der sexuellen Orientierung und/oder Geschlechtsidentität. Dabei untersuchten Braumüller, Menzel und Hartmann-Tews die homonegative Sprache im Sport unter LGB+-Athlet*innen (2). Die drei Forschenden untersuchten ebenfalls die Erfahrung von Athlet*innen mit Inklusionsstrategien (3) sowie die generellen Erfahrungen von LGBTQ+-Sportler*innen im organisierten Sport in Deutschland (4). Gemeinsam mit Sam Howe forschte Braumüller zum Thema Männlichkeit, Homosexualität und Homonegativität in der Fußballultraszene (5).

Links & Downloads:

(1) OUTSPORT-Studie

(2) Gender expression and homonegative episodes in sport among LGB+ athletes

(3) Gender Identities in Organized Sports—Athletes’ Experiences and Organizational Strategies of Inclusion

(4) Experiences of LGBTQ+ individuals in sports in Germany

(5) „Uns war es lieber wenn jemand sagt ‚du scheiß Schwuchtel‘ als ‚du scheiß Jude‘“



Positionsdaten und Big Data – wie Algorithmen das Spiel entschlüsseln

Am Institut für Trainingswissenschaft und Sportinformatik geht eine Forschergruppe der Frage nach, welche Werte wirklich Auskunft darüber geben, ob ein Team eher gewinnt oder verliert. Die Analyse so genannter Positionsdaten zeigt, dass Raumkontrolle (1)  solch ein Faktor zu sein scheint, ebenso wie die Passqualität (2). Einen Überblick über dieMöglichkeiten von Big Data im Fußball, die solchen Erkenntnissen zu Grunde liegen (3), liefern Univ.-Prof. Dr. Daniel Memmert und seine Kolleg*innen. Im Januar 2021 ist zudem die 4. Kohorte des Weiterbildungsmasters „Spielanalyse“ gestartet (4). Auch Sportwetten sind aus der Welt des Fußballs nicht mehr wegzudenken. Mit der Vorhersage von Spielergebnissen befasst sich Dr. Fabian Wunderlich: Was Big Data damit zu tun hat (5), schaute er sich im Rahmen seiner Promotion an. Zusammen mit den Kollegen Klemp und Memmert untersuchte er auch die Vorhersage von Spielausgängen während eines Fußballspiels anhand von Positionsdaten (6).

Links:

(1) Raumkontrolle als Mittel zum Erfolg

(2) Passqualität als Erfolgsfaktor

(3) Möglichkeiten von Big Data im Fußball

(4) M.A. Spielanalyse

(5) Sports forecasting: Current applications in sports science and moving towards Big Data

(6) In-play forecasting in football using event and positional data

In Folge #05 des Wissenschaftspodcasts "Eine Runde mit..." spricht Univ.-Prof. Dr. Daniel Memmert über Spielanalyse


Anti-Doping-Forschung

Das Institut für Biochemie an der Deutschen Sporthochschule Köln unter der Leitung von Univ.-Prof. Dr. Mario Thevis beheimatet ein durch die Welt Anti-Doping Agentur (WADA) akkreditiertes Dopinglabor. Arbeitsschwerpunkte des Instituts sind die präventive Dopingforschung, Sporternährung und Dopinganalytik. Jedes Jahr werden im Institut ca. 30.000 humane und ca. 4.000 Pferde-Dopingproben analysiert. Das Institut verfügt über ein großes Spektrum neuester analytischer Techniken und steuert, besonders durch seine langjährige Erfahrung im Bereich der Massenspektrometrie, regelmäßig richtungsweisende Ergebnisse zur Entwicklung der Dopinganalytik bei.

Auf der Website des Instituts erfahren Sie alles rund um das Thema Doping und die Anti-Doping-Forschung: von der Definition (1) über alle wichtigen Begrifflichkeiten (2) bis hin zu Formen (3) und Nebenwirkungen (4) von Doping und dem Prozess der Dopingkontrolle (5).

Links:

(1) Definition von Doping

(2) Wichtige Begrifflichkeiten

(3) Formen des Dopings

(4) Doping-Nebenwirkungen

(5) Dopingkontrolle


Kreativität im Profifußball

Ob Neymar und Messi oder Mbappe und Musiala – eine Fußballgeneration lebt vor allem von ihren Kreativspielern und wird rückblickend auch mit genau diesen in Verbindung gebracht. Gerade, wenn ein großes Turnier wie die Weltmeisterschaft ansteht, werden die Hoffnungen einer ganzen Nation in selbige Spieler gesetzt. Matthias Kempe und Univ.-Prof. Dr. Daniel Memmert, Institut für Trainingswissenschaft und Sportinformatik der Deutschen Sporthochschule Köln, haben neue Erkenntnisse zur Kreativität gefunden: Die Studie untersucht das Kreativitätsniveau von erfolgreichen Torschüssen im Fußball (1). Brasilien steht in der Fußballwelt für seine Kreativspieler, Deutschland für seine klare Struktur. Klatt et. Al haben den kreativen Entscheidungsfindungsprozess von deutschen und brasilianischen Spielern und Trainern untersucht (2). Furley und Memmert wollten in ihrer Untersuchung erfahren, ob technisch versierte Vorbilder Kindern helfen, selbst kreativer im Spiel zu werden (3).

Links:

(1) Der Einfluss von Kreativität auf Torerfolge im Profifußball

(2) Creative and Intuitive Decision-Making Processes: A Comparison of Brazilian and German Soccer Coaches and Players

(3) Priming im Fußball


Jugendfußball in Deutschland

Nach wie vor ist der Fußball die beliebteste Sportart in Deutschland. Das lässt sich nicht zuletzt anhand der mehr als sieben Millionen Mitglieder des Deutschen Fußball-Bundes in Deutschland festmachen. Einen großen Teil dieser Mitglieder machen Kinder und Jugendliche aus. Die Ausbildung in Deutschland zum Fußballprofi ist eine der besten weltweit; auch die Forschung befasst sich mit dem Jugendfußball. Wann junge Fußballer Kohlenhydrate und Proteine zu sich nehmen sollten (1) , untersuchten Dr. Hans Braun, Helen Bauhaus, Simon Stegemann und Univ.-Prof. Dr. Mario Thevis. Wie das Dreieck zwischen Eltern, dem Trainer und den Kindern gespannt werden kann (2), schauten sich Dr. Babett Lobinger und Valeria Eckardt an. Lüdin, Donath, Cobley, Mann und Romann suchten nach einer Lösung, wie spätreife Kinder nicht durch Talentschmieden im Nachwuchsbereich durchrutschen könnten (3).

Links:

(1) Timing of carbohydrate and protein intake and hydration status of german junior football players

(2) Eltern-Coach-Kind

(3) Player-labelling as a solution to overcome maturation selection biases in youth football