Nr. 3/2018

Kontrast statt Kongruenz

Mit einem modernen Eye-Tracking-Verfahren haben Forscher vom Institut für Sportökonomie und Sportmanagement nachgewiesen, dass die Wirkung eines Sportsponsorings stark von der farblichen Umgebung abhängt, in der sich ein Unternehmen präsentiert. Der Vorteil: Es wird nicht nur der Medieninhalt gemessen, sondern auch, ob die kommunizierten Informationen tatsächlich vom ZuschauerInnen wahrgenommen und verarbeitet wurden. 

Sponsoringaktivitäten im Umfeld von medial stark präsenten Sportveranstaltungen haben in den vergangenen Jahren an Bedeutung gewonnen, weil Fernsehwerbung in den Pausen oder vor dem Beginn von Wettkämpfen immer weniger wahrgenommen wird. Klassische TV-Spots werden zunehmend überspult, der Ton wird ausgedreht, und das Bild wird ignoriert, weil die ZuschauerInnen sich einem Second Screen zuwenden. Die volle Aufmerksamkeit bekommt ein Event oft erst dann, wenn der eigentliche Wettbewerb läuft. Markenlogos, die während des Wettkampfs sichtbar werden, erhalten dann zwar nicht die volle Aufmerksamkeit der Rezipienten, „aber bei einem Liveevent wird niemand ausschalten, weil Sponsoren im Bild sind“, sagt Felix Boronczyk vom Institut für Sportökonomie und Sportmanagement. Der Doktorand ist gemeinsam mit Dr. Christopher Rumpf und Univ.-Prof. Dr. Christoph Breuer der Frage nachgegangen, wie sich das unmittelbare Umfeld gleichzeitig sichtbarer Markenlogos auf die Wahrnehmung und Wirkung von Werbebotschaften auswirkt und hat ein Paper mit dem Titel „Determinants of viewer attention in concurrent event sponsorship“ verfasst.

Wie der Wert eines Sponsorings bemessen wird, hängt in der Praxis bislang nämlich vor allem von der Frage ab, wie lange und wie prominent eine Marke in den TV-Übertragungen zu sehen ist, und natürlich davon, wie viele Menschen vor den Bildschirmen sitzen. „Weil das einfach zu erheben ist, wurde meist die bloße Sichtbarkeit als Kernvariable genommen“, erzählt Boronczyk. Dieser medienanalytische Ansatz misst den Medieninhalt, nicht aber, ob die kommunizierten Informationen tatsächlich vom Zuschauer bzw. von der Zuschauerin wahrgenommen und verarbeitet wurden. Erst durch die Nutzung moderner Eye-Tracking-Systeme lässt sich nachweisen, welche exakten Details auf dem Bildschirm von einem Zuschauer/einer Zuschauerin betrachtet und wahrgenommen werden, und an dieser Stelle setzt nun Boronczyks Studie an.

92 Probandinnen und Probanden bekamen Bilder von Langlauf-, Biathlon- und Skisprungwettbewerben vorgeführt, auf denen neben SportlerInnen, Wettkampfstätten, Schnee oder ZuschauerInnen auch die Logos der Sponsoren auftauchten. Die zentrale Frage des Experiments lautete: Wie wirkt sich das unmittelbare Umfeld eines Logos auf dessen Wahrnehmbarkeit aus? Den StudienteilnehmerInnen wurden in einer angenehmen Atmosphäre manipulierte Fotos vorgeführt, in die verschiedene Sponsorenlogos in unterschiedlichen Kombinationen hineinmontiert worden waren.

Sichtbar waren die Firmen Eon, Viessmann und Audi, die sich überwiegend in roten Farbtönen präsentieren, sowie BMW und DKB, deren Logos einen starken Blauanteil aufweisen. Für jedes der Bilder wurden nun unterschiedliche Kombinationen aus jeweils zwei dieser fünf Unternehmen erstellt, was dazu führte, dass es Fotos gab, auf denen der Farbkontrast zwischen den Logos sehr gering war (zum Beispiel bei Viessmann und Audi) oder eben Bilder mit einem sehr hohen Farbkontrast (zum Beispiel bei Viessmann und DKB).

Die Ergebnisse sind eindeutig und zeigen, dass der farbliche Kontrast einen enormen Einfluss auf die Wahrnehmung der Sponsoren hat. Je schwächer der Kontrast zwischen den Logos war, desto weniger wurden sie auch wahrgenommen. Dies ist insofern bemerkenswert, als dass werbende Unternehmen in der Regel bislang keinen Einfluss darauf nehmen, in was für einem konkreten Umfeld sie erscheinen; damit müssen sie die Wirkung einer Sponsoringmaßnahme in Teilen dem Zufall überlassen, je nachdem welche Werbung nebenan platziert wurde.  Jenseits dieses Befundes, der womöglich schon bald Auswirkungen auf die Vereinbarungen zwischen Unternehmen und den Veranstaltern haben wird, untersuchte Boronczyk aber noch einen weiteren Aspekt der Wirkung von Sponsoringmaßnahmen: Mit dem Eye-Tracking-Verfahren wurde auch ermittelt, welche Probanden wie lange welche Details der Bilder betrachteten. „Wir haben vorher abgefragt, wie stark sich die Probanden für Wintersport interessieren, und die Kernerkenntnis war, dass die Leute, die sehr interessiert sind, Details im Hintergrund weniger intensiv fixiert haben“, berichtet Boronczyk. Personen mit geringerem Interesse am eigentlichen Wettbewerb achten demnach eher auf Werbebotschaften als stärker involvierte Fans.

Text: Daniel Theweleit

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Manipulierte Stimulusbilder der Studie

Originalbilder © picture alliance