Nr. 6/2018

Handlungsschnelligkeit und Ballkontrolle im Footbonaut

Das Institut für Vermittlungskompetenz in den Sportarten (IVKS) hat gemeinsam mit dem Fußballbundesligisten TSG 1899 Hoffenheim eine Studie mit Nachwuchsfußballspielern durchgeführt. Im Zentrum: der Footbonaut, ein hochtechnisiertes Trainingsgerät, das u.a. in der Talentsichtung und -entwicklung sowie in der fußballspezifischen Leistungsdiagnostik eingesetzt wird.

Die Wissenschaftler widmeten sich der Frage, ob physische und mentale Ermüdung einen Einfluss auf die fußballerischen Basisfertigkeiten haben. Die Ergebnisse sind nun im Artikel “Football practice with youth players in the ‚Footbonaut‘: Speed of action and ball control in face of physical and mental strain” im German Journal of Exercise and Sport Research erschienen.

In Hoffenheim steht einer. In Dortmund auch. Das war’s dann aber auch schon. Von einem flächendeckenden Einsatz des Footbonauten, einem modernen Trainingsgerät im Fußball, kann noch keine Rede sein. Bei einem Footbonauten steht ein Spieler auf einem 14 mal 14 Meter großen Rasenfeld, umgeben von Gitterwänden, die aus 72 Quadraten bestehen. An allen vier Seiten ist je eine Ballmaschine installiert, die, verbunden mit einem akustischen Signal, Bälle bis maximal 120 km/h ausgeben kann. Diese kann der Spieler dann per Fuß, Brust oder Kopf gemäß der gestellten Aufgabe verarbeiten und in eines der aufleuchtenden Quadrate befördern. Handlungsschnelligkeit und Umschaltvermögen sind dabei besonders gefragt, denn es geht darum, den Ball möglichst schnell anzunehmen, unter Kontrolle zu bringen und im richtigen Zielfeld zu platzieren. Diese Fähigkeiten gelten als entscheidend für die Talenterkennung und -entwicklung. „Jedoch ist bislang wenig erforscht, inwiefern sich physische und mentale Belastungen auf die Qualität der Umsetzung auswirken“, erklärt Projektleiter Jun.-Prof. Dr. Tobias Vogt vom IVKS.

Daher testeten die Forscher im Rahmen der Studie 33 Nachwuchsfußballspieler (U14 bis U16) mit standardisierten Übungsformen im Footbonauten. Jede Übungsform umfasste 20 zufällig ausgegebene Bälle mit jeweils einer Geschwindigkeit von 50 km/h. Die Testpersonen waren dazu zufällig einer von drei Gruppen zugeordnet worden. Die Spieler der ersten Gruppe (MDT – mentally demanding tasks) hatten zwischen der Ausgangsmessung und der Vergleichsmessung im Footbonauten „mental fordernde Aufgaben“ zu lösen – „eine Kombination aus fortlaufendem Stroop-Test und Determinationstest mittels Wiener Testsystem“, erklärt Vogt. Bei dem zehnminütigen Stroop-Test waren die Jugendlichen aufgefordert, Farb-Wort-Interferenzen zu erkennen. Beim computergestützten Mehrfachreiz-Reaktionstest mussten sie optische und akustische Reize mit Hand- und Fußpedalen verarbeiten.

Die elf Jugendlichen der zweiten Gruppe (PDT – physically demnading tasks) hatten zwischen den zwei Messungen im Footbonauten „körperlich fordernde Aufgaben“ zu lösen, d.h. sie absolvierten ein Trainingsprogramm bestehend aus fußballspezifischen Inhalten. „Wir haben einen fußballspezifischen Kurs aufgebaut, in dem die Testpersonen dribbeln, passen, springen und sprinten mussten, und zwar über die Dauer von vier Intervallen á vier Minuten mit drei Minuten aktiver Pause im Joggingtempo. Umgehend nach Ende des vierten Intervalls stand dann die zweite Messung im Footbonauten an“, beschreibt Vogt das Testdesign.

Die elf Spieler der Kontrollgruppe (CON – control condition) sollten weder körperlich noch geistig aktiv sein, sondern eine Ruhezeit in einem separaten Aufenthaltsraum einhalten. Über alle drei Gruppen hinweg wurden fortlaufend die Herzfrequenz sowie die selbst wahrgenommene Beanspruchung gemessen.

Die Ergebnisse zeigen interessanterweise, dass sich weder die körperliche noch die mentale Belastung vor den Übungen stark auf die Leistungen im Footbonauten auswirken. Handlungsschnelligkeit und Ballkontrolle zeigten keine Veränderungen aufgrund der Interventionen verglichen mit der Kontrollgruppe. „Zu berücksichtigen ist sicherlich ein Lerneffekt von der ersten zur zweiten Messung im Footbonauten. Dieser könnte mögliche Leistungseinbußen aufgrund der Interventionen wettgemacht haben“, interpretiert Vogt das Hauptergebnis. Ein angenommener Talentfaktor und eine erhöhte Motivation bei den Testpersonen aufgrund der Wettkampfsituation könnten weitere Einflussfaktoren darstellen. „Zudem“, schränkt der Projektleiter ein, „ist es schwierig, die Ergebnisse auf die komplette Dauer eines Fußballspiels und auf das komplexe fußballspezifische Bewegungsverhalten zu übertragen, weil wir nur sehr kurze Übungsmuster getestet haben.“ Daher, empfiehlt Vogt, bei künftigen Forschungsaktivitäten die große Bandbreite an Möglichkeiten im Footbonauten auszuschöpfen, um die Talenterkennung und -entwicklung weiter zu verbessern.

Text: Julia Neuburg

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Veröffentlichung

Weiterführende Informationen enthält der im German Journal of Exercise and Sport Research erschienen Artikel "Football practice with youth players in the Footbonaut: Speed of action and ball control in face of physical and mental strain". 

Der Artikel kann hier angefordert werden