Aspekte der Schulsportentwicklung

Professor Günter Stibbe bei seiner Verabschiedung in den Ruhestand - ein Fachgespräch zur Schulsportentwicklung

Rund 13 Jahre lang war Günter Stibbe Professor für Sportdidaktik und Schulsport an der Deutschen Sporthochschule Köln. Jetzt hat er sich in den Ruhestand verabschiedet. Neben seiner universitären Laufbahn arbeitete er als Lehrer an Gesamtschulen in Wuppertal und Köln sowie im NRW-Kultusministerium. Zum Abschied organisierte sein Institut ein Symposium zum Thema Aspekte der Schulsportentwicklung. Zahlreiche Weggefährt*innen folgten der Einladung an die Hochschule und tauschten sich im Rahmen der Fachgespräche aus.

Rund 50 Gäste versammelten sich vergangenen Freitag im Hockey-Judo-Zentrum der Hochschule, um sich mit Univ.-Prof. Dr. Günter Stibbe auszutauschen und „Adieu“ zu sagen - darunter aktuelle und ehemalige Kolleg*innen, Wissenschaftler*innen desselben Faches sowie langjährige Wegbegleiter*innen. Die Liste der Vorträge war lang: insgesamt sieben Expert*innen standen auf dem Programm. Am Ende war es Günter Stibbe zu verdanken, dass die Veranstaltung nicht überzogen wurde und alle pünktlich zum gemeinsamen Essen gehen konnten. Der gebürtige Westfale kürzte kurzerhand seine Rede um 20 Minuten, um sich dann schnell zum Umziehen zu verabschieden: „Dieser Konfirmationsanzug ist für den geselligen Teil des Abends doch etwas unbequem.“ Die Berechtigung des umfassenden Programms zeigten die lebhaften Diskussionen am Ende eines jeden Vortrages. So wurde zur Zeitgemäßheit und Zukunftsfähigkeit des Erziehenden Sportunterrichts diskutiert, zur Sportlehrer*innenbildung zwischen Tradition und Innovation sowie zu Perspektiven der Schulsportentwicklung und Schulsportforschung. Themen, mit denen sich Professor Günter Stibbe in den vergangenen Jahren auseinandergesetzt und zu denen er zahlreiche Beiträge und Veröffentlichungen geliefert hat. Wie zum Beispiel sein jüngstes Buch mit dem Titel „Sportdidaktik und Schulsport – Zentrale Themen einer diversitätssensiblen Fachdidaktik“ –gemeinsam herausgegeben mit Univ.-Prof. Dr. phil. Sebastian Ruin von der Universität Graz, der ebenfalls zu Gast war.

Ein Thema, das den ehemaligen Lehrer und Mitarbeiter des NRW-Kultusministeriums seit jeher umtreibt: die Lehrplanentwicklung und Lehrplanforschung im Sport. In einem Interview für die Spoho-Zeitung KURIER (geführt zu Neubeginn seiner Professur an der Hochschule) hat Stibbe auf die Frage, wie ein perfekter Lehrplan aussehen sollte, folgendes geantwortet: „Das ist einfach zu beantworten. Ein perfekter Lehrplan sollte vor allen Dingen umgesetzt werden an der Schule. Das ist nämlich das größte Problem, die Diskrepanz zwischen Theorie und Praxis. Gerade in der Sportdidaktik wissen wir sehr viel über Gelingensbedingungen von Lehrplanimplementationen, die aber mit Füßen getreten werden. Man macht eigentlich seit 30 Jahren immer die gleichen Fehler. Es ist sehr bedauerlich, dass diejenigen, die das Theoretische umsetzen müssen, nämlich die Lehrkräfte, viel zu selten beteiligt werden und dass viel zu viel Geld in die Lehrplanentwicklung investiert wird und die Lehrplanimplementation quasi vergessen wird.“ Eine Haltung, die er noch heute vertritt. In seinem persönlichen Resümee am Ende des Symposiums sagt er genau das: „Ein Lehrplan ist dann gut, wenn er an der Schule auch umgesetzt wird.“

Der Schulsportforschung bleibt Stibbe auch im „Nicht-Ruhestand“ treu, sowohl auf inhaltlicher als auch auf operativer Ebene. „Dass dir die Nachwuchsförderung sehr am Herzen liegt, sieht man daran, dass hier heute alle deine ehemaligen Doktorand*innen versammelt sind, die du erfolgreich durch die Promotion und teils sogar in die Habilitation begleitet hast und die alle im Hochschulbetrieb untergekommen sind. Und zwei Doktorand*innen nimmst du noch mit in den Ruhestand“, sagte Sporthochschul-Kollegin Dr. Petra Guardiera vom Zentrum für Sportlehrer*innenbildung (ZfSb). Es ist nur ein leises „Adieu“.

Kurzvita:
Nach Studium des Lehramts für die Fächer Sport und Englisch der Sekundarstufen I und II an der Uni­versität Wuppertal und dem Bethel College, Kansas (USA), absolvierte Günter Stibbe 1986 das Refe­rendariat mit Abschluss des Zweiten Staatsexamens in Krefeld. Danach arbeitete er als Wis­senschaft­licher Mitarbeiter am Institut für Sportwissenschaft der Universität Wuppertal sowie als Leh­rer an Ge­samtschulen in Köln und Wuppertal, bevor er neun Jahre als Referent im Schulsportreferat des dama­ligen Kultusministeriums (später Sportministerium) des Landes NRW arbeitete. Promotion und Habili­tation an den Universitäten Bonn bzw. Wuppertal mit einem sportpädagogischen Thema. Von 2002 bis 2010 war er dann als Professor für Sportpädagogik an der Pädagogischen Hochschule Karlsruhe tätig. Im April 2010 wechselte er als Professor für Sportdidaktik an das Institut für Schulsport und Schul­sport­entwicklung der Deutschen Sporthochschule Köln. Die letzten Jahre leitete er die Abteilung Pädagogik des Insti­tuts für Pädagogik und Philosophie.
Arbeitsschwerpunkte: Sportdidaktische Grundlagen, Problemgeschichte des Sports, Lehrplanfor­schung, Schulsportentwicklung.

  • Hier geht es zum Interview im KURIER