Auswirkungen des Klimawandels auf den Winter- und Bergsport
Das Expertenforum ‚Klima.Schnee.Sport‘, bestehend aus 14 Klima- und Sportforschungseinrichtungen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz, veröffentlicht in seinem neuen Positionspapier den aktuellen Forschungsstand zum Winter- und Bergsport im Zeichen des globalen Klimawandels. Dabei handelt es sich um eine aktualisierte Fassung der zweiten Version von 2022, welche die Fachleute um den Themenbereich Bergsport im Sommerhalbjahr erweiterten. Außerdem wurden Wissensdefizite und Handlungsansätze zusammengefasst.
Das Ziel des Positionspapiers ist es, eine Basis für eine sachliche Diskussion zu schaffen, damit für Natur, Mensch und Wirtschaft langfristig optimale Maßnahmen getroffen werden können. Die Deutsche Sporthochschule Köln ist in Person von Univ.-Prof. Dr. Ralf Roth in die Veröffentlichung eingebunden. Der Leiter des Instituts für Outdoor Sport und Umweltforschung der Deutschen Sporthochschule Köln ist Initiator und Leiter des Expertenforums ‚Klima.Sport.Schnee‘. „Klimaanpassung ist dynamisch, regional unterschiedlich und eng mit gesellschaftlichen wie sporttouristischen Entwicklungen verknüpft. In polarisierenden Zeiten braucht es klare Orientierung und konkrete Lösungen. Es liegt an uns allen, wissenschaftsbasierte Ziele für Klimaschutz und -anpassung umzusetzen“, betont Prof. Roth und unterstreicht damit die Bedeutung des Positionspapiers. Einige Kernaussagen des Papiers haben wir hier zusammengefasst.
Erwärmung hält an
Das Klima hat sich in den letzten Jahrzehnten deutlich erwärmt. Nach neuesten Berechnungsmethoden beträgt die mittlere Erwärmung seit vorindustrieller Zeit bis Ende 2024 in Deutschland 2,5 °C, in Österreich 3,1 °C und in der Schweiz 2,9 °C. Die Fachleute des Expertenforums ‚Klima.Sport.Schnee‘ sind sich in ihrer Erwartung einig, dass sich trotz der globalen Klimaschutzmaßnahmen, die sich in der Umsetzung befinden, die Jahresmitteltemperatur im D-A-CH-Raum bis zum Ende des Jahrhunderts um mindestens weitere 2 °C steigt.
Der langfristige Klimatrend, hervorgerufen durch die weiter steigenden Treibhausgasemissionen, werde deutlich von der natürlichen Klimavariabilität überlagert. Vor allem auf kurzen (von Jahr zu Jahr) und mittleren (20 bis 30 Jahre) Zeitskalen könnten diese zum Teil markanten Schwankungen den langfristigen Trend regional sowohl verstärken als auch abschwächen.
Erkenntnisse für den Wintersport
„Die Erwärmung wirkt sich deutlich auf die Winter aus“, beschreiben die beteiligten Wissenschaftler*innen. Im Positionspapier heißt es: „Die für den Schneesport geeignete natürliche Schneedecke geht langfristig besonders in tiefen und mittleren Lagen bis etwa 1.500 Meter Seehöhe weiter zurück. Durch die Erwärmung ändern sich auch die meteorologischen Rahmenbedingungen für die technische Schneeerzeugung. Die potenziellen Beschneiungszeiten werden weniger und der Wasser- und Energiebedarf nimmt zu.“
„Beim Winterniederschlag ist die natürliche Variabilität besonders hoch und es lassen sich vielerorts bisher keine klaren Trends beobachten“, schreiben die Autor*innen. In den aktuellen Klimaszenarien zeigten sich aber robuste Signale hinsichtlich einer Erhöhung der Winterniederschläge im Alpenraum und der Intensivierung kurzzeitiger Niederschlagsextreme. Jedoch sei in tiefen und mittleren Lagen mit einem weiteren Rückgang des Schneefalls zu rechnen, da Niederschlag aufgrund der höheren Temperaturen vermehrt als Regen anstelle von Schnee falle.
Erkenntnisse für den Bergsport
„Klimaszenarien zeigen für den Alpenraum eine Tendenz zu geringen Niederschlagsmengen über das gesamte Sommerhalbjahr gesehen. In Verbindung mit erhöhten Verdunstungsraten infolge steigender Temperaturen führt das zu einer Intensivierung sommerlicher Trockenheitsepisoden“, erklären die Wissenschaftler*innen. Gleichzeitig sei zu erwarten, dass sich kleinräumige und kurzzeitige Starkniederschläge im Sommerhalbjahr weiterhin intensivieren und in ihrer Häufigkeit zunehmen. Dies könne unter anderem zu einer Häufung weiterer alpiner Naturgefahren wie Murenabgängen und Hangrutschungen führen, die die alpinen Wegenetze und sonstige Infrastruktur betreffen. Im Frühling und Herbst trage der Klimawandel zu einer Saisonverlängerung vieler Outdooraktivitäten bei, wie Wandern, Radfahren, Baden, Wassersport und Golf. Im Sommer steige allerdings die Belastung durch die steigenden Temperaturen.
Wissensdefizite und Forschungsbedarf
Das Team des Expertenforums ‚Klima.Sport.Schnee‘ listet im neuen Positionspapier auch Bereiche mit Unsicherheiten und Forschungsbedarf auf. Einige Beispiele:
- Es mehren sich Hinweise auf eine Zunahme langlebiger Wetterlagen durch veränderte atmosphärische Zirkulation. Doch viele zugrundeliegende Mechanismen sind noch unzureichend verstanden.
- Während Temperaturprognosen relativ sicher sind, bestehen große Unsicherheiten bei der Niederschlagsentwicklung. Verbesserte Daten sind dringend nötig, unter anderem durch neue Messmethoden und mehr Messstationen in höheren Lagen.
- Abrupte Änderungen von Komponenten des Klimasystems, wie der atlantischen Umwälzzirkulation (AMOC), stellen im Zuge des fortschreitenden Klimawandels ein ernst zu nehmendes Risiko dar. Das Prozessverständnis und die Zeitskalen solcher Kipppunkte müssen noch vertieft erforscht werden.
- Lokale Phänomene wie Temperaturinversionen oder das Absinken der Schneefallgrenze in Tälern sollten detaillierter untersucht werden, da sie die Schneedecke stark beeinflussen können.
Verantwortung für kommende Sport- und Tourismusgenerationen
„Der Klimawandel stellt eine große Herausforderung dar. Es liegt im langfristigen Interesse des Winter- und Bergsports, dass Nachhaltigkeit, Klimaschutz und Resilienzsteigerung auf allen Ebenen und synergetisch gefördert werden“, sagt Univ.-Prof. Dr. Ralf Roth vom Institut für Outdoor Sport und Umweltforschung der Deutschen Sporthochschule Köln und Initiator des Expertenforums ‚Klima.Sport.Schnee‘. „Unser Ansatz löst sich vom kurzfristigen Denken und Planen und ist Ausdruck einer Verantwortung für kommende Sport- und Tourismusgenerationen. Die gesamte Branche – Seilbahnbetreiber, sporttouristische Unternehmen, Winter- und Bergsportverbände, Sportartikelindustrie, Sportfachhandel und Destinationen mit ihren Gästen – ist deshalb angehalten, sich aktiv an der gesamtgesellschaftlichen Herausforderung Klimawandel mit entsprechenden Maßnahmen zur Minderung der Treibhausgasemissionen und zur Anpassung an die Folgewirkungen zu beteiligen.“
Kontakt für Medien-Rückfragen:
Univ.-Prof. Dr. Ralf Roth
Leiter des Instituts für Outdoor Sport und Umweltforschung
E-Mail: roth@dshs-koeln.de