"Blut ist dicker als Weihwasser"

Im Vordergrund die drei Finalisten: Arne, Julius und Samuel

Ein historisches Datum für einen denkwürdigen Abend: Am 14. Juli 1789 leitete der  "Sturm auf die Bastille" die Französische Revolution ein. An der SpoHo stürmten acht Poetry-Slammer hingegen die Bühne von Hörsaal 1. Beim diesjährigen SpoHoetry-Slam unter dem Motto "Sturm auf die Bühne" begeisterten die Slammer das Publikum mit einer Mischung aus ernsten und humorvollen Texten. 

"Gut, dass ihr nicht auf Pokemon-Jagd seid", eröffnete Lennard Rosar den Abend und begrüßte damit die rund 400 ZuschauerInnen in Hörsaal 1 zum fünften SpoHoetry-Slam. Diese hatten sich richtig entschieden, denn anstatt virtueller Tiere erwartete sie eine anregende Melange aus gesellschaftskritischen, sarkastischen und humorvollen Texten.

Den Beginn machte dabei ein echter Bühnenliebhaber: Nach dem Gewinn des letzten SpoHoetry-Slams und dem Gewinn des BIG-Battle mit einem Bewegungstheaterstück trat Malte Kohlhaas erneut mit einem kunstvoll poetischen Stück über den Kampf zischen Kopf und Herz auf der Bühne des SpoHoetry-Slams auf und regte die Zuschauer zum sinnlichen Träumen an.

Die erste SpoHoetry-Newcomerin, Anna, näherte sich gemeinsam mit ihren zwei imaginären Unterstützerinnen (Anne und Annika) einem ähnlichen Thema aus anderem Blickwinkel: Sie widmete ihren Text dem "Fachdilettant", einem Menschen, der zwar kein Experte auf einem Gebiet sein mag, seine Arbeit aber mit Liebe und großer Leidenschaft dennoch gut vollzieht.

Arne Löber, Sieger des allerersten SpoHoetry-Slams, sorgte für die ersten Lacher im Publikum, als er von seiner fiktiven Wohnsituation in Köln und den Bekanntschaften mit seiner mehr oder weniger sympathischen Nachbarin Bärbel erzählte. Dabei baute er gekonnt thematische Überleitungen zu den derzeit vorherrschenden politischen Geschehnissen wie dem Brexit und der Person Donald Trump ein.

Newcomerin Lisa Gerhold berichtete von einem eindrucksvollen Erlebnis auf einer Bootstour in Indonesien: Eine ihrer Bekannten war damals derart in ihr Handy vertieft, dass sie die Landschaft, die Menschen und die Umgebung um sich herum verpasste. Von dieser traurigen Situation inspiriert, slamte Lisa über die Suche nach der wahren Liebe in einer Welt zwischen Tinder, auf den Boden verlegten Ampeln und gepolsterten Laternen.

Julius Schmidt brachte die 400 Zuschauer mit seinem gesellschaftskritischen Text über religiösen Fanatismus in unterschiedlichen Religionen zum Schweigen und zum Nachdenken. Er ging dabei auf die Rolle der Familie, die Schwierigkeit, sich vom Glauben zu lösen, und das für ihn wirklich Wichtige im Leben ein: Gefühle, Liebe und Lust. Sein Fazit: Blut ist dicker als Weihwasser...

Caroline Meier beschrieb die Zeit aus dem Blickwinkel von Athleten der Olympischen Spiele. Die Zeit dabei als etwas, das bezwungen werden muss, aber einem dennoch den Sieg beschert. Zeit als etwas Kostbares und Unwiederbringliches. 

Die Frohnatur Samuel Ong berichtete in seinem Text von seinen Erfahrungen im Sportstudium. Sein Fazit zwischen kritischem Umgang mit ominösen Studien, verschobenen Statistik-Klausuren und Rotwein als einer neuen Art des Trainings: Als Sportwissenschaftler kann man alles werden.

Max Ragaller thematisierte den Brexit aus einer sportlichen Perspektive: über das Ausscheiden Englands bei der Fußball EM. Dabei zog er Parallelen zwischen den Entwicklungen im britischen Sport wie dem Rücktritt des Trainers, taktischen Fouls oder dem entscheidenden Ball, der durch die Finger gleitet, und der britischen Politik. 

Nach dieser anregenden Mischung aus Texten und den humorvollen Zwischenmoderationen Rosars lag es in der Hand des Publikums, per Applaus für einen der Slammer als Gewinner zu entscheiden. Zu einem Stechen kam es danach zwischen Arne Löber, Julius Schmidt und Samuel Ong. Die letzte Applaus-Runde machte Julius Schmidt zum Sieger und bestätigte das Interesse des Slam-Publikums an gesellschaftskritischen, aktuellen Themen.

Den Siegerbeitrag können Sie sich hier ansehen.

Organisation: Ansgar Molzberger
Künstlerische Leitung: Theo Vagedes