Boxen im Lehramtsstudium

Eine kleine Sensation: erstmals seit Ende der NS-Diktatur wird das Boxen wieder als offizieller Bestandteil des Lehramtsstudiums in Köln angeboten. Während das Boxen im Schulsport der DDR überdauerte, war das Verhältnis zum Boxsport in der jungen Bundesrepublik deutlich spannungsreicher. Als Massenspektakel ungemein beliebt, als Schulsport historisch vorbelastet und damit ein heikles Thema. Der Grund: 1937 führten die Nationalsozialisten neben dem Fußball auch Boxen verbindlich im Sportunterricht für Jungen ein, was sich einerseits aus der immensen Popularität des Boxsports nach dem Sieg von Max Schmeling über Joe Louis im Jahre 1936, andererseits aus der persönlichen Begeisterung Adolf Hitlers für das Boxen ergab.

Nach dem Krieg knüpften die ersten nordrhein-westfälischen Lehrpläne inhaltlich zwar nahezu unverändert an die Lehrpläne von 1937 an, das Boxen tauchte allerdings nicht mehr auf. Erst 1980 tauchte Kampfsport überhaupt wieder in den regulären NRW-Curricula auf, diesmal in Form der zusätzlich wählbaren Sportarten Fechten und Judo – vom Boxsport fehlte allerdings weiterhin jede Spur.

Eine neue Gelegenheit bot sich schließlich mit der curricularen Novellierung des NRW-Schulsports ab 1999, in deren Zuge der neu entstandene Inhaltsbereich „Ringen und Kämpfen – Zweikampfsport“ einerseits zur curricularen Verbindlichkeit avancierte, andererseits keine konkreten Sportarten mehr für die schulische Umsetzung vorgeschrieben wurden. Ab diesem Moment hätte Boxen also wieder regulärer Bestandteil des Schulsports werden können – wäre da nicht eine knappe Fußnote gewesen, die das Boxen als einzigen Kampfsport explizit exkludierte. Im Zuge der Einführung der kompetenzorientierten Lehrpläne für NRW entfiel dieser explizite Ausschluss des Boxens schließlich im Jahr 2014.

Diese Voraussetzung zum Anlass nehmend, wurde nun für das Sommersemester 2019 erstmals ein Kampfsport-Kurs für Lehramtsstudierende eingerichtet, der neben dem Boxsport - angeleitet von Leo Istas (Institut für Vermittlungskompetenz in den Sportarten) - auch die traditionsreiche japanische Kampfkunst Ju Jutsu behandelt - unterrichtet von Dr. Ramin Vafa (Institut für Bewegungs- und Neurowissenschaft).

„Im Mittelpunkt der Auseinandersetzung mit diesen besonderen Sportarten steht dabei nicht das einfache Nachahmen kampfsportlicher Praxen, sondern eine verstärkte pädagogische und didaktische Auseinandersetzung mit bislang vernachlässigten Sportbereichen im NRW-Schulsport“, so Leo Istas. Langfristig soll Schülern und Lehrern so die Möglichkeit eingeräumt werden, von einer umfassenden Bildung in allen Belangen des (Kampf-)Sportes zu profitieren – und eben nicht nur in einigen vorselektierten Sportarten.