"Eine spannende Reise"

Gert-Peter Brüggemann verabschiedete sich von Studierenden und Hochschulangehörigen mit einer Abschiedsvorlesung und einem kleinen Umtrunk.

„Es war eine tolle und wahnsinnig spannende Reise“ – mit diesen Worten eröffnete und schloss Univ.-Prof. Dr. Gert-Peter Brüggemann seine Abschiedsvorlesung am gestrigen Mittag, mit der er sich nach 34 Jahren an der Deutschen Sporthochschule Köln und nach 17 Jahren als Leiter des Instituts für Biomechanik und Orthopädie in den Ruhestand verabschiedete.

Rund 350 Zuhörerinnen und Zuhörer hatten sich im großen Hörsaal der Hochschule eingefunden, um einem Abriss von Brüggemanns Werdegang und Forschung zu folgen, darunter Wegbegleiter, Freunde, Hochschulangehörige und Studierende. Dabei agierte Brüggemann gleichzeitig gewohnt souverän und gewitzt; seine Begeisterung und Faszination für die biomechanische Forschung und deren Erkenntnisse merkte man ihm deutlich an. „Alles, was ich hier heute erzähle, ist klausurrelevant“, machte er gleich zu Beginn klar und erntete damit die ersten Lacher aus dem Publikum. Unter dem Titel „Biomechanik an der Deutschen Sporthochschule Köln: gestern, heute und morgen?“ skizzierte der Professor Aufbau, Pflege und Entwicklung der Biomechanik an der Sportuniversität, für die er 1983 seinen ersten Ruf erhielt. Seit 2000 verbrachte er dann 17 Jahre lang als Institutsleiter im 10. Stock des Institutsgebäudes I. Mit vier Rektoren, einer Rektorin, zwei Kanzlern, einer Kanzlerin und mehr als 15.000 Studierenden hatte Brüggemann in 34 Jahren das Vergnügen.

Die biomechanische Forschung im Sport nahm ihren Anfang in verschiedenen Sportarten, insbesondere in der Leichtathletik und im Turnen. „Zunächst ging es der Biomechanik darum, zu beschreiben, zu verstehen, zu erklären und zu prognostizieren, wie Bewegungsabläufe in verschiedenen Sportarten funktionieren“, sagt Brüggemann. So begann man Ende der 80er Jahre, bei Olympischen Spielen und Weltmeisterschaften, z.B. in Seoul 1988, Bewegungen zu beobachten, auf Videomaterial festzuhalten und anschließend zu analysieren. Diese Liveanalysen gingen zu Beginn des neuen Jahrtausends einen Schritt weiter: „Bei den Leichtathletik-Weltmeisterschaften 2005 in Helsinki haben wir erstmals Messinstrumente ins Stadion eingebaut, zum Beispiel Kraftmessplatten beim Stabhochsprung“, erinnert sich Brüggemann. So war es erstmals möglich, Kräfte von Mensch und Stab im Wettkampf unter Maximalbelastung zu erfassen. Die Interaktion von Mensch und Technik stand dabei im Vordergrund.

Die Biomechanik widmete sich dann dem Zusammenhang zwischen mechanischer Belastung und den biologischen Reaktionen des Körpers bei Sport und Bewegung. So wurden etwa Erkenntnisse gesammelt zu den unterschiedlichen Sehneneigenschaften von Sportlern, z.B. Hochspringern oder Läufern. Damit konnten Aussagen darüber getroffen werden, welches individuelle Potenzial der menschliche Körper besitzt und wie er dieses am besten in sportliche Leistung umwandelt. So weiß man mittlerweile, dass die für das Laufen entscheidenden Sehnen bei Kenianern um 35% länger sind als bei europäischen Sportlern, was eine Erklärung dafür sein könnte, dass afrikanische Läufer bessere körperliche Voraussetzungen besitzen.

Eine Frage, mit der sich Brüggemann in den letzten Jahren beschäftigt hat, lautet: Wie bestimmt Technologie die sportliche Leistung? Am Beispiel der Prothetik verdeutlichte der Wissenschaftler, wie technologischer Fortschritt im Sport die Leistung des Athleten steigern kann. „Technologie sollte niemals als Ersatz für den Menschen eingesetzt werden“, mahnt Brüggemann, „sondern zu dem Zweck, eine Funktion zu erhalten oder wiederherzustellen“.

Der Dank des Professors am Ende seiner Rede galt seinen vielen „Reisebegleitern“, deren Geduld er stets geschätzt habe und mit denen er immer gut diskutieren konnte. Das Publikum bedankte sich wiederum mit stehenden Ovationen und bei Kölsch und Apfelschorle stieß Brüggemann dann noch mit vielen Kolleginnen und Kollegen im Foyer der Sporthochschule auf seinen Abschied an.