Leben und Leistungssport mit Spenderherz

Elmar Sprink und Thomas Schmidt im Seminarraum
Elmar Sprink (li.) folgte der Einladung von Jun.-Prof. Dr. Thomas Schmidt, um seine Geschichte als herztransplantierter Leistungssportler zu erzählen.

Elmar Sprink, einer der fittesten Herztransplantierten weltweit, ist Gast in einem Seminar an der Sporthochschule und berichtet davon, wie er mit einem Spenderherz lebt und Leistungssport betreibt.

Wenn das menschliche Herz nicht mehr in der Lage ist, den Organismus mit ausreichend Blut und Sauerstoff zu versorgen, spricht man von einer Herzinsuffizienz. Ein stabiler Stoffwechsel ist dann weder in Ruhe noch unter Belastung möglich. Die Herzinsuffizienz zählt zu den häufigsten Todesursachen in Deutschland. Im Endstadium der Erkrankung gilt die Herztransplantation als Goldstandard-Therapie. Doch nur sehr wenige Menschen erhalten in Deutschland aufgrund des Organspendermangels überhaupt ein passendes Spenderherz – Elmar Sprink ist einer von ihnen.

Elmar Sprink (50) ist schon immer leidenschaftlicher Sportler: Ob Triathlon, Trailrunning, Mountainbiken, Bergsteigen, Snowboarden, Skifahren oder Surfen – er liebt die sportliche Herausforderung. Im Juli 2010 sitzt er tatsächlich mal zuhause auf dem Sofa, um Sport im Fernsehen zu schauen, es läuft eine Etappe der Tour de France. Für Elmar Sprink ist das der „Tag X“: Plötzlich bleibt sein Herz stehen. Er ist alleine, sein Nachbar, ein Arzt, reanimiert ihn. Mit diesem 12. Juli beginnt seine Krankengeschichte und gleichzeitig sein Weg zurück ins Leben. Bis heute ist nicht klar, was damals mit seinem Herzen passiert ist und warum es zum Herzstillstand kam. Es folgen Reha, unzählige Krankenhausaufenthalte, zwei weitere Herzstillstände. Er erhält zwei Herzpumpen und dann, knapp zwei Jahre nach seinem ersten Herzstillstand, ein Spenderherz. Dieses trägt er seit dem 12. Juni 2012, also seit fast zehn Jahren, und ist seitdem fitter und leistungsstärker als je zuvor.

„Nach der Herztransplantation habe ich mir ein Fahrradergometer ins Krankenzimmer gestellt und darauf mit 41 Watt angefangen. Für eine Stadionrunde von 400 Metern brauchte ich anfangs 31 Minuten“, erinnert sich Sprink an sein nicht vorhandenes Leistungsniveau nach der OP. Seitdem hat er sich zurückgekämpft und mehr als 100 Ausdauerevents bestritten, darunter zahlreiche Ironman-Triathlons, den Transalpine Run und den BIKE Transalp. Er gilt als einer der fittesten herztransplantierten Menschen weltweit. Seine Geschichte erzählte er kürzlich an der Spoho, auf Einladung von Jun.-Prof. Dr. Thomas Schmidt (Institut für Kreislaufforschung und Sportmedizin, Abteilung Präventive und rehabilitative Sport- und Leistungsmedizin) im Seminar „Wahlfach Sportmedizin“, an dem auch Medizinstudierende der Uni Bonn teilnahmen.

„Elmar ist ein eindrucksvolles Beispiel, wie weit wir heutzutage in der medizinischen Versorgung schon sind und welche sportlichen Leistungen auch mit einem Spenderherz wieder erreicht werden können. Andererseits zeigt sein Verlauf auch deutlich, wie schnell eine Krankheitsentwicklung leider manchmal gehen kann: Innerhalb kurzer Zeit vom – scheinbar – gesunden ambitionierten Sportler bis hin zum Kunstherzpatienten, welcher hochdringlich auf ein passendes Spenderherz wartet. Zu beiden Themen wollte ich gerne sensibilisieren“, erklärt Jun.-Prof. Dr. Thomas Schmidt, warum er Elmar Sprink in sein Seminar einlud. Zunächst gibt der Dozent eine theoretische Einführung in das Thema und spricht über Herzmuskelentzündung (Myokarditis), plötzlichen Herztod, Herzinsuffizienz und die Herztransplantation. In Deutschland stehen durchschnittlich rund 700 Personen mit einer schweren Herzschwäche auf der Warteliste zur Transplantation. Knapp die Hälfte von ihnen (2021 waren es 329 Personen) erhält letztendlich ein neues Spenderherz. Der Bedarf sei hierbei sehr viel größer, so Schmidt, „doch viele Patient*innen schaffen es aufgrund strenger objektiver Kriterien gar nicht erst auf die Warteliste“.

Um für diese Menschen eine Alternative anbieten zu können, hat sich in den letzten Jahren die Versorgung mit einem sogenannten „Kunstherz“-System etabliert. Es handelt sich hierbei um mechanische Herzunterstützungssysteme, die an das erkrankte Herz angeschlossen werden. Überwiegend wird ein LVAD („left ventricular assist device“) implantiert, um die linke Herzkammer effektiv zu entlasten. „Das Kunstherz hilft zum einen Patient*innen, die nicht für die Implantation eines Spenderherzens in Frage kommen. Zum anderen kann es die Wartezeit bis zur Herztransplantation überbrücken; das LVAD dient also übergangsweise als Herzersatz, bis ein passendes Spenderherz gefunden wird“, erklärt Schmidt. Auch Elmar Sprink hatte zwischenzeitlich ein solches System implantiert. Von wem er dann sein jetziges Herz bekam, ist nicht bekannt – in Deutschland ist eine Weitergabe der Daten nicht vorgesehen.

Thomas Schmidt skizziert die Historie der Herztransplantationen bzw. LVAD-Implantationen, zeigt Bilder von den zunächst riesigen Antriebseinheiten der früheren Kunstherzsysteme, erläutert die Entwicklung hin zu kleineren Pumpenmodellen. Er gibt auch einen Ausblick zur Lebenserwartung bei Patient*innen mit Kunstherz und zieht den Vergleich zum Spenderherz. Es folgt ein kurzer Ausflug zum Thema Organspende, da gibt es in Europa ganz unterschiedliche Regelungen. „In Deutschland gibt es aufgrund struktureller Limitationen vergleichsweise wenige Organspender*innen, obwohl auch bei uns Spenderorgane dringend benötigt werden – nicht nur Herzen“, skizziert Schmidt die Situation. Er berichtet, dass die Ergebnisse nach einer Herztransplantation gegenüber einer Kunstherz-Implantation weiter merklich überlegen sind. Dies gelte sowohl für die körperliche Leistungsfähigkeit als auch für die Lebenserwartung. Die Fünf-Jahres-Prognose liege bei Herztransplantierten bei 70 Prozent, das heißt 70 Prozent der HTX-Patient*innen leben nach der Transplantation fünf Jahre und länger. Bei Kunstherzpatient*innen liegt die Quote bei 47 Prozent. Der Weltrekord nach HTX liege derzeit bei 34 Jahren. Über seine eigene Lebenserwartung macht sich Elmar Sprink wenig Gedanken. Sein Motto: „Weiter gesund bleiben und mehr Menschen von Organspende überzeugen! Ich möchte den Menschen Mut machen und Kraft spenden. Darum erzähle ich meine Geschichte und halte Vorträge.“

„Der Stellenwert der Sport- und Bewegungstherapie darf auch nach einer Herztransplantation auf keinen Fall unterschätzt werden“, betont Juniorprofessor Thomas Schmidt. Die Medikamente, die die Patient*innen einnehmen, um zu vermeiden, dass der Körper das fremde Organ abstößt, hätten leider auch negative Auswirkungen auf das Muskel- und Skelettsystem. „Hier gilt es, mit regelmäßigem Training effektiv vorzubeugen. Dabei muss es natürlich nicht immer ein Marathon sein – ein moderat dosiertes Kraft- und Ausdauertraining ruft auch schon deutliche Effekte hervor. Aber so, wie ich Elmar kenne, wird er sich auch zukünftig nicht darauf beschränken wollen“, sagt Schmidt.