Sport und Bewegung trotz Dialyse oder Nierentransplantation

Dr. Ralf Knickrehm zu Besuch im Seminar

Der Master Studiengang „Rehabilitation, Prävention und Gesundheitsmanagement (RGM)“ begrüßte den Nierentransplantierten Dr. Ralf Knickrehm im Seminar zum Thema Innere Erkrankungen. Der 63-jährige Facharzt für Innere Medizin berichtete, dass er schon im Alter von 18 Jahren nach einem Zweikampf im Fußball die ersten Symptome seiner Nierenerkrankung spürte. Nach 20-jähriger Progression der Erkrankung und einjähriger Dialysepflichtigkeit lebt er seit mittlerweile über 20 Jahren mit einem Spenderorgan.

Seminarleiter Jun.-Prof. Dr. Sportwiss. Thomas Schmidt stellte Dr. Knickrehm und seine Frau einführend vor. Die anschließenden drei Stunden nutzte der Gast, um den Studierenden interessante Einblicke in seine Krankheitsgeschichte zu geben; so betonte er unter anderem, dass Nierenerkrankungen grundsätzlich jeden treffen könnten. Oft bliebe die Erkrankung lange durch einen zunächst asymptomatischen Verlauf unentdeckt. Bei ihm traten die ersten Symptome seiner chronischen Nierenerkrankung im Sport auf, nach einem Zusammenprall mit einem „fiesen Mittelstürmer“, erinnert sich der ehemalige Torwart. Der dunkelgefärbte Urin und die Schmerzen verschwanden jedoch schnell wieder. Auch sein Arzt beruhigte den damals 18-Jährigen. Mehr als zehn Jahre später, die von regelmäßigen Kontrollen und der Einnahme von Blutdrucksenker geprägt waren, traten in den 1990er-Jahren die ersten Symptome auf, die auf eine nachlassende Nierenleistung hindeutenden. Neben Juckreiz und Wassereinlagerungen, die Dr. Knickrehm plagten, können auch Flankenschmerzen, Fieber, Müdigkeit oder Infektanfälligkeit auf eine geschädigte Niere hindeuten.

Inhaltlich wurde das Seminar von Dr. Lena Riemer aus dem Institut für Kreislaufforschung und Sportmedizin unterstützt. Ihren Vortrag zur Symptomatik, Diagnose und Therapie von Nierenerkrankungen ergänzte Dr. Knickrehm, selbst Mediziner, immer wieder mit eigenen Erfahrungen und seiner fachlichen Einschätzung. Riemer erklärte, dass die zweipaarigen Nieren, die zehn bis zwölf Zentimeter bzw. „so groß wie eine Patientenfaust“ sind, deutlich dorsaler als häufig vermutet direkt neben der Wirbelsäule liegen. Das bohnenförmige Organ hat vielfältige Aufgaben, zum Beispiel: Filterung harnpflichtiger Stoffe wie Kreatinin, Harnstoff und Harnsäure, Blutregulation, Hormon-, Wasser- und Elektrolytbildung. Die gesamte Blutmenge des menschlichen Körpers durchströmt die Nieren ca. 300 Mal täglich und verleiht ihnen ihre rote Farbe.

Erfüllen die Nieren nicht mehr ausreichend ihre Funktion, kommt als Therapieverfahren die Dialyse zum Einsatz. Sie unterstützt die Nieren, wenn harnpflichtige Stoffe nicht mehr aus dem Blut gefiltert und über den Urin ausgeschieden werden können. In Deutschlang gibt es aktuell rund  80.000 Dialyse-Patient*innen. Um zu verstehen, wie viele Menschen betroffen sind, müsse man nur „darauf achten, wie vielen Krankentransportwagen mit der Aufschrift 'Dialysefahrt' man im Alltag begegnet“, verdeutlichte Riemer. Die Dialyse pro Anwendung dauere mehr als vier Stunden und werde in der Regel dreimal pro Woche durchgeführt. Dass man diese Zeit alternativ sinnvoll nutzen kann und während der Dialyse nicht auf Sport- und Bewegung verzichten muss, zeigen die aktuellen Studienergebnisse deutlich. So ist – unter Beachtung einiger Besonderheiten – auch während der Dialyse ein dosiertes Ausdauer-, Kraft-, und Koordinationstraining sicher möglich. Die Effekte zeigen, dass sowohl die körperliche Leistungsfähigkeit und das Wohlbefinden als auch die Effektivität der Dialyse signifikant gesteigert werden können.

Als Alternative zur Dialyse steht die Nierentransplantation, welche sowohl als lebend- sowie postmortale Organspende durchgeführt werden kann. Knickrehm selbst musste vergleichsweise kurz auf eine Spenderniere warten. „Ich war sehr jung für einen Nierenpatienten im Endstadium“. Die durchschnittliche Wartezeit betrage heutzutage sieben bis acht Jahre. „Die Spenderniere ersetzt die geschädigte Niere nicht lokal, sondern wird bei der Operation zwischen Beckenkamm und Leiste eingesetzt“, erklärte Lena Riemer, während Knickrehm dies live veranschaulichte, indem er seine Spenderniere ertastete. Das Transplantat überlebt nach der Operation durchschnittlich 15 Jahre – bei Dr. Knickrehm sind es mittlerweile sogar schon über 20 Jahre.

Auch nach der Transplantation soll auf Sport und Bewegung nicht verzichtet werden. „Gerade die notwendige immunsupressive Medikation wirkt sich negativ auf Muskel- und Knochenfunktion aus. Ein abgestimmtes körperliches Training soll und kann hierbei deutlich entgegenwirken“, erläuterte Jun.-Prof. Dr. Schmidt. Ralf Knickrehm berichtete aus eigener Erfahrung, dass selbst ein Leben mit Transplantat nicht bedeute, den Sport aufgeben zu müssen. Das zeige der Verein Transdia Sport Deutschland e.V., in dem sich Knickrehm seit 2016 engagiert. „Der Verein leistet Großartiges und zeigt praktisch auf, wie gut chronische Krankheit und körperliche Aktivität harmonieren können.“ Als ganz besonderes Highlight stehen in zwei Jahren die World Transplant Games in Deutschland an, welche in Dresden stattfinden werden. Hier messen sich Nierentransplantierte untereinander und auch mit Menschen mit transplantierten Lungen oder transplantiertem Herzen. Erwartet werden 2.500 Athlet*innen aus über 60 Nationen.