Umfangreiche Förderung der Weltraumforschung

1 Mio. Euro Fördergelder für das Zentrum für integrative Physiologie im Weltraum (ZiP)

Das Zentrum für integrative Physiologie im Weltraum (ZiP) der Deutschen Sporthochschule bekommt für drei Projekte 1 Mio. Euro Fördergelder durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie und das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt e.V. (DLR).

Das ZiP wurde im Jahr 2010 mit dem Ziel gegründet, die weltraumbezogenen Forschungsaktivitäten an der Deutschen Sporthochschule zu bündeln, und im Sinne eines ganzheitlichen Ansatzes, physiologische und psychologische Themen der Weltraumfahrt in einem interdisziplinären Dialog zusammen zu führen. Das ZiP ist, neben dem Zentrum für Weltraummedizin an der Charité in Berlin und dem Institut für Luft- und Raumfahrtmedizin des DLR in Köln-Porz, eines der drei lebenswissenschaftlichen Zentren im Deutschen Luft- und Raumfahrtprogramm.

Seit 2012 ist das ZiP Forschungsschwerpunkt der Kölner Sportuniversität und kommt mit der Einwerbung dieser umfangreichen Förderung dem Nachhaltigkeitsgedanken der Forschungsschwerpunkte nach.

Die drei geförderten Projekte beschäftigen sich vor dem Hintergrund eines holistischen Ansatzes mit den drei großen Themenkomplexen Herz-Kreislauf-System, Muskulatur und Gehirn:

1. Dr. Uwe Hoffmann: Gasaustausch- und kardiovaskuläre Regulationskinetiken – Auswirkungen lang- und kurzfristiger Gravitationsänderungen
Bemannte Raumfahrt bedeutet akute und länger anhaltende, chronische Schwerkraftänderungen, die verschiedene physiologische und morphologische Anpassungsprozesse auslösen. Im Mittelpunkt dieses Projektes steht die Verminderung der nachteiligen Auswirkungen bei chronischer Schwerelosigkeit und der Wirkung von akuten Gravitationsänderungen auf die Regulation der Atmung, des Herz-Kreislauf-Systems und des Muskelstoffwechsels. Hierbei sind sowohl offene grundlegende Fragen der physiologischen Auswirkungen zu klären, die nicht-invasiven, diagnostischen Möglichkeiten zu verbessern als auch Methoden der möglichen Gegenmaßnahmen zu untersuchen.

2. Jun.-Prof. Dr. Kirsten Albracht: Is muscle force impeded by microgravity?
Es ist allgemein anerkannt, dass während eines langfristigen Aufenthalts in der Schwerelosigkeit ein spezifisches muskuläres Training bei hoher Aktivierung und hoher Kraft unabdingbar zur Erhaltung der muskulären Kapazitäten ist. Bisher konnte allerdings noch nicht gezeigt werden, ob eine vollständige Aktivierung des Muskels und damit die Generierung von hohen Muskelkräften in der Schwerelosigkeit möglich ist. Bei der Simulation von Schwerelosigkeit unter Wasser, wie sie für Trainingszwecke für Astronauten erfolgt, konnten bereits Defizite in der Kraftgenerierung einiger Muskelgruppen, insbesondere die Plantarflexoren, beobachtet werden.

Sollte es in der Schwerelosigkeit nicht möglich sein die Muskulatur ähnlich wie auf der Erde zu aktivieren, wäre dies eine Erklärung für die bisher eher moderaten Effekte der auf der ISS eingesetzten Trainingsmaßnahmen zur Erhaltung der Muskelmasse. Im Rahmen der geplanten Studie soll in Mikrogravitation (Parabelflug) zunächst untersucht werden ob ein Defizit in der Maximalkraft sowie in der Kraftanstiegsrate existiert. Die Ergebnisse des Vorhabens sollen dazu verwendet werden, Trainingsmaßnahmen im Weltall zu optimieren.

3. Prof. Dr. Dr. Stefan Schneider: Entwicklung und Validierung einer neurokognitiven Testbatterie zum Einsatz im russischen Segment der Internationalen Raumstation (ISS)
Das Leben unter extremen Bedingungen ist begleitet von einer Vielzahl an Stressoren. Im Allgemeinen unterscheidet man zwischen physiologischen Stressoren und psychischen Stressoren. Aus einer Vielzahl von Studien der vergangenen Jahre sind die negativen Effekte von Stress auf die mentale Gesundheit und die kognitive Leistungsfähigkeit bekannt, beides Faktoren die für den Erfolg und die Sicherheit einer Langzeitmission von Bedeutung sind.

Mit Blick auf die Pläne nationaler wie internationaler Raumfahrtagenturen längerfristige Aufenthalte im Weltall zu forcieren, ist eine Serie von Experimenten geplant, die sich im Rahmen der experimentellen Möglichkeiten auf der ISS an den o.g. Vorgaben orientieren.

Das gegenwärtig von der russischen Besatzung auf der ISS durchgeführte manuelle Andockmanöver der Soyuz Raketen, eignet sich hervorragend für ein solches, eingebettetes Testverfahren bei dem operationale Aspekte im Vordergrund stehen. Es soll in drei Studien untersucht werden, ob (1) mithilfe von gängigen bildgebenden Verfahren neurokognitive Marker beim Andockmanöver abzubilden sind und diese mit der Qualität des Docking korrelieren, (2) diese Marker und die Qualität des Dockings durch Stress beeinflusst werden und (3) ein adäquates Sport- und Bewegungsprogramm etwaigen negativen Effekten entgegenwirken kann.

Die Verwendung und Weiterentwicklung aktueller Technologien, die es ermöglichen selbst unter extremen Umweltbedingungen neurokognitive Prozesse, als auch deren Abhängigkeit von Stress und adäquaten Gegenmaßnahmen abzubilden, werden es nicht nur ermöglichen die Auswirkungen von Stress auf die mentale Gesundheit besser zu verstehen und im Kontext der gegenwärtigen, gesamtgesellschaftlich hochrelevanten neurokognitiven Forschung zu verorten, sondern auch adäquate Gegenmaßnahmen zu entwickeln, die zu einer Verbesserung der Sicherheit und des Erfolgs einer Langzeitmission beitragen können.

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Weiterer Erfolg:

Das Experiment “Brains in Space 2.0. The effects of a suborbital flight on central
nervous regulation assessed by cortical (EEG), hormonal (COR) and affective (CST) stress markers” wurde ausgewählt, um auf dem ersten Suborbitalflug eines kommerziellen Weltraumunternehmens mitzufliegen. Die Presse-Info als PDF (englisch)