Wie fühlt sich Isolation an?

Mit mehreren europäischen Kolleg*innen des Zentrums für Weltraummedizin an der Charité Berlin erforscht die Spoho die Auswirkungen der derzeitigen Kontaktsperre in Folge von COVID-19.

Astronaut*innen sind oft für lange Zeit von der Welt isoliert. Und sie müssen körperlich und mental fit bleiben. Beides gilt derzeit für etwa zwei Milliarden Menschen, die weltweit von der COVID-19-Krise betroffen sind.

Seit vielen Jahren begleiten das Zentrum für integrative Physiologie im Weltraum (CHIPS) der Deutschen Sporthochschule Köln und das Zentrum für Weltraummedizin an der Charité in Berlin mit ihren Forschungsarbeiten die europäischen Astronaut*innen und entwickeln Sportprogramme, um die körperliche, aber auch die mentale Leistungsfähigkeit während Langzeitmissionen im Weltraum zu erhalten. In vielen Isolations-Simulationsstudien, aber auch während realer Isolationen, beispielsweise der Überwinterung in der Antarktisstation Concordia oder der deutschen Neumayer Station III, konnten sie den positiven Effekt von Sport auf die mentale Leistungsfähigkeit nachweisen.

Als das neuartige Corona-Virus Europa erreichte und die Regierungen Kontakt- oder Ausgangssperren verhängten, erkannten die Forscher*innen die Parallelen zu ihrer bisherigen Arbeit. Prof. Dr. Dr. Stefan Schneider, Geschäftsführer des Zentrums für integrative Physiologie im Weltraum und seine Kolleginnen Dr. Vera Abeln und Dr. Petra Wollseiffen (Institut für Bewegungs- und Neurowissenschaft) formulieren ihre Gedanken dazu: „Wir hätten niemals gedacht, dass unsere Arbeiten für einen Großteil der Bevölkerung von Bedeutung sein könnten - und gleichzeitig sind wir erschreckt, wie wenig wir doch über die Auswirkungen von Isolation und Ausgangssperren wissen. Auch wenn wir noch keine Antworten haben, sehen wir es als Wissenschaftler als unsere Pflicht an, zumindest Fragen zu stellen, um das Phänomen zu verstehen und für zukünftige Ereignisse und/oder Generationen besser gewappnet zu sein.“

Deshalb haben sie einen anonymisierten Fragebogen entwickelt, um herauszufinden, wie die Menschen mit der plötzlichen Isolation umgehen. Ziel dabei ist, das Wissen der interdisziplinär arbeitenden Wissenschaftler*innen zu erweitern, um in Zukunft für solche Szenarien besser vorbereitet zu sein. Neben einfach zu beantwortenden Fragen wie solchen nach dem Familienstand, der Wohnsituation oder dem täglichen Kaffeeverbrauch wird auch der Gefühlszustand abgefragt: Ich bin ruhig; ich fühle mich geborgen; ich fühle mich angespannt; ich bin bekümmert usw. Wichtig sind natürlich auch die Fragen nach Art und Umfang körperlicher Aktivitäten während der Isolation im Vergleich zum gewöhnlichen Alltag. Überraschen dürften die Knobelfragen, zum Beispiel: Auf einem See finden sich einige Wasserlilien. Jeden Tag verdoppelt sich die Anzahl der Lilien. Wenn es 48 Tage dauert, bis die Lilien den See ganz bedecken, wie lange dauert es, bis sie die Hälfte des Sees bedeckt haben? Die Wege der Wissenschaft sind manchmal unergründlich.

Den Fragebogen gibt es in fünf verschiedenen Sprachen, seine Beantwortung nimmt ungefähr 20 bis 30 Minuten in Anspruch. Viel Zeit – das ist den Initiator*innen bewusst – aber eben auch eine große Hilfe für die Forschung. Und wenn die aktuelle Situation für viele Menschen ein Positives mit sich bringt, dann ist es genau das: Zeit.

Zum Fragebogen gelangen Sie über die Webseite des Zentrums für integrative Physiologie im Weltraum: www.dshs-koeln.de/zip.