Oldtimer-Liebhaberin

„Ich bin auf jeden Fall die Cruiserin"

Gemeinsam mit dem eigenen Auto in einem Hotelzimmer übernachten? Was für viele Menschen merkwürdig klingen mag, ist für Oldtimer-Fans eine super Sache. ­Heike Ackermann, Direktorin der Zentralbibliothek der Sportwissenschaften, ist seit ihrer Kindheit vom Oldtimer-Virus befallen. Besonders alte Coupés haben es der 63-Jährigen angetan. Ihren Geburtstag hat sie schon mal zusammen mit ihrem goldfarbenen Bitter CD in der Car Suite des V8-Hotels an der Motorworld in Köln-Ossendorf verbracht.

Mit ihren Oldtimern zusammen unter einem Dach wohnen – das ist Heike Ackermanns ganz großer Traum. Daran arbeitet sie leidenschaftlich. „Das Konzept des V8-Hotels der Motorworld finde ich genial, so was würde ich auch gerne machen. An meinem Geburtstag war ich mit meinem Bitter CD dort. Der stand neben dem Schlafzimmer in der Car Suite und ich konnte aus dem Bett durch eine riesige Scheibe auf das Auto gucken“, erzählt die gebürtige Essenerin begeistert. Aber auch mit ihrer aktuellen Wohnung ist die Bibliothekarin ihren Lieblingsstücken ganz nah: Sie liegt nur 200 Meter von der Tiefgarage entfernt, in der ihre „Schätze“ stehen, wie Ackermann ihre Oldtimer liebevoll nennt. Aktuell sind das sieben Wagen, deren Baujahre zwischen 1968 und 1981 liegen. Wenn die Sport- und Bibliothekswissenschaftlerin nicht beruflich in Sachen „Spoho-Bib“ unterwegs ist, verbringt sie jede freie Minute mit ihren Autos: Sie fährt, schraubt und repariert, recherchiert und sammelt Fachliteratur, bestellt Zubehör, tauscht sich mit Gleichgesinnten aus, baut Webseiten auf, pflegt Datenbanken. „Die Autos sind mein Ein und Alles. Alles an Zeit und Geld fließt da rein“, sagt Ackermann.

Logisch, dass die 63-Jährige am liebsten mit dem Auto zum Campus fährt. „Zu Fuß gehe ich auch ganz gerne, muss ich auch wegen meines hohen Blutdrucks. Weniger gerne nehme ich die Bahn und Radfahren mag ich gar nicht, da habe ich oft Angst vor allen anderen Verkehrsteilnehmern“, sagt Ackermann. Ihr Alltagsauto ist ein solider Volvo, der auch mal „was ziehen kann“. Danach gefragt, welcher ihrer Oldtimer ihr der liebste ist, muss Heike Ackermann grübeln. „Das ist sehr schwierig zu beantworten. An der Toyota Celica hänge ich besonders, weil ich die schon 31 Jahre lang und somit in- und auswendig kenne, jedes Geräusch. Jede Schraube hatte ich schon in der Hand. Die ist immer angemeldet und fährt auch einwandfrei. Aber schöner sind die anderen, alle anderen. Wenn ich mich jetzt von einem trennen müsste, das wäre echt hart.“

Was sie so an alten Autos fasziniert? Einerseits die Optik, sagt sie, vor allem Coupés aus den 1970er Jahren liegen ihr am Herzen. Zum Beispiel der Bitter CD, den sie mit in die Car Suite genommen hat, der einst dem Radsportprofi Didi Thurau gehörte. „Der Bitter hat einfach eine traumhaft schöne Form.“ Aber nicht nur das Äußere überzeugt Heike Ackermann: „Das ist ein deutsches Auto, hat Opel-Technik drin, eine beherrschbare Serientechnik, alles mechanisch. Da kann ich fast alles selbst reparieren, ich kann es begreifen im wahrsten Sinne des Wortes. Diese Kombination aus Optik und einfacher Technik finde ich großartig.“ Ähnlich bei ihrem „OSI“ (steht für den Autohersteller „Officine Stampaggi Industriali“): „Der ist technisch ein Ford, ein stinknormaler Ford-Taunus, und von der Karosserie her ein Italiener, sieht fast ein bisschen aus wie ein Ferrari.“

Ein ockerfarbener OSI hatte es ihr schon im Alter von acht Jahren angetan. Ein Freund ihrer Mutter hatte einen solchen. „Da saß ich auf der Rückbank und konnte, wenn ich den Kopf in den Nacken legte, in den Himmel gucken, weil die Heckscheibe des Coupés so weit nach vorne reichte. Damals dachte ich schon, dass ich später mal einen OSI haben möchte – jetzt habe ich zwei.“ Aber ihre ersten Autoerinnerungen reichen noch weiter zurück – bis ins Alter von drei Jahren. „An die Namen und Gesichter der Freunde meiner Mutter kann ich mich nicht mehr erinnern, aber an deren Autos ganz genau“, sagt Ackermann mit einem Lachen. „Mit drei habe ich die ersten Autos bewusst wahrgenommen und mir auch schon Details angeschaut. Zum Beispiel erinnere ich mich an einen Citroen mit einem Niveaulift, mit dem man den Wagen hoch- und runterfahren konnte. Da gab es eine kleine zierliche Vase, die habe ich mir ganz genau angeschaut, sodass ich sie noch heute zeichnen könnte“, schwelgt sie in Erinnerungen.

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Gerade das Abitur und den Führerschein in der Tasche, hätte Heike Ackermann gerne eine Ausbildung zur KFZ-Mechanikerin gemacht. Doch ihre Mutter war strikt dagegen. „Gegenüber unserer Wohnung war eine kleine KFZ-Werkstatt, die hätten mich genommen. Aber meine Mutter fand die Vorstellung ganz furchtbar, dass ich nach dem teuren Internat und mit Abitur eine Schrauberlehre mache.“ Auch ein Maschinenbau-Studium zog Heike Ackermann damals in Erwägung, traute sich dieses aber letztlich selbst nicht zu. So blieb das Schrauben ein Hobby und mit ihrer ersten Toyota Celica entbrannte ihre Oldtimer-Leidenschaft vollends. Beruflich entschied sie sich für das Sportstudium in Köln, sattelte „nebenbei“ noch ein Studium der Bibliothekswissenschaften drauf, um dann im Jahr 2000 die Leitung der Zentralbibliothek zu übernehmen. Übrigens gibt es sogar eine echte Parallele zwischen ihrem Beruf (Literatur) und ihrem Hobby (Oldtimer): das Anliegen, etwas für die Nachwelt zu bewahren. „Die Kernaufgabe von Bibliotheken ist, geprüftes Wissen zu bewahren und referenzfähig zu halten. Auch bei meinen Autos verfolge ich dieses Prinzip.“ Mittlerweile hat sie Datenbanken und Webseiten aufgebaut, wo sie jedes noch so winzige Detail zum Bitter CD, OSI und LMX sammelt. „Die nächste Idee ist, das alles zu digitalisieren – das hebe ich mir aber für den Ruhestand auf“, kündigt sie an. Bis dahin wird sie noch viele Kilometer mit ihren Oldtimern fahren. Welchen Fahrstil sie dabei pflegt? „Ich bin auf jeden Fall die Cruiserin. Ich genieße das Fahren, ich brettere nicht, ich bin entspannt und rege mich auch im Straßenverkehr nicht auf.“

Text: Julia Neuburg

Private Schnappschüsse aus dem Archiv

Ihre Toyota Celica (oben) kennt Heike Ackermann seit 31 Jahren. Der Tacho hat nur fünf Ziffern und ist schon zweimal durchgelaufen (also ca. 200.000 km). Die Celica Sunchaser ist ein Cabrio. Der Name Celica leitet sich von dem spanischen Wort für „himmlisch“ (celestial) ab. Der Bitter CD (unten) wurde zwischen 1973 bis 1979 hergestellt, weltweit gab es nur 395 Exemplare. Zum 50. Geburtstag des Modells lädt dessen Entwickler Erich Bitter alle Besitzer*innen zur Geburtstagsparty im Sommer ein – auch Heike Ackermann ist dabei.