KI im Sportjournalismus

Robert Bauguitte (37) promoviert am Institut für Kommunikations- und Medienforschung bei Jun.-Prof. Dr. Daniel Nölleke zum Einsatz von Künstlicher Intelligenz im deutschen Sportjournalismus. Im Kurzinterview erklärt er, wo KI bereits Anwendung findet und welche Fragen seine Forschung leiten.

Was ist konkret unter dem Einsatz von KI im Sportjournalismus zu verstehen?
Zunächst ist zwischen datenjournalistischen Verfahren – also bereits länger etablierten Methoden – und KI-Anwendungen zu unterscheiden. Letztere nutzen maschinelles Lernen, um Muster in Daten zu erkennen und auf dieser Basis Texte, Bilder, Videos oder Audios zu generieren. Der entscheidende Unterschied liegt im Lerncharakter dieser Systeme. Doch bei all dem Hype: Von einer starken KI, die weiß, dass sie intelligent ist, und die völlig autonom arbeitet, sind wir noch weit entfernt.

Und was beobachten wir aktuell?
KI kommt vor allem bei Routineaufgaben zum Einsatz: etwa in Livetickern, bei automatisierten Spielberichten oder personalisierten Newsfeeds. Ein erster Meilenstein war 2016 in Rio der Einsatz des sogenannten Heliografen, ein Computerprogramm, das automatische Info-Tweets erstellt hat. Mittlerweile können die heutigen Systeme komplexere Texte generieren, Kontext liefern und sogar Zitate einfügen – auch wenn diese nicht immer authentisch sind. KI unterstützt Prozesse entlang der gesamten journalistischen Wertschöpfungskette, das heißt von der Recherche über die Produktion und Distribution bis hin zur Interaktion.

Können Sie ein paar konkrete Beispiele nennen?
Da wäre zum Beispiel der Softwareanbieter Retresco zu nennen, der Medienhäusern die Möglichkeit bietet, Spielzusammenfassungen in Echtzeit zu generieren. Der Kölner „Express“ veröffentlicht seit zwei Jahren Artikel, die mithilfe Künstlicher Intelligenz erstellt werden, unter dem Alias Klara Indernach, einer KI-Autorin. Auf Fussball.de entstehen jedes Wochenende 75.000 neue Texte zu Amateurfußballspielen. Plattformen wie OneFootball und DAZN sammeln Daten und Vorlieben von Fans und spielen gezielt personalisierte Inhalte aus. Erste Pilotprojekte testen sogar automatische Kommentierungen mit Sportbezug, zum Beispiel im eSport. Hierbei werden sogar längst verstorbene Kommentatoren kurz wieder lebendig.

Was haben Sie im Rahmen Ihrer Promotion geplant?
Ich untersuche drei Ebenen: etablierte Medienhäuser, neuere digitale Anbieter und Vereinsmedien. Meine Annahme: Zwischen den drei Akteuren gibt es erhebliche Unterschiede, was die Nutzung und Bewertung von KI angeht. Geplant sind zudem Interviews und Befragungen von Journalist*innen, um herauszufinden, ob KI als Bedrohung oder Entlastung wahrgenommen wird. Und mich interessiert, ob Rezipient*innen KI-generierte Berichterstattung akzeptieren oder mit Skepsis betrachten. Hier scheint sich der Sportjournalismus wesentlich von anderen Ressorts wie etwa Wirtschaft oder Politik zu unterscheiden.

Ihr vorläufiges Fazit: KI – Feind oder Helfer im Sportjournalismus?
Weder noch. KI ist vor allem eine Herausforderung. Sie birgt Chancen und Risiken. Ich würde mir wünschen, dass wir etwas hoffnungsvoller mit dem Thema umgehen und diskutieren, wie wir die Chancen nutzen können. Und ich bin überzeugt: KI an sich wird den Menschen nicht ersetzen, aber sie wird den ersetzen, der KI ablehnt.