Sportbezogene Entwicklungsarbeit in der Türkei

TeilnehmerInnen der Podiumsdiskussion mit den ausgebildeten türkischen und syrischen MultiplikatorInnen (Foto: privat)

Seit 2011 hat die Türkei mehr als 3,6 Millionen syrische Flüchtlinge aufgenommen. Dies bedeutet für die türkischen Bildungseinrichtungen und Behörden große Herausforderungen, u.a. um ein friedliches Miteinander von türkischer und syrischer Bevölkerung zu gewährleisten.

Hier setzt das BILSY-Programm an, an dem auch Dr. Karen Petry, stellvertretende Leiterin des Instituts für Europäische Sportentwicklung und Freizeitforschung, beteiligt ist. BILSY steht für Social Cohesion Education Programme for Syrian Refugees and Host Communities und zielt darauf ab, die organisatorischen Kompetenzen und die Arbeit von Bildungseinrichtungen in der Türkei zu stärken und einen interkulturellen Austausch zu ermöglichen.

Konkrete Maßnahmen aus Kunst, Kultur und Sport sollen helfen, bessere Lernvoraussetzungen für syrische und türkische Kinder zu schaffen und Unterstützung für LehrerInnen zu geben mit dem Ziel, die soziale Kohäsion unter Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen zu fördern. Die sportbezogenen Aktivitäten wurden zwischen 2016 und 2019 vom Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) in Kooperation mit dem Türkischen Olympischen Komitee (TOK) durchgeführt. Im Zentrum standen Workshops im Südosten der Türkei (Gaziantep, Kirikhan, Sanliurfa), an denen türkische und syrische SportlehrerInnen, TrainerInnen, Studentinnen und Jugendliche teilnahmen. Ziel der Workshops war es, den Sport for Development-Ansatz in verschiedenen Sportarten einzuführen und Fähigkeiten und Perspektiven zur Nutzung des jeweiligen Sports als Instrument zur Förderung der sozialen Kohäsion zu vermitteln. Darüber hinaus umfasste jeder Workshop auch Inhalte zum Projektmanagement, zur Freiwilligenarbeit und zum bürgerschaftlichen Engagement. Ausgebildet als MultiplikatorenInnen setzten die türkischen und syrischen TeilnehmerInnen in Zusammenarbeit mit lokalen Partnerorganisationen ihre neu erworbenen Fähigkeiten und Kenntnisse in Sportangeboten vor Ort um.

Aufgabe des Instituts für Europäische Sportentwicklung und Freizeitforschung war es dann, rund 300 türkische und syrische TeilnehmerInnen der Lernworkshops zu befragen. Ausgewertet wurde insbesondere, welchen Einfluss die Workshops auf die Lehr- und Trainerfertigkeiten und die Einstellungen der TeilnehmerInnen zur sozialen Kohäsion hatten und wie zufrieden die TeinehmerInnen mit den Workshops waren. Die Ergebnisse wurden nun auf der Abschlusskonferenz zum Thema „Pathways to Social Cohesion“ an der Hacettepe Universität in Ankara/Türkei vorgestellt. Die Ergebnisse zeigen eine positive Entwicklung hinsichtlich der Trainings-/ Lehrkompetenzen, die sich vor allem auf die Arbeit mit interkulturellen Gruppen und den Umgang mit Herausforderungen beziehen.

Dr. Karen Petry leitete hier u.a. eine Podiumsdiskussion, bei der namhafte internationale ReferentInnnen über das Potential und die Herausforderungen von sportbasierten Aktivitäten im Kontext von sozialer Kohäsion und erzwungener Migration diskutierten. Dabei wurde genauer erläutert, inwiefern der Sport als Mittel zur Förderung sozialer Kohäsion genutzt werden kann, welche Sportarten sich dafür besonders eignen und welchen Herausforderungen sich die lokalen ProjektmitarbeiterInnen während des Projekts stellen mussten. Auch die anwesenden türkischen und syrischen Multiplikatoren berichteten über ihre Erfahrungen in der Umsetzung der Aktivitäten im BILSY-Programm. So wurden beispielsweise der Mangel an Sportmaterialien, fehlende Sportinfrastruktur sowie Sprachbarrieren und Vorurteile gegenüber syrischen TrainerInnen thematisiert.

Mit Abschluss der Konferenz endete auch die erste Projektphase des BILSY-Programms in der Türkei. Nun sollen in der Folgephase die entstandenen Beziehungen, Maßnahmen und Aktivitäten vor Ort weitergeführt und vertieft werden, um damit eine langfristige und nachhaltige Verbesserung der Lebenssituation der syrischen Flüchtlinge in der Türkei zu bewirken.