In Bewegung bleiben und lächeln

Gunde Roskam ist nicht nur eine der ersten Absolvent*innen  der Sporthochschule. Mit ihren 91 Jahren leitet sie immer noch einen Fitnesskurs – seit 1964. ‚Fit im Alter‘ heißt der Kurs für Frauen, die sich selbst liebevoll „Roskam Girls“ nennen.

En Spoho-Gesicht ist Gunde Roskam auch deshalb, weil ein Schwarz-Weiß-Foto aus dem Spoho-Archiv Berühmtheit erlangt hat. Das Bild stammt aus den 1950er Jahren und zeigt drei Studierende mit einem Fahrrad vor den Abel-Bauten, in denen die Sporthochschule in ihren Kölner Anfangsjahren beheimatet war. Oder ist es ein Motorrad? Genau genommen handelt es sich bei dem Gefährt um ein motorisiertes Fahrrad, ein Rabeneick mit Motor, sozusagen der Vorläufer des heutigen E-Bikes. Die „Frau mit dem Fahrrad“ ist Gunde Roskam, 91 Jahre alt und auch heute noch flott unterwegs. Flott und fit ist Gunde Roskam in vielerlei Hinsicht. Nicht nur, dass sie immer noch gerne Fahrrad fährt und ihre Roskam-Girls trainiert. Die Seniorin spielt zweimal in der Woche Golf. Hier gefällt ihr vor allem die Kombination aus ganzheitlicher Bewegung und frischer Luft: Laufen, bücken, drehen, gucken – das alles hält sie auf der Neun-Loch-Runde fit. Und wenn die „Turnstunde“ mit den Roskam-Girls in den Ferien pausieren muss, trifft sie sich mit ihren Teilnehmerinnen im Café zu Kaffee und Kuchen. Geselligkeit und Austausch liegen ihr am Herzen.

Gunde Roskam wuchs in Bremerhaven auf und kam 1952 zum Studium an die Sporthochschule. Im Norden war sie erfolgreiche Rollschuhläuferin und trat mit ihrem damaligen Freund im Paarlauf an. Ihren späteren Ehemann, Frieder Roskam, lernte sie an der Spoho kennen und lebte mit ihm jahrzehntelang in Junkersdorf. Nach dem Studium war sie als Lehrerin für Sport, textiles Gestalten und Kunst am Georg-Büchner-Gymnasium in Köln-Weiden tätig. 1964, als ihre beiden Töchter noch klein waren, gründete sie die wöchentliche Sportgruppe für Frauen. Dieser Gruppe und dem Sport generell ist die heute 91-Jährige treu geblieben. Die Roskam Girls haben ein Durchschnittsalter von 82 und treffen sich einmal pro Woche für ein einstündiges Training in den Abelbauten am RheinEnergieSTADION. Die Turnstunde besteht vor allem aus Gymnastik-, Tanz- und Entspannungsübungen. Fünf Frauen bilden den harten Kern der Gruppe – sie sind seit Beginn immer dabeigeblieben. Andere stießen später dazu. Den Teilnehmerinnen gefällt an dem Kurs besonders die Kreativität von Gunde Roskam. In jeder Stunde bringe sie neue Materialien ein – von der Zeitung über den Joghurtbecher bis zum Tennisball. Früher habe sie mit den Teilnehmerinnen auch mal einen Fitnessparcours emacht oder Volleyball gespielt. Heute heißt der Kurs ‚Fit im Alter‘, und die Anforderungen hat Gunde Roskam an das Alter und den Fitnessstand angepasst. So sind die Teilnehmerinnen zusammen alt geworden.

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„Für meine geistige Fitness liefere ich mir mitmeiner Tochter Sudoku-Wettkämpfe und habe zusätzlich mit dem Veeh-Harfe-Spielen angefangen“, erzählt sie. Die Veeh-Harfe ist eine Tischharfe, also ein Zupfinstrument, mit dem Gunde Roskam ihre Fingerfertigkeit trainieren kann. Die kommt ihr auch bei der Bedienung des Smartphones zugute, das ihr kürzlich einer ihrer Enkel geschenkt hat. „Mich da einzuarbeiten, hat mit Hilfe der beiden Enkel recht gut funktioniert“, sagt sie schmunzelnd. Im Alter von 70 wollte es Gunde Roskam auch auf Rollen nochmal wissen und kaufte sich Inlineskates; auf dem großen Parkplatz an der Jahnwiese drehte sie ihre Runden. „Das hat super geklappt, nur das Bremsen, das Stoppen, war eine Gefahr“, erzählt sie und lacht. Den typisch norddeutschen Dialekt mit dem gestochenen „st“ hat sie in der ganzen Zeit nicht abgelegt. Auch wenn sie als Nordlicht anfangs im Rheinland noch etwas fremdelte, lernte sie durch ihren Mann und Freunde viele positive Eigenschaften der Kölner und Rheinländer kennen und schätzen. „Gunde ist für uns nicht nur eine Freundin, sondern auch ein psychologisches Plus. Sie verbreitet eine gute, positive Atmosphäre. Das tut uns allen gut – nicht nur bewegungsmäßig“, sagt eine der Kursteilnehmerinnen. In Bewegung bleiben und lächeln – das ist Gunde Roskams Motto. Sie habe sich angewöhnt, lächelnd auf Menschen zuzugehen. „Das kommt an und führt oft zu netten Gesprächen.“

Text: Julia Neuburg