Nr. 9/2017

Ausatmen für einen sauberen Sport

Das Institut für Biochemie hat ein neues Dopingkontrollverfahren getestet, mit dem der Nachweis von verbotenen Substanzen in der Atemluft möglich ist. Schon bald könnte die Methode den Kontrollalltag vereinfachen, die Sportler entlasten und zur Abschreckung beitragen.

Dopingkontrollen sind nicht nur für Athletinnen und Athleten, die gelegentlich verbotene Substanzen zur Steigerung der eigenen Leistung zu sich nehmen, höchst unangenehm, auch Sportlerinnen und Sportler ohne Betrugsabsichten erdulden immer wieder lästige Prozeduren. Es gibt Hausbesuche morgens um sechs, für Blutabnahmen werden Venen angestochen, Urinproben müssen unter der strengen Aufsicht von Kontrolleuren abgegeben werden – es ist belastend. Auch um den Stress für Athletinnen und Athleten zu reduzieren, ist die Möglichkeit, Dopingsubstanzen in der ausgeatmeten Luft zu identifizieren – ähnlich wie den Alkohol bei betrunkenen Autofahrern – höchst verlockend.

Die Firma Sensabues hat nun ein entsprechendes Probennahmesystem entwickelt, mit dem solch ein neues Kontrollverfahren möglich werden soll. Univ.-Prof. Dr. Mario Thevis, Oliver Krug, Hans Geyer und Univ.-Prof. Dr. Wilhelm Schänzer vom Institut für Biochemie an der Deutschen Sporthochschule Köln haben die Idee zunächst mit einer eher skeptischen Grundhaltung zur Kenntnis genommen, mit der Methode könne man allenfalls Stimulantien nachweisen, dachten die Experten. Doch das Bestreben, nicht nur immer genauer zu analysieren, sondern auch das Kontrollverfahren zu vereinfachen, bewog die Kölner Forscher dazu, die Möglichkeiten der Methode genauer auszuloten. „Wir sind davon ausgegangen, dass in erster Linie flüchtige Substanzen in der Atemluft nachweisbar sind“, sagt Thevis, „insofern waren wir sehr überrascht, wie effizient die Methode sein kann.“

In einem Paper mit dem Titel „Expanding analytical options in sports drug testing: Mass spectrometric detection of prohibited substances in exhaled breath“,das die vier Autoren jüngst im JournalRapid Communications in Mass Spectrometry“ veröffentlicht haben, beschreiben sie ein Experiment, das erstaunliche Perspektiven öffnet: „Es ist möglich, dass Atemlufttests schon recht bald ein Bestandteil des Dopingkontrollsystems sein werden“, sagt Thevis.

Während des Experiments wurde die Atemluft von Patientinnen und Patienten, die im Rahmen ihrer Therapien Medikamente mit verbotenen Inhaltsstoffen nahmen, sowie von Teilnehmern an Applikationsstudien eingefangen und auf Dopingsubstanzen untersucht. Gefunden wurden zum Erstaunen der Forscher neben Stimulanzien auch Stoffe wie das verbotene Meldonium oder anabole Steroide. Das Verfahren ist also erstaunlich sensibel. „Wir können deutlich mehr Substanzen aus der Atemluft erfassen, als wir ursprünglich angenommen haben“, fasst Thevis die wichtigsten Erkenntnisse der Studie zusammen.

Eingefangen wurden die rund 20 Atemzüge pro Probe über Sammelgeräte mit elektrostatischem Filter, bevor die Substanzen in unterschiedlichen dopinganalytischen Verfahren gefunden (bzw. nicht nachgewiesen) werden konnten. Um eine saubere Kontrollgruppe zu haben, überprüften die Wissenschaftler zudem 20 MitarbeiterInnen und Studierende der Deutschen Sporthochschule Köln. Unter diesen Probanden konnten keine Auffälligkeiten festgestellt werden. 

Allerdings hat die Methode auch ihre Grenzen. Wachstumshormone und Epo werden wohl eher nicht in der Atemluft identifiziert werden können, außerdem wird das Nachweisfenster wahrscheinlich immer kürzer sein als bei Urin- oder Bluttests. Aber als ergänzendes Verfahren könnten solche Atemluftproben schon bald von großem Nutzen sein. In einem nächsten Schritt müssen nun praktikable Vorgehensweisen zur Erstellung von A- und B-Probe sowie zum Transport und zur Konservierung der Atemluft-Proben entwickelt werden.

All das wird in den kommenden Monaten passieren, denn diese nicht-invasive Methode, die ohne großen Aufwand durchgeführt werden kann, bietet die Aussicht, die Anzahl von Dopingproben deutlich zu erhöhen. „Der große Vorteil ist, dass man die Athletinnen und Athleten aufgrund der Einfachheit des Testes häufiger beproben und testen kann und so dann das Zeitfenster, das man zur Verfügung hat, anders nutzt“, sagt Thevis.

Hinzu kommt, dass sich das Verfahren auch erheblich besser im Nachwuchsbereich durchführen lässt, als beispielsweise die Abnahme von Urinproben. Mit Atemlufttests können Talente die Prozedur der Dopingkontrollen schon früh kennen lernen, „und wenn man die Testfrequenz aufgrund der Einfachheit und der geringeren Kosten in diesem Bereich erhöhen kann, ist ein Abschreckungseffekt relativ hoch“, erläutert Thevis.

Text: Daniel Theweleit